Unterwegs:Schwarze Löcher

Vierspurige Citystraßen, die sich einspurig durch Baustellen quälen sind heute so alltäglich wie kaputte Ampeln. Eine Malaise.

Von Richard C. Kähler

"Was ist denn los? Wieso fährt du denn so komisch?" - "Ich? Wieso?" - "Weil du so hektisch hin und her schlenkerst und über die Straße eierst! Was machst du denn bloß?", fragt die irritierte Beifahrerin auf einer x-beliebigen Landstraße irgendwo im Fränkischen. "Den 1000 Schlaglöchern ausweichen, was denn sonst?" Plonk! Abgelenkt. Pech gehabt.

Aber was soll man machen, wenn der ganz normale Straßenbelag aussieht wie schwarzer Tilsiter? Artig geradeaus fahren und durch die Löcher knallen? Gebt uns bezahlbare Luftkissenfahrzeuge! Seit überall kein Geld mehr da ist für den Straßenbau kostet das alles unsere Reifen und Felgen, Federn und Nerven. Gott, da hatte es ja Goethe in seiner Italienreise-Kutsche vor fast 250 Jahren auch nicht holpriger.

Jeder weiß es, aber keiner mag über den maroden Gesamtzustand unseres Verkehrssystems reden. Weil es langsam auch keiner mehr hören kann. Es reicht wirklich, das Asphalt- und Betonelend tagtäglich schlingernd und dennoch immer wieder krachend durchzustehen. Mehr als 100 Milliarden Euro passen in die Pflasterlöcher und zernagten Pfeiler.

Die Folge: vierspurige Großstadtstraßen, die einspurig durch endlose Baustellen schwenken. Autobahn- und Brückensperrungen sind inzwischen so normal wie kaputte Ampeln. Man ist schon froh, wenn die Straßenlaterne nicht nachts aufs Auto fällt und das weiß Gott nicht neue Autobahnbrückenstück unter einem hinunter ins Tal. Die verständlichen Beschwerden der Ossis, frisch im Westen damals, alles sei da viel zu geleckt und perfekt, sie haben ganz offensichtlich Wunder gewirkt.

Doch dann muss man als Wessi mit dem Wagen nach Berlin und hat Glück, weil Zeit. Und kann quer durch den neuen Bundesteil gleiten und sich zurück zaubern in eine Zeit, als der Straßenbelag im Westen noch keine 50 Jahre alt war. Sondern so verhältnismäßig frische 25 wie hier. Auf seidenglatten Oststraßen das Autofahren genießen - welcher Besserwessi hätte sich das Träumen lassen.

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