Vergleich: BMW M5 und Maserati Quattroporte:Pro Familie

Limousinen haben in diesen Zeiten selten etwas Beeindruckendes. SUVs und Vans sind im Gespräch, allenfalls noch Sportcoupés und Microcars. Doch da lauern noch wahre Wunder.

Von Stefan Grundhoff

Mit einer Limousine kann man nicht oft für Aufsehen sorgen. BMW M5 und Maserati Quattroporte sind allerdings echte Ausnahmen. Der Bayer ist einer der stärksten, der Quattroporte wohl der schönste Sportwagen mit einer real nutzbaren zweiten Passagierreihe. Während man mit dem Norditaliener im öffentlichen Straßenverkehr schon einmal Applaus auf offener Szene erwartet kann, steht der M5 für kraftvolles Understatement.

Vergleich: BMW M5 und Maserati Quattroporte: Der BMW M5 fordert den Maserati Quattroporte heraus - oder umgekehrt?

Der BMW M5 fordert den Maserati Quattroporte heraus - oder umgekehrt?

(Foto: Foto: press-inform)

Der BMW sieht kaum anders aus als ein 520d mit Magerausstattung. Es sind die netten kleinen Details, die die 507 PS unter der Haube erkennen lassen. Da ist die tief herunter gezogene Frontschürze - in der unverständlicherweise die Nebelleuchten fehlen. Wer genau hinschaut, erkennt die leicht ausgestellten Kotflügel und die stilistisch zielsicher eingebrachten Lüftungskiemen hinter den vorderen Radhäusern. Am Heck glänzt neben dem oftmals fehlenden M5-Schriftzug nur die vierflutige Auspuffanlage. Doch ganz ehrlich: Nach mehr als 500 PS und zehn wild trampelnden Zylindern unter der Motorhaube sieht der Sportbayer nun wirklich nicht aus.

Der Maserati hat es einfacher. Er wurde nicht von einem bekannten Volumenmodell abgeleitet, sondern ist gerade optisch ein grandioser Sportwagen, der ungewöhnlicherweise eben zwei Türen extra hat. Die Limousine präsentiert sich zweigeteilt. Die Front mit dem verchromten Kühlergrill, der von (zu) kleinen Xenonscheinwerfern eingefasst wird, wirkt geradezu zierlich und feminin. Die mächtige Motorhaube, der lange Radstand und besonders das kraftvolle Hinterteil präsentieren sich dagegen deutlich maskuliner. Doch von allen Seiten ist der Italo-Beau ein Hingucker - aus bekannten Gründen deutlich mehr, als es ein 5er-BMW je sein kann.

Machtvolle Maschinen

Beide Konkurrenten bieten Frontmotor, Heckantrieb und Leistung im Überfluss. Das V-8-Aggregat des Maserati liegt weiter hinten, und das Getriebe arbeitet an der Hinterachse. Beides ist gut für das Handling und schlecht für den Innenraum. Der BMW zeigt indes, dass eine normale Bauweise keinerlei Nachteile mit sich bringt.

BMW und Maserati charakterisieren sich insbesondere über die eindrucksvollen Triebwerke. Auch hier gewinnt der Quattroporte die Optikwertung um Längen, beim Thema Leistungspotenzial muss er jedoch zurückstecken. Der Saugmotor mit 4,2 Litern Hubraum ist bis zum Erscheinen des neuen Coupés das Maserati-Universalaggregat, leistet 294 kW/400 PS und 451 Nm Drehmoment. Die Fahrleistungen präsentieren sich noch beeindruckender, als sie sich lesen.

Trotz zweier Tonnen Lebengewicht schafft die Limousine mit dem Dreizack den Spurt auf Tempo 100 in bissigen 5,2 Sekunden. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 275 km/h. Mehr Leistung als die anderen Quattroporte-Versionen hat der Sport GT übrigens nicht. Neben der leicht geänderten Optik sorgt ein modifizierter Mittelschalldämpfer vor allem bei hohen Drehzahlen für einen noch eindrucksvolleren Sound - in engen Gassen und in Unterführungen die Sünde pur.

An dem Triebwerk selbst hat sich seit dem Marktstart nichts getan. Statt an einer Leistungskur wurde zuletzt an Abgasverhalten und Verbrauch gearbeitet. Euro4 und ein versprochener Durchschnittsverbrauch von knapp 16 Litern auf 100 Kilometern sind bei einem Motorsporttriebwerk in Kleinserie kein Pappenstiel - bringen jedoch auch kaum Lorbeeren ein.

Auch das M5-Triebwerk entstammt einer Kleinserie, und BMW wird nicht müde zu kolportieren, dass der Hightech-Zehnzylinder zahlreiche Anleihen aus dem F-1-Team in sich trägt. Das optisch allzu unspektakuläre Herz ist fraglos eines der sportlichsten Aggregate, die abseits der Rennstrecken derzeit zu bekommen sind. Fünf Liter Hubraum, 507 PS und ein Hochdrehzahlkonzept, das einem immer wieder das Blut in den Adern pochen lässt. BMW hat die Höchstgeschwindigkeit überflüssigerweise auf 250 km/h begrenzt. Erst gegen Aufpreis lässt man die Zügel bis Tempo 305 frei. Nicht wenige lassen ihren Super-5er beim Tuner "freimachen" - dann sind rund 320 km/h drin.

Pro Familie

Sportlerschwächen

Den besseren ersten Fahreindruck kann der Maserati für sich verbuchen. Er hängt bissig am Gas, als möchte er es dem BMW zeigen, dass südlich der Alpen die echten Sportaggregate entstehen. Das sequenzielle Getriebe wurde zuletzt überarbeitet und soll nun um 35 Prozent schneller arbeiten. Wer stakkato unterwegs sein will, gibt Gas und lässt die Paddel lässig schnacken. Etwas ruppig für eine Luxuslimousine, aber schnell.

Ohne Sporttaste, bei langsamem Tempo oder gar im Automatikmodus sieht das Ganze schon anders aus. Dann wünscht man sich dank allzu spürbarer Zugkraftunterbrechungen eine vernünftige Automatik herbei. Maserati hat das Flehen der Kunden erhöht und bietet diese bald an.

Doch auch das sequenzielle Getriebe des M5 ist im normalen Galopp alles andere als eine Bestbesetzung. Traurig denkt man zurück an den alten M5, der mit 400 PS und einer grandiosen Sechsgang-Handschaltung schier grenzenloses Fahrvergnügen bereitete. Der Automatikmodus kann auch im BMW nicht überzeugen, und mit niedrigen Drehzahlen sollte man den Bayern schon einmal gar nicht bewegen.

Dass er über 100 PS mehr hat als der Quattroporte, mag man zunächst gar nicht glauben - weil der Nachschlag erst auf Knopfdruck serviert wird. Im Normalbetrieb ist der M5 ebenfalls mit 400 PS unterwegs. Dass das reichen sollte, glaubt man aber nur so lange, bis man die unscheinbare M-Taste am Steuer nicht gedrückt hat. Der Unterschied ist mächtig, und Schub scheint keine Grenzen zu kennen. Von Tempo 160 bis 240 vergehen ein paar kurze Augenblicke, und alles erinnert an eine Zeitreise. So schön und kraftvoll das Maserati-Triebwerk auch ist, der Italiener hat motorenseitig keine Chance gegen den M5.

Straff unterwegs

Beim Fahrverhalten bieten beide Konkurrenten echtes Sportwagenflair. Die Feder-Dämpfer-Abstimmung ist bei Maserati und BMW gleichermaßen straff, aber alles andere als ruppig. Der Maserati wirkt eine Spur knackiger und kompromissloser - der BMW etwas massentauglicher. Einlenk- und Bremsverhalten ist tadellos, und die Bodenhaftung scheint im Grenzbereich keine Grenzen zu kennen. Schleuderverhinderer sorgen dafür, dass es in schnellen Kurven oder bei abrupten Richtungswechseln keine böse Überraschung gibt. Im Sportmodus lassen beide etwas mehr zu.

Beide bieten sportlichen Luxus, hochwertiges Leder und sehenswerte Details. Der BMW ist gewohnt nüchtern, der Maserati elegant und deutlich charismatischer. Das Platzangebot kann sich hüben wie drüben sehen und erleben lassen. Nicht nachvollziehbar jedoch ist, wieso sich der Quattroporte in puncto Sitzkomfort eine derartige Blöße gibt. Beinauflage, Seitenhalt und Verstellmöglichkeiten sind deutlich schlechter als bei vielen Mittelklasselimousinen. Piloten mit mehr als 1,85 Metern Körpergröße sitzen alles andere als gut. Auch Schalter, Knöpfe und das Navigationssystem des Maserati zeigen sich nicht auf der Höhe der Zeit.

Im schwarzen BMW-Leder fühlt man sich dagegen bestens aufgehoben. Alles Denkbare lässt sich verstellen. Ähnlich wie bei Mercedes gibt es fahrdynamische Sitze für Fahrer und Beifahrer. In drei Stufen pressen sich die Seitenwände der Sitze aktiv gegen die Zentrifugalkräfte: eine prima Sache - wenngleich die dynamische Unterstützung etwas weniger plötzlich einsetzen könnte. Das kostet selbstverständlich Aufpreis. Als ob ein BMW M5 mit knapp mehr als 90.000 Euro nicht schon teuer genug wäre. Mit den standesgemäßen Extras liegt man spürbar über der magischen 100.000er-Marke.

Der Maserati ist keineswegs kompletter ausgestattet, fängt aber als Sport GT erst bei 115.000 Euro an. Auch hier kann man einiges draufsatteln. Am Ende ist es eine Frage der Individualität. Der Maserati ist das schönere Auto mit mehr Charme und einer verführerischen Individualität. Wer normative Maßstäbe und Alltagsnutzen bevorzugt, kommt am BMW M5 jedoch nicht vorbei.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: