Verkehr:EU-Kommission plant einheitliche Maut für ganz Europa

FRANCE-TRAFFIC-HOLIDAYS

Ferienbeginn an einer Mautstation im Süden Frankreichs (Archivbild): Solche Szenen würden mit einem einheitlichen europäischen Mautsystem der Vergangenheit angehören.

(Foto: AFP)
  • Die EU-Kommission will ein einheitliches Mautsystem in Europa einführen: Die Gebühren sollen künftig nur noch nach gefahrener Strecke bemessen werden.
  • Die Änderung würde auch die gerade erst beschlossene Pkw-Maut in Deutschland betreffen. Diese sieht bislang auch Jahresgebühren vor.

Von Markus Balser, Berlin, und Pia Ratzesberger, Brüssel

Die EU-Kommission hat ihre Pläne für eine europäische Maut konkretisiert: In Zukunft sollen Autofahrer innerhalb der Europäischen Union für die Strecke zahlen, die sie tatsächlich gefahren sind - und nicht mehr wie beim Kauf einer Vignette für einen bestimmten Zeitraum. Das kündigte die Kommission am Mittwoch in Brüssel an. Solch ein Modell sei "effizienter und fairer", sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc.

Die Kommission kämpft schon seit Jahren für eine europäische Maut - und gegen ein Ende der Kleinstaaterei bei den Straßengebühren. Eine streckenbasierte Maut erfasse besser, inwieweit ein Fahrer die Straßen genutzt habe und sei ein besseres Maß für Emissionen und Umweltverschmutzung, sagte Bulc. Die Kommission schlägt deshalb vor, nach einer Übergangsphase zeitbasierte Systeme in den Mitgliedsstaaten wieder abzuschaffen. Davon wäre also auch die deutsche Maut betroffen, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gerade nach jahrelangem Ringen durchgesetzt hat. Die Pkw-Maut in Deutschland soll ab 2019 eingeführt werden.

Die Kommission plant allerdings in zwei Schritten und weiß, dass eine rasche Umstellung auf ein einziges europäisches System kaum realisierbar wäre. Bis 2023 soll nach den Vorschlägen der Kommission eine streckenbasierte Maut für Lastwagen eingeführt werden, bis zum Jahr 2027 dann für alle Fahrzeuge "anderer Kategorien", also auch Personenwagen. Es gibt allerdings keine Verpflichtung zur Maut. Mitgliedstaaten sollen nach wie vor selbst entscheiden dürfen, ob sie Geld für die Nutzung ihrer Straßen verlangen. Wenn sie sich dafür entscheiden, sollten sie sich allerdings am europäischen Modell orientieren.

Mit dem Modell wolle man diejenigen belohnen, die sauber fahren, sagte Verkehrskommissarin Bulc. Emissionsfreie Autos sollen deshalb 75 Prozent weniger zahlen als andere. Die Mitgliedsstaaten sollten die Höhe der Gebühren an die jeweilige Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge anpassen. Die Einnahmen sollen die Länder wieder in die Infrastruktur investieren, also in die Sanierung von Brücken und Straßen. Dort gebe es aktuell eine Finanzierungslücke von etwa 60 Milliarden Euro.

Einheitliches Erfassungsgerät für alle Länder

Die Kommission will das Bezahlen außerdem komfortabler machen. In Zukunft sollen Autofahrer auf dem Weg durch Europa nicht mehr an Mautstation halten müssen oder Vignetten auf die Windschutzscheibe kleben. Bulc sprach von einem einheitlichen Erfassungsgerät für alle Länder. So sollen beispielsweise Speditionsunternehmen alle Strecken über einen Dienst abrechnen können.

Die Kommission erinnerte Deutschland am Mittwoch an die Selbstverpflichtung von Verkehrsminister Dobrindt, der EU bei der Einführung einer europäischen Maut zu helfen. Dies sei Teil des Kompromisses im Streit um die Einführung der Maut in Deutschland gewesen. Die Kommission hatte die Mautpläne des Ministers damals gestoppt, weil sie durch Ermäßigungen für deutsche Autofahrer bei der Kfz-Steuer EU-Recht verletzt sah.

In der EU erheben derzeit 24 Mitgliedstaaten eine Maut, meist für Lastwagen. In Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Kroatien gilt für Autos eine streckenbezogene Gebühr. Österreich, Bulgarien, Lettland, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn verlangen Vignetten für die Nutzung ihrer Autobahnen. Weitere Länder erheben eine örtliche Maut.

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