Verkehrsgerichtstag in Goslar:"Idiotentest" in der Kritik

In Goslar wird die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), der sogenannte Idiotentest, überprüft. Schon vorab hat sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer für eine Reform ausgesprochen.

Im Volksmund hat sich der Begriff "Idiotentest" eingebürgert, behördlich korrekt heißt das Verfahren "medizinisch-psychologische Untersuchung", kurz MPU. Rund 100.000 Autofahrer müssen sich jedes Jahr diesem Test unterziehen - wobei jeder zweite durchfällt und dafür auch noch mehrere hundert Euro berappen muss. Eine MPU ist immer dann fällig, wenn das Punktekonto im Flensburger Zentralregister mit 18 Einträgen voll ist, Straftaten bekanntwurden (Fahren ohne Führerschein, Drogenkonsum) oder gravierende gesundheitliche Einschränkungen vorliegen. Allerdings: Die medizinisch-psychologische Untersuchung kann von den Behörden eigentlich jederzeit angeordnet werden - wenn "berechtigte Zweifel an der Fahreignung" bestehen.

Allerdings, und das ist das Problem, sei der Test oft willkürlich und für den Einzelnen nicht immer nachvollziehbar, so viele Kritiker. So dauert das Gespräch mit der Psychologin oder dem Psychologen nur rund eine dreiviertel Stunde - in dieser Zeit entscheidet es sich aber, ob ein Autofahrer den Führerschein zurückbekommt.

Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) im Straßenverkehr steht deswegen auch beim heute beginnenden 48. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar auf der Tagesordnung. Ein Arbeitskreis beschäftigt sich mit der Frage, ob sie als Instrument der Verkehrssicherung taugt, ob es Alternativen dazu gibt und wer die Prüfer prüft. Anders als bei der Führerscheinprüfung geht es bei dem Test nicht um Wissen oder Können, sondern um die charakterliche Eignung.

Außerdem diskutieren die rund 1600 Fachleute über eine Ausweitung der Halterhaftung, das neue EU-Verkehrssicherheitskonzept und Fahrgastrechte im Land- und Luftverkehr. Weitere Themen sind das Unfallrisiko bei jungen Fahrern und Ausnahmen vom Fahrverbot.

"Grundsätzlich macht die MPU Sinn"

Schon im Vorfeld forderte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf Bild.de mehr Transparenz bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung von Verkehrssündern. "Grundsätzlich hat die MPU ihren Sinn und zu Recht eine abschreckende Wirkung", so Ramsauer. Allerdings müssten die Gutachten für den Test klar nachvollziehbar sein.

"Wir müssen den Betroffenen das Gefühl geben, dass im Interesse der Verkehrssicherheit geurteilt wird und nicht im stillen Kämmerlein einsame Entscheidungen getroffen werden", sagte Ramsauer. "Wichtig bei einer Neuregelung ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel, die in jedem Einzelfall geprüft werden muss." Auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Patrick Döring, sagte, er habe Zweifel, ob das aktuelle Verfahren noch zeitgemäß sei.

Was unter anderem gegen die MPU spricht: Aus der Sicht der Betroffenen ist die medizinisch-psychologische Untersuchung nicht transparent. Der Verlust des Führerscheins ist manchmal schwer zu verschmerzen (gerade auf dem Land) und kann sogar den Arbeitsplatz kosten. Deswegen sollten Ton- oder Videoaufzeichnungen von diagnostischen Gesprächen selbstverständlich und damit auch gerichtlich überprüfbar sein - sie geben schließlich den Ausschlag für die oft schwerwiegenden Entscheidungen.

Übrigens: Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages sind für den Gesetzgeber zwar nicht bindend, sie fließen aber oft in die Gesetzgebung ein.

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