Toyota RAV 4:RAV-iniert

Neues Innenraumkonzept und markante Optik / Nächstes Jahr folgt Variante ohne Allradantrieb

(SZ vom 12.07.2000) Auftrag erfüllt - und zwar gleich doppelt. Als der RAV4 von Toyota 1994 die neue Automobilgattung der FunCars gründete, hatte er eine ganz klare Vorgabe zu erfüllen: Er sollte seinen Käufern schon bei der Autofahrt in die Freizeit mindestens so viel Spaß bereiten, wie diese dann an ihren trendigen Hobbys haben. Das ist gelungen, denn wer einen RAV4 fährt, ist - glaubt man den Marketing-Strategen von Toyota - stolz auf sein Auto, weil es so modern, vielseitig und aktiv ist wie man selbst. Das hat den RAV4 zum Marktführer in der Nische der FunCars werden lassen - was wiederum den Kassenwarten des größten japanischen Autoherstellers große Freude bereitet.

Seine Spitzenposition hat der RAV4 über die Jahre seit seinem Erscheinen halten können, doch die Konkurrenz ist nicht nur größer, sondern auch besser geworden. So war es an der Zeit, die zweite Auflage des RAV4 zu entwickeln - und sie wird am 19. August zu den deutschen Händlern rollen.

Schon bei der ersten Betrachtung fällt auf, dass der Neue insgesamt deutlich an Statur gewonnen hat. Zwar sind die Längenmaße (3,81 Meter beim Dreitürer und 4,20 Meter bei der fünftürigen Version) gleich geblieben, aber vor allem durch den um acht Zentimeter verlängerten Radstand und die neu gestaltete Frontpartie wirkt der RAV4 markanter und frischer als Konkurrenten wie der Mitsubishi Pajero Pinin, der Rover Freelander, der Suzuki Vitara oder der Honda HR-V. Die großen, schräg geschnittenen Scheinwerfer, die ausgestellten Kotflügel und die üppig dimensionierten Lufteinlassöffnungen ergeben eine bullige Erscheinung, was sich auch von der Seitenansicht (hier dominieren die schwungvoll gestaltete A- und die breite B-Säule) sagen lässt. Das an der Hecktür befestige Reserverad, dessen Abdeckung bei den meisten Versionen in der Karosseriefarbe lackiert ist, gibt dem RAV4 einen rustikalen Einschlag.

Doch der RAV4 wird wohl eher auf der Strandpromenade bewegt werden als auf Schotter oder Geröll - obwohl er durch seinen permanenten Allradantrieb durchaus für schwierigeres Terrain gerüstet wäre. Das haben offenbar auch die Marketing-Experten erkannt und sogleich eine neue Nische in der Nische ausgemacht. Vom nächsten Frühjahr an wird der RAV4 auch in einer Variante ohne Allradantrieb erhältlich sein - und es damit dem Suzuki Jimny gleich tun. Diese Version richtet sich an eine jüngere Klientel, die die 4Wheel-Technik nicht braucht, bezahlen will oder kann. So liegt der Preis für den günstigen RAV4 bei 34 500 Mark, wer auf zwei angetriebene Achsen nicht verzichtet, muss mindestens 41 300 Mark aufbringen.

4×2 braucht weniger Kraft

Gerechnet haben offenbar auch die Techniker, etwa nach dem Motto: "4×2 ergibt weniger als 4×4 und deswegen sparen wir uns ein paar PS. " So wird die Version, die aussieht wie ein Geländewagen, aber keiner ist, von einem 1,8-Liter-Vierzylindermotor befeuert, der 92 kW (125 PS) an die Hinterachse abgibt, während sich bei der Allradvariante Vorder- und Hinterachse die von einem 2,0-Liter-Motor erwirtschafteten 110 kW (150 PS) teilen müssen. Doch die Fahrleistungen sind für beide Modelle völlig ausreichend: Der Kleine schafft maximal 175 km/h, der Große ist zehn Stundenkilometer schneller. Die Beschleunigungswerte von Null auf 100 km/h betragen 12,2 und 10,6 Sekunden. Dafür bescheidet sich der RAV2, wie man ihn konsequenterweise nennen könnte, mit einem Durchschnittsverbrauch von 7,4 gegenüber 8,8 Liter Super auf 100 Kilometer.

Bei ersten Fahrten zwischen Reitrain und Bayerwald überzeugte vor allem die Drehfreudigkeit des Motors - und den Technikern ist eine hervorragende Geräuschdämmung gelungen, die auf Pkw-Niveau liegt. Diesen Anspruch erfüllt auch das Fahrwerk in einer Art und Weise, wie sie nur von wenigen Geländewagen erreicht wird. Auch auf schlechtem Straßenbelag trampelt und rumpelt der RAV4 nicht, wie man dies von vielen Geländewagen her kennt.

Einige RAV-inierte Details sind Toyota bei der Gestaltung des Interieurs eingefallen: Die Rücksitze lassen sich um 15 Zentimeter nach vorne oder hinten verschieben, was bei einem Kofferraumvolumen von 150 Litern (Dreitürer) sehr hilfreich ist - oder man baut die Rücksitze gleich ganz aus, was leicht und ohne Werkzeug zu bewerkstelligen ist. Weniger gut ist, dass der Drehzahlmesser den Tachometer aus der Mitte der Instrumenteneinheit verbannt hat. Das mag sich vielleicht Porsche leisten können, für ein normales Auto ist es einfach unpraktisch, nicht auf einen Blick erkennen zu können, wie schnell man unterwegs ist. Die Verarbeitung scheint durchwegs gut zu sein, nur von einem "Premiumcharakter der verwendeten Materialen", so Toyota, zu sprechen, scheint so übertrieben wie die Behauptung, amerikanische Schnellimbissketten seien der Hort der Tischkultur. Das hat der RAV4 auch gar nicht nötig.

Von Otto Fritscher

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: