Ausschuss zum Fall Mollath:Untersuchung im Schweinsgalopp

Justizministerin Merk im Rechtsausschuss

Justizministerin Beate Merk (CSU) und der SPD-Rechtsexperte Franz Schindler.

(Foto: dpa)

Der Nutzen einer parlamentarischen Untersuchung der Causa Mollath ist in der Opposition umstritten. Schon in neun Wochen endet die Legislaturperiode. Ist eine seriöse Aufklärung in so kurzer Zeit überhaupt möglich?

Von Frank Müller

Wer den Fraktionschef der Landtags-Grünen, Martin Runge, nach seinem Osterurlaub fragt, erntet ein müdes Lächeln. Zwei Wochen lang tauchte Runge in einem Wust aus Unterlagen zum Fall Gustl Mollath ab. Nach den Ferien war Runge wieder da, mit einem Plan, der nun große Teile der Landtagsopposition in Aufregung versetzt.

Runge will, dass der Fall vor einen Untersuchungsausschuss im Landtag kommt. Die Freien Wähler waren schon länger dafür gewesen, doch das genügte nicht: weil es für ein solches Gremium die Zustimmung eines Fünftels der Abgeordneten braucht. Nur mit größter Mühe schaffte es Runge nun, auch seine eigene Fraktion auf einen U-Ausschuss einzuschwören. Damit ist zwar klar, dass das Gremium kommt, weil Grüne und FW das Quorum schaffen. Aber die Verwicklungen rund um das Projekt sind beträchtlich.

Denn Runge schaffte es in der Debatte seiner Fraktion offenbar zunächst nicht, eine Mehrheit hinter sich zu bringen. Zwar ist die Fraktion einheitlich der Meinung, dass der heute 56-jährige, seit 2006 in der Psychiatrie eingesperrten Mollath schweres Unrecht durch die bayerische Justiz erfuhr. Doch ob man dies während der nur noch neun verbleibenden Sitzungswochen bis zum Ende der Legislaturperiode sachgerecht aufklären kann, ist umstritten. Zumal viele Vorwürfe in dem Fall die Justiz treffen, ein Untersuchungsausschuss aber nur das Handeln der Regierung aufklären und bewerten darf.

Nach Informationen der SZ gab es in der Fraktionsdebatte zunächst ein Patt - die eine Hälfte unterstützte den Fraktionschef, die andere lehnte seine Forderung ab. Aus dem Dilemma kam Runge erst nach gut zweistündiger Diskussion, nachdem sich Ko-Fraktionschefin Margarete Bause für ihn eingesetzt hatte. Zuvor war auch auf einen schon älteren einmütigen Beschluss der Fraktion verwiesen worden, den Fall Mollath aufklären zu wollen. "Wir müssen jetzt Handlungsfähigkeit zeigen", habe Bause an die Fraktion appelliert. Der Aufruf Bauses, die zugleich Spitzenkandidatin für die Landtagswahl ist, zeigte Wirkung. Eine große Mehrheit stimmte schließlich Runges Plan zu.

Bedingt handlungsfähig gegen Schwarz-Gelb

Doch damit fangen die Probleme für die gesamte Opposition erst richtig an. Dort achten alle Strategen eigentlich stark darauf, SPD, Grüne und Freie Wähler als handlungsfähiges Oppositionsbündnis gegen die schwarz-gelbe Regierung darzustellen. Das hatte bei der Abschaffung der Studiengebühren oder beim Verkauf der staatlichen GBW-Wohnungen gut funktioniert. Beim Fall Mollath jedoch dürfte das nicht so sein.

In der SPD gibt es massive Verärgerung über das Vorpreschen der beiden Juniorpartner. Es dürfe nicht "der Eindruck von einem substanzlosen, nach Schlagzeilen strebenden Aktionismus entstehen", warnt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Die SPD will sich nun an dem Verfahren zwar "konstruktiv beteiligen", es aber nicht aktiv vorantreiben.

Dabei ist sich die SPD jedoch im Umgang mit dem Fall Mollath selbst keineswegs einig. Schon mehrmals wurden in den Sitzungen des Rechtsausschusses tiefe Meinungsunterschiede offenbar. Die oberfränkische Abgeordnete Inge Aures, bekannt geworden unter anderem durch ihren Aufklärungswillen im Landesbank-Untersuchungsausschuss, machte der Justiz immer wieder schwere Vorwürfe. Ihr Parteifreund, Rechtsausschuss-Chef Franz Schindler aus der Oberpfalz, stellte sich dagegen vor CSU-Justizministerin Beate Merk, die wegen der Affäre in die Kritik geraten ist.

Merk wertete den geplanten U-Ausschuss als durch den Wahlkampf motiviert und verwahrte sich gegen den Vorwurf von Grünen und FW, sie habe den Landtag im Fall Mollath "mit der Unwahrheit bedient". Eine solche Form der Vorverurteilung sei "auch in Wahlkampfzeiten einmalig".

Dass der Ausschuss eingesetzt wird, dürfte jedenfalls nur noch Formsache sein. Schon am Montag wollen Runge und der Geschäftsführer der Freien Wähler, Florian Streibl, den Fragenkatalog vorlegen. Der Vorsitz dürfte auf die CSU zulaufen. Das Gremium müsste dann im Eiltempo seinen Auftrag abarbeiten. Schon Mitte Juli endet die Legislaturperiode, es müssen bis dahin also zahlreiche Sitzungstermine eingeschoben werden. Schindler zweifelt schon jetzt am Sinn: "Die Zeit ist zu knapp, um den Fall seriös und umfassend aufzuarbeiten."

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