Stichtag 30. November:Günstige Kfz-Versicherungen gibt es nicht nur online

Unfallschild und Polizist bei einem Verkehrsunfall

Wer einen Autounfall zu bewältigen hat, weiß eine unkomplzierte Abwicklung seitens der Versicherung zu schätzen.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Es ist wieder Wechselsaison. Noch bis zum 30. November können Autobesitzer ihre Kfz-Versicherung kündigen und für 2018 zu einem anderen Anbieter wechseln.
  • Zwischen den Anbietern herrscht ein harter Kampf um die Kunden. Trotz starker Konkurrenz werden die Preise für Kfz-Policen wohl steigen.
  • Wenn sie einige Ratschläge beachten, können Verbraucher dennoch einen günstigen Tarif für ihre Autoversicherung ergattern.

Von Nina Nöthling

Die Werbung ist laut und grell, und kaum jemand entkommt ihr. Die Spots des Vergleichsportals Check 24 über die Werbefamilie Krüger flimmern aktuell über alle Kanäle. Bis zu 850 Euro können Autofahrer bei ihrer Kfz-Police sparen, so das Werbeversprechen. Rivale Verivox will nicht zurückstehen, wenn auch mit kleinerem Budget. Der Versicherer Huk-Coburg, in der Kfz-Versicherung Marktführer, antwortet mit Spots, die günstige Preise und Soforthilfe nach einem Unfall versprechen.

Die Intensität der Werbung zeigt: Es ist wieder Wechselsaison. Noch bis zum 30. November können Autobesitzer ihre Kfz-Versicherung kündigen und für 2018 zu einem anderen Anbieter wechseln.

Eigentlich müssten die Preise für Kfz-Policen in diesem Jahr sinken. Der Wettbewerb unter den Anbietern ist heftig. Besonders Marktführer Huk-Coburg und Hauptkonkurrent Allianz buhlen um Kunden. Der Münchner Versicherer war lange Zeit Marktführer auch in der Kfz-Versicherung. Aber ausgerechnet in der Kernsparte Kfz überholte ihn 2011 der fränkische Rivale Huk-Coburg bei der Zahl der versicherten Fahrzeuge. Das will die Allianz jetzt wieder ändern. Sie hat dem Konkurrenten den Kampf angesagt. Dafür haben die Münchner ihre Kfz-Policen überarbeitet. Einfachere Anträge, neue Mobilitätsgarantien und andere Zusatzleistungen sollen Kunden locken, mit Telefonaktionen, sehr viel Onlinewerbung und E-Mail-Kampagnen greifen die Münchener an.

Solche Branchenscharmützel wirken sich normalerweise positiv für die Versicherten aus - in Form von günstigeren Verträgen. Doch es gibt gegenläufige Trends. Aktuell müssen die Versicherer mit höheren Kosten für Ersatzteile fertigwerden. Denn scheinbar kleine Dellen an der Stoßstange oder Kratzer am Kotflügel gehen schnell richtig ins Geld. "In Stoßstangen und Außenspiegeln sind zunehmend Sensoren verbaut", weiß Andreas Kelb, Autoexperte beim Rückversicherer Hannover Rück. Das macht die Reparatur teuer. Bei Kotflügeln und anderen sichtbaren Autoteilen besteht außerdem das Problem, dass die Hersteller einen sogenannten Designschutz haben. Das heißt: Diese Ersatzteile müssen vom Originalhersteller bezogen werden. Der bestimmt den Preis - und langt hier zurzeit richtig zu.

Experten rechnen mit teureren Kfz-Versicherungen

So sind die Preise für eine Kofferraumklappe von Januar 2016 bis August 2017 um zwölf Prozent gestiegen, die für einen vorderen Kotflügel um 13 Prozent, hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) berechnet. Zwischen Januar 2013 und August 2017 - also in knapp fünf Jahren - erhöhten die Hersteller die Preise für eine Kofferraumklappe um durchschnittlich 30 Prozent. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Zeitraum um 3,4 Prozent. Für alle Teile errechnete der GDV für die fünf Jahre eine Steigerung um durchschnittlich 19 Prozent.

Die steigenden Kosten für Ersatzteile dämpfen den Preiskampf unter den Versicherern und könnten sogar dazu führen, dass die Preise anziehen. "Die Durchschnittspreise werden 2018 für die Kfz-Haftpflichtversicherung um ein bis zwei Prozent steigen", erwartet Kelb. In der Kaskoversicherung steigen die Preise sogar noch etwas mehr, da wird es kaum unter zwei Prozent abgehen. Das sei schon vorsichtig geschätzt, die Preiserhöhung könnte auch noch höher ausfallen.

Wer genau hinschaut, kann aber trotz steigender Preise noch ein Schnäppchen machen. "Am meisten kann derjenige sparen, der noch nie gewechselt hat", sagt Annika Krempel, Versicherungsexpertin beim Onlineportal Finanztip. In Deutschland sind das immerhin 33 Prozent.

"Kein Portal bietet immer den besten Preis"

Einen ersten Eindruck über die Preisunterschiede im Markt verschaffen Vergleichsportale wie Check 24 und Verivox. "Man darf aber nicht vergessen, dass diese Portale weder unabhängig noch vollständig sind", warnt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Die Portale bekommen Provisionen oder nehmen Gebühren dafür, dass sie Tarife aufführen.

Außerdem ziehen sich einige Versicherer zurück. Zuletzt hatte Huk-Coburg angekündigt, gar nicht mehr über Plattformen zu verkaufen. Der Versicherer war ohnehin nur noch bei Verivox vertreten.

Bei einem Test von Finanztip mit 32 Musterfällen hatten Vergleichsportale bei weniger als der Hälfte der Fälle den günstigsten Tarif. "Kein Portal bietet immer den besten Preis", sagt Krempel von Finanztip. Check 24 hatte 14 Mal den günstigsten Tarif im Angebot, Verivox und Ino 24 lagen nur in acht Fällen vorn. Am schlechtesten schnitt Autoversicherung.de ab mit nur sechs Mal. Allerdings hat Finanztip hier auch eigene Interessen: Das Unternehmen empfiehlt online selbst Portale wie Check 24 und Versicherer und kassiert dafür eine Gebühr von ihnen, wenn die Kunden auf den Link klicken.

Kaum noch Preisvorteile bei Direktversicherern

Die früher bestehenden großen Preisunterschiede zwischen Direktversicherern, die nur per Telefon oder Internet verkaufen, und solchen mit einem eigenen Außendienst aus Vertretern oder mit Vertrieb über Versicherungsmakler sind verschwunden. Das liegt vor allem daran, dass der Vertrieb über das Internet auch nicht gerade billig ist - er kostet oft ebenso viel wie der über menschliche Verkäufer.

Wer in der Suchmaschine Google die Suchwörter Autoversicherung oder Kfz-Versicherung eingibt, findet ganz oben auf der Seite vier Einträge, die mit dem kleinen Wort "Anzeige" gekennzeichnet sind. Diese Anzeigenplätze versteigert Google unter Versicherern und Portalen. Sobald ein Kunde hier klickt, klingelt bei Google die Kasse. In der heißen Phase der Wechselsaison können die Preise 15 Euro erreichen - pro Klick, wohlgemerkt, nicht pro Vertragsabschluss. Da für einen einzigen Abschluss eine zweistellige Zahl von Klicks nötig ist, fallen hohe Abschlusskosten an.

Die meisten Versicherer haben kaum Alternativen. Sie haben keine Chance, selbst im nennenswerten Umfang Online-Abschlüsse auf ihren Webseiten zu gewinnen, sie sind einfach zu unbekannt. Es gibt nur wenige Ausnahmen wie die Huk-Coburg mit der Direkttochter Huk 24, die Allianz oder die Generali-Tochter Cosmos Direkt.

Alle anderen müssen sich entscheiden: Wenn sie Kfz-Kunden gewinnen oder zumindest ihren Marktanteil halten wollen, müssen sie entweder Provisionen an Check 24 und andere Portale oder die hohen Anzeigenpreise an Google zahlen. Sie könnten auch versuchen, mit Fernsehwerbung so bekannt zu werden, dass die Kunden direkt auf ihre Seite kommen und nicht den teuren Umweg über Google oder Check 24 machen. Doch die wenigsten Versicherer haben die nötige Größe, damit die TV-Werbemillionen sich lohnen.

Bestes Druckmittel: der günstigere Preis eines Konkurrenten

Für die Kunden heißt das: Wer einzelne Versicherungs-Webseiten in seine Preissuche einbezieht, kann möglicherweise ein echtes Schnäppchen finden. Die besten Chancen, den günstigsten Preis zu finden, haben Fahrzeughalter, wenn sie zusätzlich zu einem Portal auch bei einem Direktversicherer Preise abfragen, berichtet Finanztip-Expertin Krempel. Bei einer Kombination von Check 24 und Hannoversche Direkt bekamen die Tester von Finanztip in 26 von 32 Fällen den besten Preis heraus.

Oft lohnt es sich, den günstigeren Preis als Druckmittel zu nutzen. "Wer einen besseren Tarif findet, aber eigentlich nicht wechseln will, sollte mit dem eigenen Versicherer sprechen", empfiehlt Finanztip-Geschäftsführer Hermann-Josef Tenhagen. Viele Unternehmen sind bereit, dem Kunden entgegenzukommen.

Der größte Kostentreiber ist der unbekannte Fahrerkreis. Wer beim Abschluss einer Police angibt, dass auch andere Personen den Wagen fahren, ohne diese namentlich zu nennen, zahlt im Schnitt doppelt so viel wie für einen einzelnen Fahrer. Wer hingegen seinen Lebenspartner oder andere Nutzer angibt, zahlt deutlich weniger.

Fahrzeughalter können außerdem im Schnitt 21 Prozent sparen, wenn sie die Prämie jährlich statt monatlich bezahlen, sagt Tenhagen. Bei dem Preisunterschied spielt allerdings nicht nur der Aufschlag für die Ratenzahlung eine Rolle. Viele der günstigen Tarife werden nicht mit monatlicher Zahlung angeboten, erklärt er. In Deutschland zahlen mit 44 Prozent nur knapp die Hälfte der Autofahrer die Prämie jährlich.

Was Versicherungswechsler keinen Fall tun sollten

Verbraucherschützerin Boss empfiehlt, erst eine neue Police abzuschließen, bevor die alte gekündigt wird. "Sonst steht man nachher möglicherweise ohne Versicherungsschutz oder mit einer sehr hohen Selbstbeteiligung da." Versicherer müssen Kunden zwar eine Haftpflichtpolice verkaufen, ist ihnen das Risiko aber zu hoch, erhöhen sie den Selbstbehalt.

Eine Kasko-Police kann der Versicherer sogar ganz ablehnen. "Gerade Menschen mit teuren Autos sollten vorher überprüfen, wie schwierig es ist, eine neue Versicherung zu bekommen", rät Boss. Die Deckungssumme sollte mindestens 100 Millionen Euro betragen. Gerade Personenschäden erreichen schnell Millionenbeträge.

Außerdem sollte der Versicherer auf den "Einwand auf grobe Fahrlässigkeit" verzichten. Tut er das nicht, kann er im Schadenfall die Zahlung verweigern, wenn der Fahrer beispielsweise über eine rote Ampel gefahren ist, erklärt sie. "Die meisten Versicherer verzichten."

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