VW-Abgas-Skandal:Rückruf mit Tragweite

Volkswagen - Dieselmotor vom Typ EA189

VW muss nun beweisen, dass man den EA-189-Dieselmotor so sauber bekommt, wie das Unternehmen ursprünglich versprochen hatte.

(Foto: dpa)
  • Der vom KBA angeordnete Rückruf von 2,4 Millionen VW-Dieselfahrzeugen ist der größte, der in Deutschland je durchgeführt wurde.
  • Er könnte auch dazu führen, dass den entsprechenden Autos die Typgenehmigung entzogen wird.
  • In der Vergangenheit gab es immer wieder Zweifel, ob die Behörde ihren Pflichten tatsächlich nachkommt.

Von Joachim Becker

So eine Rückrufaktion gab es noch nie beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Für gewöhnlich werden jährlich knapp eine Million Fahrzeugbesitzer wegen eines fehlerhaften Fahrzeugs angeschrieben. Bereits 2014 wurden allerdings mehr als 1,9 Millionen Fahrzeuge in Deutschland zurückgerufen. Verantwortlich für diese Steigerung um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr waren unter anderem die Airbags des japanischen Zulieferers Takata. Allein in Deutschland musste BMW 460 000 Fahrzeuge in die Werkstätten beordern, um die Rückhaltesysteme auszutauschen. In der Regel verteilen sich Aufforderungen zur Mängelbeseitigung jedoch auf 100 bis 200 schwere Produktfehler bei verschiedenen Autoherstellern.

Im Fall von Volkswagen kommt noch eine weitere Dimension hinzu. Erstmals steht die Typgenehmigung von Fahrzeugen, die von dem Rückruf betroffen sind, auf dem Spiel. Mit dem standardisierten Typgenehmigungs-Verfahren werden innerhalb der EU neue Autos für die Märkte zugelassen. In Deutschland ist das KBA für solche Typgenehmigungen zuständig. Es erteilt sie und es kann sie auch wieder entziehen. Das droht für den Fall, dass es VW nicht gelingt, die Manipulations-Software aus seinen Autos zu beseitigen oder sie technisch so zu verändern, dass die in der Euro-5-Abgasnorm geforderten Emissionswerte auch ohne Tricks und Mogelei erreicht werden.

Kommen die Hersteller wirklich ihrer Verpflichtung nach?

Das KBA spielt also die Rolle der nationalen Produktsicherheitsbehörde für Straßenfahrzeuge. Jährlich erhalten die Flensburger zwischen 350 und 500 Hinweise aus unterschiedlichen Quellen: Für die Hersteller gilt die gesetzliche Verpflichtung, das KBA bei Verdacht auf mögliche Mängel zu informieren. Doch die Verlockung ist groß, die Aufsichtsbehörden gerade bei den häufigen Elektronikfehlern nicht zu informieren. Stattdessen können die Hersteller versuchen, Probleme ohne imageschädigenden Rückruf auch in den eigenen Werkstätten zu beheben. Kritiker verweisen immer wieder darauf, dass die Behörde zu intransparent sei, und die Öffentlichkeit zu spät über Produktfehler informiere.

Angeblich geht das "KBA auch Hinweisen von Verbrauchern, Behörden und Medien nach". Doch gerade bei dem Thema Abgasemissionen darf das bezweifelt werden. Die Süddeutsche Zeitung hatte bereits am 9. Februar 2015 nachgehakt, ob das KBA Erkenntnisse über die realen Abgasemissionen von Dieselfahrzeugen habe. Schon damals hatten eine Reihe von Studien alarmierende Überschreitungen der Stickstoff-Emissionen gezeigt. Die Antwort des KBA zeigte die völlige Ahnungslosigkeit der Aufsichtsbehörde: "Das KBA führt keine solchen Tests durch, beauftragte solche auch nicht. Es liegen hier aktuell keine Erkenntnisse zu den realen Emissionen vor."

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