Unterwegs:Sommer mit nassem Po

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Man stellt das Auto in der Sonne ab und vergisst, das Schiebedach zu schließen. Und dann kommt der nächste Guss.

Von Richard Christian Kähler

Es gibt eine Frau, ach was, eine Dame, die nimmt morgens ihre Kaffeetasse mit ins Auto. Und weil die übergroße Henkelschale geschickterweise stets nur halb gefüllt ist, kommt frau damit stets sanft beschleunigend und gefühlvoll abbremsend sogar ohne Fußbad bis ins Büro. Wann immer es dabei möglich ist: Schiebedach auf und Licht aufs kastanienbraune Haar fallen lassen! Die Sonnenbrille reflektiert die schnell noch hochgeformte Frisur, der Innenspiegel erfüllt noch kurz seine Beauty-Kontrolle - ach, das Leben ist schön.

Selbst wenn Blätter und sonst was durch die frisch geöffnete Dachluke fallen. Zum gemütlichen Autofrühstück mit Kaffeeschluck-Pausen an roten Ampeln und die ebenfalls mitgebrachten Kekse kauend reicht es unter einem Quadratmeter Himmel allemal. Doch dann fährt man am Wochenende an den Strand und vergisst beim Spazierengehen nicht nur die Zeit, sondern womöglich auch, dass man vorhin das Schiebedach nicht wieder geschlossen hat.

Der minutenlange Sommersturzregen hat Klimakatastrophenqualität, im Strandcafé untergehuscht überlebt man nur knapp, steigt dann mit einem stärkenden Latte macchiato XXL in der Hand wieder ins Auto und - huch! - fährt vor Entsetzen wieder hoch. Weil der Sitz ein vollgesogener Badeschwamm ist, der auf feinsten Druck dem Po jede Menge Feuchtigkeit spendet. Und der Milchkaffee verteilt sich dazu auf Sitz und Fußmatten.

Dann starrt man mit durchgedrückten Knien in den grauen Himmel über sich, aus dem letzte Tropfen fallen und riecht schon jetzt, wie die saure Milch zu käsen beginnt. Und ob nun ein Kleid oder eine Hose an den klatschnassen Oberschenkeln klebt: aussehen wie beim Wet-T-Shirt-Contest "Hinten-untenrum" möchte unfreiwillig niemand. Aber nun jeden Morgen auch noch ein frisches Badelaken für den dauerfeuchten Autositz mitzubringen, seufzt die Dame, das ersetze ihr das Urlaubsfeeling unter der Woche wenigstens ein bisschen.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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