Ex-Landrat von Pfaffenhofen:Schäch kämpft um seine Ehre

Durch ein Urteil des Landgerichts München II hat Josef Schäch fast alles verloren: sein Amt als Pfaffenhofener Landrat, seine Reputation und die Lust am Leben. Jetzt soll der Prozess neu aufgerollt werden.

Von Stefan Mayr

Ex-Landrat von Pfaffenhofen: Nach seiner Verurteilung dachte Josef Schäch schon mal daran, "welchen Strick und welchen Baum ich nehmen soll". Nun will er die volle Rehabilitation.

Nach seiner Verurteilung dachte Josef Schäch schon mal daran, "welchen Strick und welchen Baum ich nehmen soll". Nun will er die volle Rehabilitation.

(Foto: Trapp)

Josef Schäch sitzt an seinem Schreibtisch, verschränkt die Arme vor der Brust und sagt mit einem bitteren Lächeln: "Jetzt habe ich wieder Vertrauen in die Justiz. Jetzt bin ich wieder ein zufriedener Mensch." Bis vor Kurzem sah das noch ganz anders aus, wie der ehemalige Bürgermeister von Wolnzach und Landrat von Pfaffenhofen berichtet: "Es gab Zeiten, da habe ich überlegt, welchen Strick und welchen Baum ich nehmen soll." Der 65-Jährige fühlt sich als Opfer der bayerischen Justiz.

Josef Schäch war von 1990 bis 2008 Bürgermeister der Gemeinde Wolnzach, bei der Landratswahl 2008 kegelte der Freie-Wähler-Politiker völlig überraschend den langjährigen CSU-Amtsinhaber Rudi Engelhard aus dem Amt. Doch im Juni 2010 wurde Schäch wegen Untreue zu zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt und seines Amtes als Landrat enthoben.

Jetzt, nach mehr als zweijährigem Kampf durch die Instanzen, hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil aufgehoben und an das Landgericht München II zurückverwiesen. Dort wird das Verfahren nun neu aufgerollt, und Schäch sagt selbstbewusst: "Ich will meine vollkommene Rehabilitation." Die Staatsanwaltschaft München II sieht das etwas anders, Behördenleiter Eduard Mayer stellt klar: "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist kein Freispruch, der Fall muss neu verhandelt werden." Dabei sind sowohl weitere Nachermittlungen als auch eine neuerliche Verurteilung durchaus denkbar.

Schäch hatte als Bürgermeister der Gemeinde Wolnzach in den Jahren 2007 und 2008 ohne Wissen des Gemeinderats Kassenkredite aufgenommen, die die zulässige Drei-Millionen-Grenze zeitweise um mehr als das Doppelte überschritten. Er räumt diese Pflichtverletzung ein, betont im selben Atemzug aber: "Ich habe nichts in die eigene Tasche gesteckt, und der Gemeinde ist kein Schaden entstanden." Im Gegenteil, beteuert Schäch, das Geld sei für Bauprojekte verwendet worden, die der Gemeinderat sogar beschlossen hatte. Allerdings wussten die Gemeinderäte nichts von den Krediten und der klammen Finanzsituation ihrer Kommune. "Ich habe verwaltungsrechtlich einen Fehler gemacht", sagt Schäch, "aber ich bin kein Verbrecher."

Dieser Fehler hatte weitreichende Folgen: Im Zuge der Finanzaffäre wurde er im April 2009 vorläufig suspendiert, der Landkreis wurde mehr als zwei Jahre lang interimistisch von Schächs Stellvertreter verwaltet. Erst im Juli 2011 wurde ein neuer Landrat gewählt, dabei setzte sich der CSU-Mann Martin Wolf durch.

An dieser Stelle kursieren im Landkreis allerlei Verschwörungstheorien, wonach die CSU den unliebsamen Freien Wähler aus dem Landratsamt verscheuchen wollte und deshalb die Kassenkredite herauskramte. Offiziell will diesen Vorwurf niemand erheben, auch Josef Schäch nicht.

Aber er macht Andeutungen. "Es gibt da einen anderen Fall in Bayern", sagt er in Anspielung auf Gustl Mollath, "vielleicht sollte man sich auch bei mir mal alle Verbindungen anschauen." Sein Anwalt Hans-Dieter Gross bezeichnet es als "auffällig, dass das Verfahren ins Rollen kam, kurz nachdem Herr Schäch die Landratswahl gewonnen hatte". Allerdings kann dies auch daran liegen, dass Schächs Nachfolger im Wolnzacher Rathaus das unkorrekte Vorgehen entdeckte - und schlichtweg pflichtbewusst zur Anzeige brachte.

Ein politisches Urteil?

Doch es bleiben Restzweifel, so mancher Beobachter fragt sich: Hat das Landgericht München II ein politisches Urteil gefällt? Und reicht der starke Arm der CSU sogar bis an den Bundesgerichtshof, der Schächs Revisionsantrag als unbegründet verwarf? "Diese Entscheidung war wirklich unverständlich und nicht nachvollziehbar", sagt Anwalt Hans-Dieter Gross, "insbesondere weil der BGH gegen seine eigene Rechtsprechung zur sogenannten Haushaltsuntreue geurteilt hat."

Schächs weiterer Anwalt Ali B. Norouzi sagt nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts: "Ich bin guten Mutes, dass die neue Hauptverhandlung vor dem Landgericht zu einem sehr eindeutigen Ergebnis im Sinne der Verteidigung kommen wird." Der Schaden, den das Fehlurteil angerichtet habe, sei "immens und kaum reparabel". Schäch hatte sich nach dem Urteil aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, der zuvor umtriebige Macher verkaufte auch seine Sanitärfirma. "Als Folge meiner Kraftlosigkeit", wie er sagt, "das Urteil hat mich paralysiert."

Noch steht kein neuer Prozesstermin fest, doch Schäch spricht bereits über eine gütliche Einigung per Prozessabsprache. "Bei einem Vergleich mit einem Freispruch wäre ich morgen dabei", kündigt er an. Einen Deal, bei dem er nicht vollständig rehabilitiert werde, schließt er allerdings aus. "Lieber streite ich zehn Jahre für mein Recht." Außerdem will Josef Schäch "alles versuchen", um die gestrichenen Pensionsansprüche aus 20 Jahren als Bürgermeister und Landrat zurückzuerlangen.

Ambitionen auf eine Rückkehr ins Landratsamt hat er dagegen nicht. "Ich werde einen Teufel tun und da wieder ein Durcheinander reinbringen, das haben die Bürger nicht verdient." Zwei Dinge will er allerdings nicht ausschließen: eine Rückkehr in die Politik auf anderer Ebene - und die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen. Andererseits wird die Landesanwaltschaft nun wohl das Disziplinarverfahren gegen ihn wieder aufnehmen, welches nach dem Untreue-Urteil eingestellt wurde. Der Fall Josef Schäch wird spannend bleiben.

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