VW New Beetle:Mit hohem Spaßfaktor

Das kugelrunde Knuddelauto zeigt mehr Schwächen als erwartet

(SZ vom 27.02.1999) Es ist ja nicht so, daß man den New Beetle als Flop sehen könnte - schließlich wird er VW in den USA aus den Händen gerissen. Und er hat - und das ist der eigentlich unbezahlbare Aspekt - diesem Moloch von einer Firma eine herzliche, emotionale Integrität verpaßt, für die VW ansonsten ein paar Jahre lang etliche teure Öffentlichkeitsarbeiter hätte bezahlen müssen. Kein Zweifel: Das kugelrunde Knuddelauto wird in der Öffentlichkeit geliebt, oder zumindest wohlwollend zur Kenntnis genommen - und das ist ja auch schon etwas wert.

Doch kaum werden die ersten Fahrzeuge nach (zu) langer Wartezeit in Deutschland ausgeliefert, häufen sich negative Schlagzeilen: "Viel Kult, wenig Komfort" titelte der Spiegel - und die ersten Auguren prophezeien bereits: "Der New Beetle ist ein Flop. " Aussagen, denen sich noch rasch ein paar Händler anschlossen - die nun das bis vor kurzem noch mit deftigem Aufpreis gehandelte Krabbeltier mit Rabatten an Mann und Frau zu bringen gedenken.

Wie so oft im Leben sind es mehrere Gründe, die zu der Verwirrung um den hochgelobten und bislang heiß begehrten New Beetle führen. Zu den emotionalen Gründen dürfte die Tatsache gehören, daß sich der alte Käfer in den USA und in Deutschland an zwei grundverschiedene Käuferschichten wandte: War er für die Deutschen der Inbegriff des Wirtschaftswunders, sozusagen der rollende Beweis dafür, daß man es wieder geschafft hatte, so stellte er für die Amerikaner den klassischen Outlaw dar. Ein Gefährt, mit dem man dem Vater und dessen chromschweren Straßenkreuzer die Lust an der Reduktion auf das Wesentliche entgegensetzen konnte. Nicht umsonst gab es bei der Präsentation des New Beetle Jimi Hendrix als Geräuschkulisse - die Musik, bei der die Eltern an dem Erfolg ihrer Erziehung zu zweifeln begannen. So bedient der New Beetle in den USA ein Publikum, das sich wehmütig an Woodstock, Frank Zappa und die mit dem Kauf des eigenen Straßenkreuzers verratenen Jugendideale erinnert - oder wie es die Beetle-Werbung ausdrückt: "Du hast deine Seele verkauft? Jetzt hast Du die Chance, sie zurückzukaufen. "

In Deutschland ist der Käfer hingegen mehr mit den Erinnerungen an das erste eigene Auto, die in ihm bewältigten Urlaubsfahrten und sonstige erinnerungswürdige Erlebnisse verbunden - der Millionenseller war stets das Fahrzeug, das als Einstieg für den Aufstieg diente. Und für die Erinnerung an die Jugend sind offenbar weniger Menschen bereit viel Geld auszugeben, als man vermutete.

Zumal dieser Ausflug in die Retro-Gegenwart mit einem satten finanziellen Aufwand verbunden ist, denn die dereinst angepeilte 30 000 Mark-Grenze wird bei besser ausgestatteten Autos locker um 25 Prozent überschritten. Ein Preis, der zu hoch angesiedelt ist, und dazu führt, daß die geplanten 50 000 Einheiten wohl reduziert werden müssen.

Wer diese Summe investiert, bekommt ein Fahrzeug, dem man aber seinen beachtlichen Geräuschpegel bei hohen Geschwindigkeiten, die kurze Rücksitzbank mit der dort fehlenden Kopffreiheit sowie den kleinen und schwer zugänglichen Kofferraum verzeiht - denn man wird stets auf den Wogen einer lächelnden Umwelt getragen. Ein Umstand, den VW in seine Kosten-/Nutzenrechnung miteinbeziehen sollte - schließlich dürfte man an jedem Wagen dank der Plattformstrategie noch immer ausreichend verdienen.

Von Jürgen Lewandowski

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