Trends der Motorradsaison 2014:Probier´s mal mit Gemütlichkeit

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Harley-Davidson wird in Deutschland immer erfolgreicher. Das Modell Dyna Fat Bob trägt seinen Teil dazu bei.

(Foto: Hersteller)

Die Motorradbranche hat ihre Krise überwunden, weil sie sich besser auf die immer ältere Kundschaft einstellt. Deswegen geht es mit den neuen Choppern, Cruisern oder Reiseenduros eher entspannt zu.

Von Thilo Kozik

Nach Jahren rückläufiger Zahlen hat sich der Motorradmarkt stabilisiert. Die Zweiradindustrie hat hierzulande das Tal der Tränen durchschritten, dessen sind sich die Beteiligten einig. Nach dem Tief mit gerade einmal 80 000 verkauften Motorrädern 2010 markiert das letzte Jahr mit 87 423 Neuzulassungen (plus 2,65 Prozent gegenüber 2012) bei den Motorrädern über 125 Kubikzentimeter Hubraum das dritte Jahr gestiegener Neuzulassungen in Folge.

Dabei verläuft die Gesundung der Branche sehr uneinheitlich. Zu den Gewinnern zählen die europäischen Hersteller wie Triumph, KTM oder Ducati, aber auch Harley-Davidson, Honda und Kawasaki. Doch an BMW kommt keiner ran: Mit knapp 20 000 Neuzulassungen und einem Marktanteil von rund 23 Prozent liegen die Bayern deutlich an der Spitze. Dieser Erfolg hat einen Namen: Die 2013 runderneuerte Reiseenduro R 1200 GS bringt es in Deutschland alleine auf fast 8000 Fahrzeuge. Auch in ganz Europa ist sie das beliebteste Zweirad mit unglaublichen 21 151 Einheiten. Da erscheint es fast logisch, dass die Münchner 2013 mit 115 215 Zweirädern einen hauseigenen Absatzrekord aufgestellt haben.

Suzuki und Yamaha in Problemen

Auf der anderen Seite vegetieren Suzuki und Yamaha mit einem Minus von 14 Prozent vor sich dahin. Doch während bei Yamaha dank einer umfassenden Modelloffensive Land in Sicht ist, muss Suzuki darauf hoffen, dass die einzige Neuheit V-Strom 1000 einschlägt.

Ganz offensichtlich hat der Absatz von der Einführung der Motorradeinsteigerklasse A2 bis 35 kW im Januar 2013 profitiert, denn dieses Leistungssegment hat in der Käufergunst ganz erheblich zugelegt. Von 5817 Einheiten 2012 stieg das Volumen 2013 fast um das Anderthalbfache auf 13 843. Die Neuregelungen der dritten EU-Führerscheinrichtlinie haben aber auch für eine kräftige Belebung beim Motorradnachwuchs gesorgt, denn die 125er-Leichtkrafträder werden für 16- und 17-Jährige nun nicht mehr auf 80 km/h gedrosselt. 14 048 neu zugelassene 125er stellen mit einem Plus von 30 Prozent einen echten Trend dar.

KTM RC 200

Kleine und leichte Motorräder wie die KTM RC 200 haben 2013 geboomt. In diesem Jahr soll dieser Trend anhalten.

(Foto: KTM)

Supersportler verlieren Marktanteile

Bei den hubraumstärkeren Modellen "waren im letzten Jahr die ohnehin zulassungsstarken Segmente Naked Bikes und Enduros/Reiseenduros mit Zuwachsraten von etwa vier Prozent äußerst beliebt", weiß Hauptgeschäftsführer Reiner Brendicke vom Industrie-Verband Motorrad Deutschland e.V. (IVM). "Dies gilt auch für klassische Motorräder, während die ehemals so beliebten Supersportler weiter rückläufig waren." Minus 14 Prozent sprechen eine deutliche Sprache.

Das liegt nicht zuletzt an der demografischen Entwicklung - die Motorradfahrer werden immer älter, risikoscheuer und bequemer. Der durchschnittliche Motorradfahrer ist knapp 50 Jahre alt und hat keine Lust mehr, sich in gebückter Haltung auf den Sitzbrötchen der Supersportler zusammenzufalten und nach längerer Fahrt mit Rückenschmerzen abzusteigen. Außerdem lassen sich diese Zweirad-Granaten auf der Landstraße nicht mehr ausfahren, ohne permanent mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Entschleunigung dank Harley-Davidson

Dazu kommt ein psychologisches Element: Die zunehmende Lebenserfahrung macht entspannter, man muss sich nicht immer wieder aufs Neue beweisen und (super-)sportliche Herausforderungen suchen. Für diese These spricht der Erfolg von Harley-Davidson, die sich mit Choppern, Cruisern und großen Tourenmotorrädern der Entschleunigung verschrieben haben und mit fast 10 000 verkauften Motorrädern den dritten Platz unter den Herstellern einnehmen.

Für 2014 erwartet Reiner Brendicke einen weiterhin stabilen Markt mit Steigerungen bei Choppern, Cruisern und großen Reiseenduros, aber auch einen wachsenden Trend zum Neo-Klassiker vom Schlage einer Triumph Bonneville oder BMW R NineT: "Retrodesign, Individualisierungsmöglichkeiten und moderne Technik sind eine Kombination, die immer mehr Motorradfahrer anspricht. Die traditionellen Gestaltungselemente passen zum Retro- und Vintage-Style, der auch in anderen Lebensbereichen wie der Bekleidung immer mehr Einzug hält."

Große Auswahl an Mittelklassemotorrädern

Für die wachsende Zahl von Einsteigern und Wiedereinsteigern steht eine große Auswahl an Mittelklassemodellen zur Verfügung - die Inhaber der A2-Lizenz mit einem Leistungslimit von 35 kW/48 PS können zwischen reinrassigen 48-PS-Modellen wie der CB-500-Reihe von Honda oder gedrosselten Maschinen wie der Yamaha MT-07 wählen.

"Immer wichtiger werden kräftig motorisierte Naked Bikes, die eine überzeugende Mischung aus Alltagstauglichkeit und Funfaktor bieten", ist sich der IVW-Geschäftsführer sicher. Die Hersteller sehen in den neu aufgelegten leistungsstarken Roadstern die Nachfolger der Supersportler, die oftmals von diesen abgeleitet wurden. Mit kräftigen Motoren, ausgeklügelten Fahrwerken und einer aufrechten Haltung sollen diese die ehemaligen Sportfahrer an die gerade Lenkstange locken.

An attraktiven Neuerscheinungen, die im Revier des bisherigen Platzhirschen Triumph Speed Triple wildern möchten, herrscht jedenfalls kein Mangel: Mit der 160 PS starken BMW S 1000 R und der brachial gestylten Kawasaki Z 1000 mit 142 PS werden Reihenvierzylinderfreunde bedient. Wer den Druck lieber aus zwei großvolumigen Zylindern goutiert, wird bei der neuen Ducati Monster 1200 S mit 145 PS oder dem bislang stärksten Naked Bike, der KTM 1290 Super Duke R mit 180 PS und 144 Newtonmeter, fündig.

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