Solarboote in Deutschland:Mit Sonnenkraft gegen Windmühlen

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Solarboote erzeugen ihre Energie selbst, fahren geräusch- und emissionslos und haben schon die Welt umrundet. Doch sture Bürokratie in Deutschland bremst die fortschrittlichen Schiffe oft aus.

Martina Scherf

Wäre es keine wahre Geschichte, man würde glauben, ein Wiedergänger Störtebekers wollte die Hamburger Behörden aufmischen. Doch Mikel Moon ist kein Rabauke, sondern ein friedliebender, freundlicher Zeitgenosse. Alles, was er und seine Mitstreiter vom Umweltverein Green Life wollten, war, mit einem kleinen Solarboot die Alster zu befahren - ehrenamtlich, um die Solaridee zu fördern. Ein Jahr lang durften sie das auch, zu Ehren der europäischen Umwelthauptstadt Hamburg. Sie luden Schulkinder und Bürger ein, um an Bord über erneuerbare Energien und Alsterökologie zu diskutieren. Doch kaum war das Jahr um, war auch die Betriebserlaubnis für die Solaris weg. Es seien genug Motorboote auf der Alster, hieß es. Dabei fährt die sieben Meter lange Solaris vollkommen geräusch- und emissionslos.

Eine Posse aus der stolzen Hansestadt, doch auch ein Beispiel, wie schwer es mobile Solarenergie noch immer hat. Die Geschichte fand ein kurioses Ende: Vorübergehend durften die Umweltfreunde noch paddeln, aber ihren E-Motor nicht mehr nutzen - laut Alsterschifffahrtsverordnung dürfen nur maschinengetriebene Fahrzeuge den Fluss befahren, die auch als Bergungsboot einsetzbar sind. Dann musste die Solaris die Alster ganz verlassen, aber nicht etwa aus eigenem Antrieb: Um den Paragrafen Genüge zu tun, musste sie sich von einem benzingetriebenen Schiff in die Elbe zur Verladestelle schleppen lassen.

"Das ist absurd"

"Absurd", findet Moon das, "auf der anderen Seite betreiben sie einen Dampfer, dessen Treibstoff aus Leuna geholt wird." In der Tat: Seit 2008 fährt ein Ausflugdampfer der Alstertouristik mit Wasserstoff. Ein Interessenverband hatte es geschafft, Fördermittel der Europäischen Union lockerzumachen. Für insgesamt 5,5 Millionen Euro wurde das Projekt "Alsterwasser" ins Leben gerufen. Das Schiff tankt alle drei Tage an einer eigens errichteten Tankstelle in Barmbek.

"Solarschiffe erzeugen ihren Strom selbst - was gibt es Einfacheres?", sagt Kurt Sigl aus Ingolstadt. Über die Hamburger Geschichte kann er nur den Kopf schütteln, dabei hat er selbst schon einiges erlebt im Kampf mit Behörden, seit er 2009 den Bundesverband Elektromobilität gegründet hat. Mal geht es um die Steuer, die sich nach Hubraum bemisst, mal um die Frage, wo eine Ladesäule stehen darf. "Alle reden von Energiewende, doch wenn wir Modelle im Alltag nicht erproben können, kommen wir nicht voran", ist er überzeugt.

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Als die Schweizer Crew mit ihrem Katamaran "Turanor Planet Solar" im Frühjahr von ihrer Weltumrundung zurückkehrte - ohne einen Tropfen Diesel gebraucht zu haben, ohne irgendein Maschinenproblem -, horchte die Branche auf. Wenn ein Solarschiff Tiefdruckgebiete auf dem Ozean bezwingt, dann muss die Technik auch für Binnenseen tauglich sein? "Natürlich ist sie das", sagt Bernd Knöpfle, technischer Leiter der Firma Kopf Solardesign in Sulz am Neckar, "wir haben längst bewiesen, dass es funktioniert." Die Schwaben sind Pioniere im Solarbootbau. Sie haben Schiffe verschiedener Größen gebaut für bis zu 150 Passagiere. Ihre Helio läuft seit zwölf Jahren als Fähr- und Charterschiff auf dem unteren Bodensee, Passagiere sind beeindruckt von der Eleganz ihres mit Fotovoltaikzellen bestückten Glasdachs, die Betreiber schätzen die Zuverlässigkeit. Im Vergleich zu einem vergleichbaren konventionellen Schiff spart der Katamaran nach Firmenangaben etwa 3400 Kilogramm CO2-Ausstoß und 400 Liter Diesel im Jahr. Mittlerweile sind Schwesterschiffe in Hamburg, Hannover und Heidelberg unterwegs. Wartungskosten fallen bei Elektromotoren keine an. Lediglich die Batterie muss nach etwa acht Jahren ausgetauscht werden. Die Effizienz steigert sich von Jahr zu Jahr. Beim Umbau des Solarschiffs habe man acht Tonnen Bleibatterien aus-, dafür nur 800 Kilogramm Lithium-Ionen-Batterien eingebaut, sagt Knöpfle, und trotzdem mehr Effizienz erhalten. Sieben Tonnen weniger Gewicht und eine Ladezeit von nur noch 3,5 Stunden hat auch die Reichweite erhöht.

Auch im Nationalpark auf dem Königssee sind Elektroboote unterwegs, sie werden allerdings mit billigem Nachtstrom geladen. Die restliche Flotte der Bayerischen Seenschifffahrt fährt mit Diesel. Größe und Geschwindigkeit der Linienschiffe (die MS Starnberg hat eine Leistung von 800 Kilowatt) schließen die Umrüstung auf Elektroantrieb aus, sagt Geschäftsführer Walter Stürzl. Dabei sind Geschwindigkeiten von 18 km/h auch für große Elektroschiffe kein Problem mehr. Allerdings handelt es sich dann um Zweirümpfer mit wenig Verdrängung und leichter Bauweise. Auch reicht bei großen Fahrgastschiffen die Dachfläche nicht, um die Energie selbst zu erzeugen. Für die Solaris der Berliner Firma Solarwaterworld gibt es trotzdem eine Zukunft in Bayern. Nächstes Jahr darf sie zur Umweltmesse in Landshut die Isar befahren.

© SZ vom 08.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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