Yerka-Fahrrad:Praktisch unstehlbar

  • Das "Unstealable Bike" Yerka geht nach einer Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo in Produktion.
  • Das Fahrrad nutzt seinen eigenen Rahmen als Schloss.
  • Wer es knacken will, muss den Rahmen oder die Sattelstange zerstören und macht es somit unbrauchbar.

Von Felix Reek

So wie man sich Unternehmer vorstellt, sehen Cristóbal Cabello, Andrés Roi Eggers und Juan José Monsalve nicht aus. Auf einem Bild der Webseite ihrer Firma sitzen sie in kurzen Hosen auf dem Boden, einer barfuß, zwei mit Füßlingen, alle drei mit einem Stück Pizza in der Hand. Auf einem anderen springen sie in die Luft oder machen einen Handstand. Und doch haben sie etwas erfunden, was ihrer Ansicht nach die Fahrradwelt auf den Kopf stellen wird: ein Rad, das sich nicht stehlen lässt.

100 000 US-Dollar bekamen sie von einem Investor, um ein erstes Konzept zu erstellen. Die drei Chilenen verließen dafür sogar mit Anfang 20 die Uni. Im zweiten Schritt starteten sie eine Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo, um weitere Gelder für die Produktion zu sammeln. Das Ergebnis dieser Arbeit geht jetzt in Serie und nennt sich "Yerka".

Der Rahmen wird zum Schloss

Das Rad an sich ist rudimentär. Es gibt weder Licht noch Schutzbleche oder eine Gangschaltung. Gestoppt wird mit einfachen Felgenbremsen. Interessant wird es beim Rahmen. Der dient gleichzeitig als Schloss. Ähnliche Konzepte gab es schon in der Vergangenheit, etwa das "Saddle Lock", bei dem der Sattel zum Absperren des Rades diente, doch so schlüssig wie die drei Chilenen hat das noch keiner umgesetzt.

Die untere der Streben des Rahmens lässt sich innerhalb weniger Sekunden teilen und nach außen klappen. Mit der ungewöhnlich langen Sattelstange verbindet man diese beiden Enden und sperrt das Rad so an einen Baum oder eine Straßenlaterne. Der einzige Weg, um das Yerka zu entwenden, sei dann, den Rahmen aus zwölf Millimeter Sicherheitsstahl zu zersägen - und ihn damit zu zerstören, erklären die Erfinder. So sollen Diebe abgeschreckt werden.

"Radklau ist ein Massendelikt"

Natürlich hat dieses System konstruktionsbedingt seine Schwächen. Um das Schloss korrekt zu nutzen, benötigt man immer einen Pfosten oder passenden Baum, der zwischen die Streben des Rahmens passt. Ist der nicht vorhanden, ist auch das Schloss nutzlos. Und will man das Fahrrad knacken, muss man nicht zwingend den Rahmen zersägen. Es reicht, die Sattelstange zu zerstören und durch eine neue zu ersetzen.

Trotzdem macht es das Yerka Dieben wesentlich schwerer, das Rad zu stehlen. Erst kürzlich erklärte Ulrich Syberg, Bundesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) der Welt am Sonntag: "Radklau ist ein Massendelikt, das der Staat aber bagatellisiert." 340 000 Räder wurden im vergangen Jahr gestohlen, 7,2 Prozent mehr als 2013. Die Aufklärungsquote der Polizei liegt bundesweit gerade einmal bei 9,6 Prozent.

Das mag erklären, warum ein Drittel der bereits georderten Yerkas nach Europa gehen. Der größte Teil der Fahrräder wurde in die USA verkauft (etwa die Hälfte), nur 15 Prozent konnten Cabello, Eggers und José in ihrem Heimatland Chile absetzen. Die drei Erfinder des "Unstealable Bike" erklären das mit der fehlenden Infrastruktur und mangelhaften Radwegen. "Aber das ändert sich gerade", so Cabello.

300 Fahrräder im Monat

Die ersten 100 Yerkas gingen für 400 Dollar weg, dann hoben sie den Preis auf 500 US-Dollar an. In Zukunft soll das nicht zu stehlende Fahrrad 600 Dollar, umgerechnet 550 Euro, kosten. Geld verdienen die drei Chilenen mit dem Yerka noch nicht. 50 Prozent der Kosten gehen laut Cabello für die Produktion in China drauf, der Rest für die Distribution und die Patentkosten. "Das wussten wir von Anfang an", erklärte er dem US-Nachrichtensender CNN. "Wirklich wichtig ist, dass Menschen auf der ganzen Welt das Yerka kennenlernen."

Das soll in den kommenden vier Jahren geschehen. Das Start-up hofft auf eine Million US-Dollar von Investoren, damit sie 300 Fahrräder pro Monat weltweit verkaufen können. Aber natürlich sei Expansion nicht das Wichtigste. Wie wirkliche Geschäftsleute erklären sie diplomatisch, dass es vor allem darauf ankomme, dass der Kunde zufrieden sei und überzeugt sagen kann: "Das ist ein tolles Fahrrad. Und ich werde es überall weiterempfehlen."

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