Vergleichstest: Porsche gegen Jaguar:Sportwagen in der Pubertät

Vergleichstest: Porsche gegen Jaguar: Der Porsche 718 Cayman ist konsequenter Sportwagen, der Jaguar F-Type eher eleganter Augenschmaus.

Der Porsche 718 Cayman ist konsequenter Sportwagen, der Jaguar F-Type eher eleganter Augenschmaus.

(Foto: Hersteller Jaguar, Porsche)

Der Porsche 718 Cayman zeigt eindrucksvoll, was passiert, wenn das Sounddesign eines Autos vollkommen daneben geht. Doch auch der Jaguar F-Type hat Tonprobleme.

Von Felix Reek

"Jaguar!", "Jaguar!", "Jaguar!" ruft das Kind immer wieder, als es aus der Kita stürmt. Die Betreuerinnen schauen leicht genervt. Mit diesem Singsang hat die Dreijährige sie den halben Vormittag beschallt. Der Porsche in der Woche zuvor war ihr nicht einmal eine Erwähnung wert. Vielleicht verdeutlicht diese kurze Episode am meisten, welchen Stellenwert die Automobile des britischen Herstellers besitzen. Ein Porsche ist im Großraum München so etwas wie der VW Golf der Besserverdiener. An jeder Ecke steht mindestens ein 911er, wenn es zum Einkaufen geht, muss der Cayenne herhalten. Ein Jaguar ist exklusiver, auch wenn beide Marken preislich nicht weit auseinander liegen.

Sowohl Porsche als auch Jaguar bieten mittlerweile eine Art Einstiegsvariante ihrer kleinsten Sportwagen an: Der 718 Cayman kostet etwa 52 000 Euro, der F-Type 59 000 Euro. Beide mit Zwei-Liter-Motor, vier Zylindern und 300 PS. Für Sportwagenfans ist das natürlich ein doppelter Frevel: Ein Jaguar und ein Porsche mit weniger als sechs Zylindern, das kann, das darf nicht sein! Wie viel Fahrspaß kann noch in einem solchen Auto stecken?

Im Falle des Porsche lässt sich das ganz einfach beantworten: unglaublich viel. Nicht ohne Grund verkaufen die Zuffenhausener drei Mal so viele Exemplare ihres Baby-911er pro Jahr wie Jaguar seinen F-Type. Der Cayman ist einfach unheimlich konsequent. Und er schockt seine Insassen mit Kompromisslosigkeit. Keine Rücksitze, kaum Ablageflächen, extrem tiefe Sitze, so hart abgestimmt, dass sich schon während der Fahrt im Parkhaus erste körperliche Wehwehchen zu Wort melden.

Konsequenter als ein 911er

Sobald der Fuß etwas heftiger auf das Gaspedal tritt, verfliegen jedoch solche Bedenken. Der Cayman ist mindestens genauso sportlich wie ein 911er. Die Siebengang-Doppelkupplungsautomatik arbeitet perfekt, die Bremsen greifen präzise, die Kurvenlage ist sensationell. Dabei ist der Porsche so makellos abgestimmt, dass der Fahrer nie das Gefühl hat, die Kontrolle über das Auto zu verlieren. Auch das Fehlen des klassischen Sechszylinder-Boxer-Motors würde nicht weiter ins Gewicht fallen, wenn der 718 nicht ein entscheidendes Manko hätte: Er klingt furchtbar.

Es lässt sich nicht anders ausdrücken, aber der Cayman zeigt eindrucksvoll, was passiert, wenn das Sounddesign eines Sportwagens vollkommen danebengeht. Offenbar wollte Porsche keine Zweifel an der Aggressivität seines kleinsten Modells aufkommen lassen und beschenkte ihn mit einem Grollen und Dröhnen, dessen einziges Ziel es ist, die komplette Nachbarschaft zu jeder Uhrzeit aus dem Schlaf zu reißen. Egal wie schnell oder langsam der Porsche unterwegs ist, immer verfolgt ihn dieses mächtige Brummen, das auf der Autobahn schier unerträglich ist. Und da hat man noch nicht einmal den "Sport"-Schalter betätigt, der den 718 noch aggressiver abstimmt. Inklusive dem Öffnen der Auspuffklappen. Dann klingt der Cayman geradezu aufdringlich. Er ist ein Sportwagen in der Pubertät.

Alles ist weicher, eleganter

Ganz anders der Jaguar. Die Marke steht schließlich für Understatement. Beim Öffnen des Autos recken sich die Türgriffe im 45 Grad-Winkel entgegen. Im Inneren fahren die Lüftungsschlitze in der Armatur hinauf. Das hat zwar keinerlei tiefere Funktion, schön anzusehen ist es trotzdem. Das Display des Sportwagens: groß und aufgeräumt, genauso wie der Innenraum. Im Gegensatz zum Porsche, der mit einer antiquierten Bedieneinheit und allein 36 Knöpfen in der Mittelkonsole abschreckt. Im Jaguar dominieren Chrom und Leder, geschmackvoll aufeinander abgestimmt. Die Sitze wie bequeme Fernsehsessel. Alles ist weicher, eleganter, mehr auf Komfort ausgelegt. Hier lässt es sich aushalten. Bis der Motor ertönt. Der ist zwar der stärkste Vierzylinder in der Geschichte Jaguars, nur klingt er nicht so. Er klingt eigentlich gar nicht.

Seltsam angestrengt meldet er sich zu Wort und bestätigt anscheinend das, was Zweifler sowieso befürchtet haben: Ein Vierzylinder in einem Sportwagen kann nicht funktionieren. Glücklicherweise widerlegt der F-Type dieses Klischee zumindest in Teilen. An der Beschleunigung ist nichts auszusetzen. Zügig geht es im Jaguar nach vorn - wenn sie denn kommt. Beim heftigeren Tritt aufs Gas passiert erst einmal - nichts. Die Achtgangautomatik des Jaguars reagiert jedes Mal leicht verzögert. Dem Porsche Cayman sind solche Antrittsschwächen fremd - er setzt die Befehle des Fahrers konsequent um. Mühelos, ein unbändiges Kraftpaket, bereit, loszuschießen. Der Jaguar wirkt im Gegensatz zur Version mit sechs oder acht Zylindern immer etwas angestrengt.

Der Fahreindruck bleibt zwiespältig

Seine Vorteile spielt der F-Type auf der Autobahn und holprigen Strecken aus. Hier hat man im Gegensatz zum Porsche nicht permanent den Eindruck, der eigene Körper diene als Sparringspartner der Fahrbahnoberfläche. Der Jaguar gleitet mühelos über solche Strecken. Trotzdem bleibt der Fahreindruck zwiespältig. Die Lenkung ist schwammig und vermittelt kein wirkliches Gefühl für die Straße, die Federung ist zu weich, um Sportwagengefühle aufkommen zu lassen. Das gilt zumindest für den normalen Fahrmodus des F-Type. Nach dem Wechsel in "Dynamic" kann der Jaguar vieles besser - er reagiert direkter, ist überzeugender abgestimmt. Das überforderte Hochdrehen des Motors bleibt.

Das macht den Jaguar zu keinem schlechten Auto - nur wer vorher im Porsche Cayman saß, wer einen wirklichen Sportwagen sucht, wird mit dem Jaguar nicht glücklich. Natürlich besitzt der Brite mehr Stil, er ist das aufsehenerregendere Auto, ein wunderschönes Coupé, das alle Blicke auf sich zieht. Der laut polternde Porsche kann dagegen nur brachial, prollig, ja sinnlos erscheinen. Aber das waren Sportwagen schließlich schon immer. Und so sollten sie auch sein. Da kann das Töchterchen noch so viel "Jaguar!" schreien.

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