Verkehrssünder in der EU:Strafzettel aus Italien

Wer in Italien zu schnell fährt, muss künftig auch in Deutschland mit einem Strafzettel rechnen. Die EU hat sich darauf geeinigt, Daten von Verkehrssündern auszutauschen. Ausgestellt wird der Strafbescheid auf Deutsch, die Buße richtet sich jedoch nach dem Ort des Verstoßes.

Cerstin Gammelin

Wer im europäischen Ausland den Straßenverkehr gefährdet und dabei erwischt wird, muss künftig damit rechnen, bei seiner Rückkehr ein Knöllchen vorzufinden. Die europäischen Verkehrsminister einigten sich am Donnerstag in Brüssel darauf, die elektronischen Daten von Verkehrssündern auszutauschen.

Blitzer

Wenn es in der Schweitz blitzt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Fahrer aus dem EU-Ausland in die Radarkontrolle geraten. Verkehrssünder sollen künftig europaweit belangt werden. 

(Foto: ddp)

Wer außerhalb seines Heimatlandes schneller fährt als erlaubt, den Sicherheitsgurt nicht anlegt, rote Ampeln überfährt oder betrunken am Steuer sitzt, soll demnächst über das Nummernschild seines Wagens ausfindig gemacht und belangt werden.

Bisher war es der Polizei in den meisten europäischen Ländern nicht möglich, über ein ausländisches Kennzeichen den Halter oder Fahrer des Wagens zu ermitteln. Deutsche Fahrer, die etwa in Belgien, Irland oder Ungarn nachweislich während des Fahrens telefonierten, durften aufgrund des fehlenden Datenaustausches auf Straffreiheit hoffen.

Künftig werden ausländische Behörden den Namen und die Adresse der Verkehrssünder aus deren nationalen Kfz-Registern ermitteln und entsprechend dem Bußgeldkatalog desjenigen Landes belangen, in dem das Delikt begangen wurde.

Das betreffende Schreiben soll in der Amtssprache des Landes verfasst werden, in dem das Auto zugelassen ist. Deutsche Raser müssen also auf Deutsch zur Kasse gebeten werden, belgische würden in Französisch, Deutsch oder Niederländisch angeschrieben. Um das Ganze zu vereinfachen, kann europaweit ein Formblatt genutzt werden.

Verkehrskommissar Siim Kallas begrüßte den Beschluss. Er freue sich über "die schlechte Nachricht für Raser". Die Europäische Kommission hatte schon lange darauf gedrängt, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung europaweit zu verfolgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fahrer die Regeln missachtet, ist nach Auskunft der Brüsseler Behörde im Ausland deutlich höher als im Heimatland.

Wenn der Halter nicht selbst fährt

In den europäischen Ländern sind etwa fünf Prozent der Straßennutzer Ausländer, andererseits werden mehr als 15 Prozent der registrierten Delikte von ihnen verursacht. "Viele Menschen scheinen zu denken, dass Regeln im Ausland für sie nicht gelten", kritisierte Kallas.

In einigen europäischen Ländern, darunter Deutschland, bestanden bis zuletzt starke Bedenken gegen den elektronischen Datenaustausch. Berlin argumentierte, dass der Halter, dessen Daten freigegeben werden, nicht zwangsläufig der Fahrer des Fahrzeuges sein müsse. Anders als in Deutschland, wo der Fahrer für Delikte haftet, wird in anderen europäischen Ländern der Halter des Fahrzeuges zur Verantwortung gezogen.

Um das deutsche Recht zu sichern, feilten Experten des Bundesverkehrsministeriums bis in die Nacht hinein mit ihren Kollegen an den Formulierungen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zufolge soll nun auch künftig der Halter des Fahrzeuges angeschrieben werden, um den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln.

Kooperiert der Halter nicht, oder verweigert der Fahrer die Zahlung eines Bußgeldes, können die deutschen Behörden von ihren ausländischen Kollegen beauftragt werden, das Geld einzutreiben. Dafür gelten spezielle Regeln.

Das EU-Parlament muss dem Beschluss zustimmen. Das soll voraussichtlich bis Mitte 2011 geschehen. Danach haben die Länder zwei Jahre Zeit, ihn in nationales Recht umzusetzen.

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