Toyota Auris 2.0 D-4D:Und wie steht es mit der Aura?

Toyota schickt ein Goldstück in die hart umkämpfte automobile Kompaktklasse: Der Name des Auris ist abgeleitet vom lateinischen "Aurum" (= Gold). Ob er für Toyota zur Goldgrube wird, liegt allerdings in den Sternen.

Von Jürgen Wolff

So richtig weiß man wohl selbst bei Toyota nicht, wo in der hauseigenen Systematik man den Auris einordnen soll. Als Nachfolger für den Corolla? Ja. Aber: Der, mit 32 Millionen verkauften Fahrzeugen weltweit ein Renner und Toyotas erfolgreichstes Modell, wird weiter gebaut. Nur nicht mehr für Europa. Außer als Stufenheck-Limousine. Und auch das dann nicht in Deutschland. Da aber doch noch als Corolla Verso. Der aber künftig nur noch Verso heißen soll. Wenn wir das alles so richtig verstanden haben.

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Toyota schickt den Auris in die hart umkämpfte automobile Kompaktklasse.

(Foto: Foto: Toyota)

Ansonsten lassen wir es einfach bei der Zusammenfassung von Toyota-Pressechef Wolf-Henning Fanslau: "Der Auris ist nicht der neue Corolla, der Auris ist der neue Toyota." Zumindest am zweiten Halbsatz besteht kein Zweifel.

Warum der ganze Kraftakt? Ganz offensichtlich, weil Toyota in Deutschland Probleme mit dem Image des Corolla sieht. Kaum einer, der ihn nicht kennt, zumindest dem Namen nach. Aber kaum auch einer, der ihn nicht für einen fürchterlichen Langweiler hält. "Der Corolla ist nicht sehr begehrlich für die Leute", geben selbst Toyotas Marketingexperten zu. Zeit also für das, was sie "eine völlige Neuposition in der Kompaktklasse" nennen. Ziel sei es gewesen, nach dem zu biederen Corolla "ein emotionales Auto" zu kreieren. Klar. Und: "Der Auris hat eine große Bedeutung für Toyota."

Keine Flugzeuge im Bauch

Ob er ihr in Sachen Emotion gerecht werden wird, sei zumindest mal bezweifelt. Der Auris bringt zwar zum Beispiel im Innenraum viele gute Ideen und sogar eine ebenso mutige wie gelungene Formensprache mit. Er ist bis ins Detail durchdacht und rundherum ein technisch nahezu perfekter Konkurrent für Golf & Co. Nur das mir den großen Emotionen - das hat irgendwie noch nicht so ganz geklappt. Wer sich den Auris von außen anschaut, der wird sich nicht mit Grausen wenden - aber auch keine Flugzeuge im Bauch kreisen spüren.

Der im südfranzösischen Designzentrum der Japaner gezeichnete und in Großbritannien und der Türkei gebaute Auris sieht nicht viel weniger konservativ aus als der Corolla. Oder der Golf. Ein bisschen pummelig von vorn und hinten, nicht wirklich dynamisch in der Seitenansicht, trotz des sich nach hinten verjüngenden Fensterbandes. Man sieht ihm sofort an, dass er praktisch ist. Platz hat. Ausgezeichnet verarbeitet ist. Vernünftig. Aber keiner, der die großen Emotionen weckt.

Innen haben es die Designer dagegen in weiten Teilen geschafft, Vernunft und Emotion zusammenzubringen. Gestartet wird per Knopfdruck (und man weiß spätestens jetzt schon nicht so recht: Wohin mit dem Fahrzeugschlüssel?). Der Diesel nagelt los - dezent, aber auch nicht unbedingt leiser als bei der gehobenen Konkurrenz.

Stil und Praxis

Der erste Blick bleibt an der Mittelkonsole hängen, an der die Toyota-Designer ganze Arbeit geleistet haben. Wie eine Bogenbrücke entspringt sie aus dem Wagenboden zwischen den Vordersitzen, bezieht formal die Handbremse als Gestaltungselement mit ein, weitet sich um den nach Van-Art hoch neben dem Lenkrad positionierten Schalthebel und läuft im Armaturenbrett aus.

Die beiden großen Rundinstrumente direkt vor dem Fahrer sind mit die besten, die wir in der Kompaktklasse je gesehen haben: Die digitalen Anzeigen für Tankinhalt, Wassertemperatur, Kilometerzähler & Co. sind in den Naben von Tacho und Drehzahlmesser positioniert und perfekt ablesbar. Alles wirkt hochwertig und gut verarbeitet, die Oberflächen sind angenehm strukturiert.

Platz bietet der 4,22 Meter lange und 1,76 Meter breite Auris reichlich - nicht zuletzt dank des Radstands von 2,60 Metern und des fehlenden Mitteltunnels. Die Sitze vorne sind ebenso wie die Lenksäule vielfach verstellbar - allerdings ist der Seitenhalt allenfalls durchschnittlich - und die Sitzfläche für größere Fahrer zu kurz.

Und wie steht es mit der Aura?

Hinten sitzen die Passagiere nicht minder üppig - auch wenn wie üblich der mittlere Sitz nicht gerade Begehrlichkeiten weckt. Lange Strecken? Kein Problem. Vor allem die Kopffreiheit auf allen Sitzen ist lobenswert - mit 1515 Millimetern ist der Auris einer der höchsten Wagen in der Kompaktklasse. Der Kofferraum fasst üppige 354 Liter. Werden die Rücksitze (im Verhältnis 60:40) zusammengeklappt, stehen bis zu 1335 Liter zur Verfügung. Allerdings ist dann der Ladeboden nicht eben, sondern steigt ab Unterkante Rückenlehnen leicht schräg an.

Motoren im Mittelmaß

Zum Start am 3. März kommt der Auris mit vier Motoren im Angebot zu den Händlern: zwei Ottos und zwei neu entwickelte Diesel. "Volumenmotor" dürfte dabei der 2.0-Liter-Diesel werden. Der zeigt sich laufruhig, kultiviert und kräftig. Toyota spricht von einer besonders intensiven Geräuschdämmung. Aber davon ist beim Fahren nicht viel zu merken. Der Motor ist leise - aber eben nicht unbedingt leiser als die entsprechenden Aggregate der meisten Konkurrenten.

Die Fahrwerte des Common-Rail-Diesel liegen ebenso im klassenüblichen Bereich: Aus 1998 cm³ Hubraum holt Toyota 93 kW/126 PS und ein Drehmoment von 300 Nm ab 1800 U/min. Das ist gut für eine Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h und eine Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 10,3 Sekunden - eine Sekunde mehr als beim hubraumgleichen Golf TDI. Der ist mit 5,4 Litern Diesel auf 100 Kilometern dafür aber noch etwas genügsamer als der Auris mit seinen 5,7 Litern. Trotzdem: Die Fahrleistungen des Auris reichen allemal für eine flotte Gangart.

Mit der wird das gutmütige Fahrwerk denn auch spielend fertig. Der Toyota rollt ruhig und gleichmäßig, filtert auch gröbere Unebenheiten auf der Fahrbahn gelassen weg und ist trotzdem ausreichend straff eingestellt, um auch etwas flotter voran zu kommen. Ein ausgesprochener Sportler ist der Auris dennoch nicht. Wer zu schnell in die Kurve geht, der wird frühzeitig von der Elektronik "eingeregelt".

Preislich gut positioniert

Die Gangschaltung liegt auf der Mittelkonsole etwas gewöhnungsbedürftig hoch - ist aber schnell und präzise durch alle sechs Stufen zu schalten. Wann es Zeit zum Schalten wird, signalisiert eine auf sparsamen Verbrauch getrimmte Anzeige vor dem Fahrer.

Preislich bewegt sich der Auris mit einer Einstiegsnotierung von 15.200 Euro für den günstigsten 1,4-Liter-Benziner im unteren Mittelfeld seiner Klasse. Ein entsprechender Golf kostet knapp 1000 Euro, ein 1,4-Liter-Opel-Astra über 1500 Euro mehr. Ein vergleichbarer Ford Focus ist gut 200 Euro preiswerter. Der 2,0-Liter-Diesel steht mit mindestens 19.050 Euro in der Liste, der in etwa kompatible Golf 2.0 TDI mit 21.800 Euro.

Dafür allerdings kommt der Auris schon serienmäßig mit einer ziemlich kompletten Ausstattung. Entsprechend knapp ist die Aufpreisliste. Ein Partikelfilter kommt serienmäßig mit. Günstig ist die Versicherungseinstufung. Dank reparaturfreundlicher Konstruktion schafft der Auris bei der Vollkasko die Klasse 12.

Also doch ein kleines Goldstück.

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