Suzuki Baleno:Die Alternative zum Kultauto

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Ein peppiges Gefährt mit kleinen Macken

(SZ vom 21.10.1995) Der Mensch stammt vom Affen ab. Und das merkt man: Männliches Imponiergehabe hat sich während der Evolution zum aufrechtgehenden Homo Sapiens kaum geändert. Während in der Steinzeit die besten Jäger bei den Damen angesagt waren, jagen die jungen Burschen der Neuzeit ihren Angebeteten in schmucken Kompaktklasse-Wagen mit quietschenden Reifen hinterher.

Mit dem Baleno, der Anfang des Jahres der Öffentlichkeit als Fließ- und Stufenheck präsentiert wurde, will Suzuki nun auch in diese hartumkämpfte Klasse einsteigen und damit das Golf-Syndrom - kennt jeder, hat jeder, fährt jeder - anfechten. Vor allem die dreitürige Variante des Baleno fällt durch ihre sportliche und runde Form auf. Die Damen der Neuzeit nehmen bekanntlich das Steuer selbst in die Hand: 'Oh, wie süß (mit sehr langgezogenem Ü), eine richtige kleine Knutschkugel', lautet dann auch der Kommentar im weiblichen Bekanntenkreis.

Dem japanischen Neuling mit wahlweise 1,3 Litern Hubraum (63 kW/85 PS bei 6000/min) oder 1,6 Litern mit 72 kW/98 PS bei 6000/min müssen dann auch einige Konkurrenz-Modelle auf der Autobahn Platz machen, deren Fahrer erst noch unwillig in den Rückspiegel geblinzelt haben. Auf eine Höchstgeschwindigkeit von 170 Stundenkilometer bringt es der Baleno. Ärgerlich erschien, daß der ansonsten angenehme Motor bei höheren Geschwindigkeiten und im oberen Drehzahlbereich relativ laut brummt.

Der Verbrauch von Normalbenzin beträgt im Drittelmix nach Herstellerangaben 6,6 Liter für die 1,3-Liter-Version und 7,0 Liter für das 1,6-Liter-Modell. Für diesen recht geringen Kraftstoffverbrauch sorgt die Multipoint-Einspritzung des Suzuki-Motors, die über das gesamte Drehzahlspektrum hinweg den Kraftstoff optimal dosiert und so auch für eine möglichst gleichmäßige Drehmomentabgabe sorgt. Beide Ausführungen verfügen übrigens über die Vierventil-Technik.

Parklückensuche leicht gemacht: Ein kleiner Wendekreis und die hydraulische Servolenkung (serienmäßig bei den Ausführungen 1.6 GS und 1.6 GLX) machen den Baleno für alle diejenigen sympathisch, denen Manöver auf engem Raum ausgesprochen unsympathisch sind. Das Fünf-Gang-Getriebe ist leichtgängig und präzise - nur beim Rückwärtsgang hakelt es bei unserem Vorführwagen.

Der Baleno eignet sich weniger als andere tiefergelegter Konkurrenten aus der Kompaktklasse, um der Angebeteten mit einem Kavalierstart zu imponieren - dieser Suzuki ist ein Auto, indem man sich ausgesprochen sicher und wohl fühlt. Dazu trägt auch die Optik ihren Teil bei: Die jung wirkende und wendige Fließheckvariante gefällt durch ihre Sportlichkeit. Etwas behäbiger scheint dagegen die Limousine mit kurzem Heck. Beide Modelle in der typischen Keilform sind mit getönten Scheiben ausgestattet und verfügen über Stoßstangen in der gleichen Lackierung wie die Karosserie. Alle Varianten sind serienmäßig mit Fahrer- und Beifahrerairbags, Seitenaufprallschutz sowie höhenverstellbaren Sicherheitsgurten ausgestattet.

An Kleinigkeiten, die das Leben angenehmer machen (elektrische Fensterheber), hat Suzuki nicht gespart - der Pferdefuß des Baleno liegt zumindest bei der Fließheckvariante jedoch an den ganz einfachen und wichtigen Dingen: So ist der Kofferraum mit 177 Litern Stauraum zu klein geraten, die Abdeckung liegt nur eine Handbreit über Bierkastenhöhe, auch in der Länge bleibt nicht allzuviel Stauraum, wenn sich die Rückbank auch mit wenigen Handgriffen umklappen läßt. Akrobatische Fähigkeiten müssen Baleno-Fahrer dann entwickeln, wenn sie nach dem Einkauf mit mehreren Taschen im Arm die Heckklappe öffnen wollen. Denn das geht nur mit einem Schlüssel - und eine Drucktaste ist nicht vorhanden.

Für Choleriker ungeeignet: Die Neigungseinstellung der vorderen Rückenlehnen kostet viele Nerven. Der gleiche Hebel dient nämlich auch dem Umklappen der Vordersitze für den Einstieg der Heckpassagiere. Jedesmal muß folglich die Lehnenneigung neu festgemacht werden - es sei denn, man möchte die Fahrt mit dem Kinn am Lenkrad fortsetzen.

Als Dreitürer kostet der Baleno je nach Ausstattung zwischen 19 980 und 23 750 Mark, der Preis für die viertürige Version liegt bei 21 980 Mark für den 1,3 GL und 25 350 Mark für das 1,6 GLX- Modell. Einen Kultstatus hat diese Auto noch nicht - aber es könnte sich zu einer interessanten Alternative zum Kultauto entwickeln.

Von Conny Schmergal

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