Unterwegs mit dem Nissan Primera:Ein Goldfisch unter den Piranhas

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Das neue Mittelklasse-Modell der Japaner überzeugt vor allem als reisetauglicher Kombi mit sparsamem Dieselmotor.

Marion Zellner

(SZ vom 10. 4. 2002) Als kleiner Fisch lebt man in einem Teich mit Piranhas ziemlich riskant. So gesehen und im übertragenen Sinn haben Goldfische und Auto-Importeure hierzulande etwas gemeinsam. Denn im Reich der großen Marken zu überleben, ist eine Kunst - vor allem in der Mittelklasse, wo sich all die Mercedes C, Audi A4 oder BMW 3er um Beute, sprich: um Käufer streiten. Eine Import-Marke, die da mithalten will, muss sich strecken.

Nahezu bogenförmige Silhouette statt Dreiteilung Front - Kabine - Heck (Foto: Foto: Nissan)

Dritte Generation

Jetzt nimmt Nissan mutig Anlauf für den Sprung nach vorn auf dem deutschen Markt. Seit Anfang März offerieren die Japaner die dritte Generation des Primera als Limousine und Kombi. Und wie so oft in diesen Zeiten soll auch hier das Zauberwort "Premium" helfen - beim Primera steht es für moderne Sicherheitstechnik, komfortable Ausstattung, hohe Qualität und fahraktive Motoren. Soweit der Anspruch.

Wir fuhren die Limousine mit 2,0-Liter-Benzinmotor in der Automatik- Version und den 2,2-Liter-Common-Rail-Diesel im Kombi mit serienmäßigem Sechsgang-Getriebe.

Beide sind, um mit Äußerlichkeiten zu beginnen, ausgesprochene Hingucker. Vor allem die Limousine. Die klassische Dreiteilung Front - Kabine - Heck ist zugunsten einer fast bogenförmigen Silhouette aufgehoben, alles in allem wirkt der Primera auf eigenwillige Weise massig und elegant zugleich.

In jedem Fall ist das Design eines: unverwechselbar. Der Kombi scheint uns noch eine Spur moderner und dynamischer als die Limousine und er bietet naturgemäß viel Platz für Gepäck. Maximal sind es knapp 1.700 Liter Volumen.

Satte Ausstattung

Im Innenraum fährt Nissan alles auf, was Premium-verdächtig ist. Die drei Ausstattungslinien - Visia, Acenta und Tekna - erfüllen jeden Wunsch.

In der Basisversion sind bereits Klimaanlage, Audio-Anlage mit CD-Spieler, sechs Airbags, Bordcomputer, elektrische Fensterheber und Außenspiegel serienmäßig.

Ab Version Acenta gibt es eine Rückfahrkamera. Auch wenn das Bild im Monitor, der wie alle Instrumente in der Mitte des Armaturenbretts platziert ist, durch die Weitwinkel-Linse stark gewölbt ist, nach kurzer Gewöhnungszeit kann man sich darauf verlassen, was man sieht.

Die Kamera ist auch bitter nötig, denn ohne sie sieht man schnell, dass man nichts sieht. Der Primera ist beklagenswert unübersichtlich.

Diesel harmoniert mit Sechsganggetriebe

Der Vierzylinder-Benzinmotor mit 103kW (140 PS) macht die Limousine maximal 191 km/h schnell und treibt sie in 10,9 Sekunden von Null auf 100 km/h. Dennoch braucht man mit der knapp 4,6 Meter langen Limousine Geduld.

Nicht, weil sie nicht von der Stelle kommt, der Benziner leistet ordentliche Antriebsarbeit. Aber die CVT-Automatik schaltet extrem gewöhnungsbedürftig. Sie wechselt sehr spät in die nächste Fahrstufe, was den Motor laut macht. Und ruckelfrei geht das auch nicht vonstatten.

Der Diesel unterscheidet sich nach den Daten zwar nur wenig vom Benziner (93kW / 126PS, Höchstgeschwindigkeit 198 km/h, Null auf 100 km/h in 10,9 Sekunden), doch im Fahrverhalten durchaus.

Wie Turbo-Diesel alter Bauart leidet er zwar unter dem sprichwörtlichen Beschleunigungsloch bei niederen Drehzahlen. Danach zeigt der Selbstzünder allerdings seine Qualitäten: Er ist laufruhig, leise, verbraucht wenig. Kombiniert mit dem leichtgängigen Sechsgang-Getriebe, ist er auch auf langen Strecken angenehm.

Durchaus ein Wort

Nissan gibt für den Kombi mit Diesel im Schnitt 6,1 Liter Verbrauch an. Ein Wert, der im Alltag annähernd zu schaffen ist. Schlechter schneidet naturgemäß der Benzinmotor mit Automatik ab: 11,9 Liter Super laut Datenblatt.

In der Praxis lagen die durchschnittlichen Verbrauchswerte ein bis zwei Liter höher. Dafür erfüllt der 2,0-Liter-Motor die D4-Abgas-Norm, der Diesel kommt auf Euro3.

Bei den Motoren fällt die Entscheidung nicht schwer. Trotz Schwächen bei niedrigen Drehzahlen ist der Diesel der sympathischere Motor; Verbrauch und Langstreckenkomfort sprechen eindeutig für ihn.

Alles in allem scheint der Primera nicht schlecht gerüstet. Vor allem der Basispreis von 20.450 Euro ist verlockend. "Unsere" Limousine kostet 26.800 Euro, der Kombi 28.000 Euro - zusammen mit der kompletten Ausstattung ist das durchaus ein Wort.

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