Verkehrsminister sucht private Investoren:Bund gibt 370 Kilometer Autobahn ab

Privatfirmen sollen überlastete Strecken auf eigene Kosten ausbauen und erhalten dafür Einnahmen aus der Lkw-Maut.

Michael Bauchmüller

Die Bundesregierung will private Investoren deutlich stärker am Ausbau der Autobahnen beteiligen. Spätestens Anfang 2009 soll das Vergabeverfahren für zwei weitere Autobahn-Abschnitte beginnen, sagte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) der Süddeutschen Zeitung. Insgesamt seien sechs neue Vorhaben geplant. Auf 370 Kilometern soll so der Verkehr auf überlasteten Strecken entzerrt werden.

Darunter ist auch ein Projekt, auf das Bayerns Landesregierung schon lange sehnlich wartet: der Ausbau der Autobahn A8 zwischen Augsburg und Ulm. Dort sollen private Investoren die Regie übernehmen: Sie müssten die Autobahn dreispurig ausbauen und 30 Jahre lang betreiben. Im Gegenzug erhalten sie Einnahmen aus der Lkw-Maut auf dieser Strecke. Die Baukosten für die 58 Kilometer Autobahn liegen bei schätzungsweise 330 Millionen Euro.

"Theoretisch könnte der Bau schon Mitte 2010 beginnen", sagte Tiefensee. Die Bauzeit wird mit vier bis fünf Jahren veranschlagt. Auch für ein Teilstück der A9 in Thüringen zwischen dem Autobahnkreuz Hermsdorf und Schleiz sollen bald Privatinvestoren zuständig sein. Insgesamt sechs Projekte will Tiefensee an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen.

Geplant hat das Ministerium solche Vorhaben schon länger. Derzeit gibt es bereits drei Projekte, bei denen Firmenkonsortien die Verantwortung für Fernstraßen übernommen haben. Eines davon betrifft ebenfalls die A8, nämlich das Teilstück zwischen München und Augsburg. Erst kürzlich hatte eine Gruppe von Unternehmen sich einen Auftrag für den Ausbau der A 1 in Niedersachsen gesichert, dort sind nun mehr als 70 Kilometer für 30 Jahre in privater Hand.

Bund gibt 370 Kilometer Autobahn ab

In den nächsten Jahren sollen nun insgesamt weitere rund 370 Kilometer Autobahn an Privatinvestoren gehen, darunter Strecken in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Das Bauvolumen beträgt knapp 1,4 Milliarden Euro. Zunächst müssten aber die Voraussetzungen für die private Beteiligung, insbesondere die Wirtschaftlichkeit der Strecken, geprüft werden, kündigte Tiefensee an. Entscheidend ist dafür die Höhe der Mauteinnahmen, die wiederum abhängig ist vom Lkw-Verkehr auf der jeweiligen Strecke. Der Ausbau der A 9 in Thüringen gilt Unterlagen aus dem Verkehrsministerium zufolge schon jetzt als "Projekt mit geringem Verkehrsrisiko".

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(Foto: SZ-Grafik)

Die Spielräume des Bundes für solche Projekte waren zuletzt noch gewachsen. Erst vergangene Woche hatte das Kabinett eine deutliche Anhebung der Mautsätze beschlossen. Statt durchschnittlich 15 Cent kostet die Nutzung deutscher Autobahnen für schwere Lastwagen vom kommenden Jahr an 16,2 Cent je Kilometer. Je nach Schadstoffklasse und Größe kann dieser Tarif stark schwanken. Zugleich vereinbarte Tiefensee mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), dass er die Mehreinnahmen komplett in den Ausbau von Verkehrswegen stecken darf. Zuletzt spielte die Lkw-Maut 3,3 Milliarden Euro im Jahr ein. Der Lkw-Verkehr nimmt seit Jahren stetig zu.

Allerdings würden auch weiterhin die Autobahnen überwiegend im Auftrag des Bundes gebaut, sagte Tiefensee. Für den Autofahrer werde nicht spürbar sein, ob die Autobahn von einer regulären Autobahnmeisterei oder von einem Bauunternehmen instand gehalten wird. Die Bauindustrie wartet schon lange auf weitere Projekte dieser Art. "Es wird höchste Zeit, dass man über die Pilotstrecken hinausgeht", sagte der Vizegeschäftsführer des Branchenverbandes, Heiko Stiepelmann.

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