Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung:Straftat: verschneiter Gehweg

Immer wieder müssen Hauseigentümer Schadenersatz zahlen, weil sie bei Schneefall den Gehweg nicht räumen und jemand stürzt. Nun war ein Mann in Augsburg deshalb gleich wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Und das, obwohl sich die Geschädigte nur leicht verletzt hatte.

Von Stefan Mayr

Dass Hauseigentümer Schadenersatz oder Schmerzensgeld zahlen müssen, weil sie bei Schneefall ihren Gehweg nicht räumen und eine Person auf dem rutschigen Boden stürzt, kommt immer wieder mal vor. Dass aber ein Mann aus diesem Grund gleich wegen fahrlässiger Körperverletzung auf der Anklagebank eines Strafgerichts-Prozesses landet, ist eher ungewöhnlich. Vor dem Amtsgericht Augsburg kam es am Montag - pünktlich zum Wintereinbruch im bayerischen Flachland - zu solch einem seltenen Prozess. Und das, obwohl sich die Geschädigte nur verhältnismäßig leicht verletzt hatte.

Ziemlich genau vor zwei Jahren rutschte die 44-Jährige im Augsburger Stadtteil Oberhausen beim Spazierengehen aus und zog sich eine Bänderdehnung zu. Daraufhin machte sie nicht nur Schmerzensgeld geltend, sondern zeigte den Hausbesitzer auch wegen fahrlässiger Körperverletzung an. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und beantragte einen Strafbefehl über 25 Tagessätze. Das Gericht wollte diesen aber nicht ohne weiteres erlassen - sondern beraumte eine Hauptverhandlung an. Nach der Beweisaufnahme sprach der Richter den Angeklagten frei.

Der 32-jährige Beschuldigte hatte beteuert, an dem Tag des Sturzes sei der Gehweg geräumt worden - von seiner Großmutter. Die Geschädigte und ihr Begleiter beteuerten dagegen, dass sich auf dem Gehweg eine Eisplatte befunden habe. Dem Gericht war all dies offenbar nicht ausreichend, um eine Schuld des Angeklagten zu bejahen. Auch die Staatsanwältin schraubte ihre Forderung nach den Zeugenaussagen zurück: Sie forderte nur noch 15 Tagessätze.

Grundsätzlich sind die Kommunen dafür verantwortlich, dass Straßen und Gehwege geräumt und gestreut werden. Doch die meisten Städte und Gemeinden delegieren diese Streu- und Räumpflicht auf Gehwegen an die Eigentümer und Bewohner der angrenzenden Grundstücke. Die Wege müssen an Werktagen bis spätestens um sieben Uhr, an Sonn- und Feiertagen bis acht Uhr geräumt und gestreut werden.

Danach muss in der Regel bis 20 Uhr dafür gesorgt werden, dass keine Rutschgefahr besteht. Dabei muss nicht der gesamte Bürgersteig gefegt sein, sondern nur ein etwa ein Meter breiter Streifen, so dass zwei Personen problemlos aneinander vorbeigehen können.

In der Nacht besteht die Räum- und Streupflicht nicht. Allerdings müssen auch Fußgänger aufpassen: Wenn sie keine angemessenen Schuhe tragen und nicht auf rutschige Stellen achten, können Gerichte eine Mitschuld des Verunglückten feststellen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: