Skoda Superb:Das Ring-Taxi

Der neue Škoda Superb bietet viel Vernunft fürs Geld, doch leider ist auch er vom Dynamikwahn erfasst.

Georg Kacher

Seit seinem Debüt 2001 war der Superb der heimliche Poster-Held in den Schlafzimmern tschechischer Taxifahrer, ukrainischer Mietwagenunternehmer und slowakischer Limousinenservices. Schließlich konnte der bieder gekleidete Škoda - technisch gesehen ein verlängerter Passat - vom ersten Tag an einen Raumvorteil ins Feld führen, der unter den Stammgästen der Fondpassagiere die Legendenbildung unaufhaltsam vorantrieb. In Verbindung mit den günstigen Anschaffungspreisen und Unterhaltskosten kam der Superb über die Laufzeit auf mehr als 130.000 verkaufte Einheiten.

Skoda Superb: Heck-Meck: Während sich der neue Škoda Superb von vorn harmonisch gibt, herrscht von hinten eher Rätselraten - wie konnte das passieren? Die inneren Werte sind aber unbestritten.

Heck-Meck: Während sich der neue Škoda Superb von vorn harmonisch gibt, herrscht von hinten eher Rätselraten - wie konnte das passieren? Die inneren Werte sind aber unbestritten.

(Foto: Foto: Skoda)

Den Proportionen fehlt es an Ausgewogenheit

Ab Juli wartet jetzt die zweite Generation des Superb darauf, mit Taxametern ausgerüstet zu werden oder in den Signalfarben einer Droschkenflotte vom Band zu laufen. Als Schönling dürften ihn nur die wenigsten Fahrgäste in Erinnerung behalten.

Die sogar intern ungeliebten Hecks des Superb II und des neuen Fabia Combi haben der Marke einen neuen Designer beschert. Jozef Kaban entwarf den Bugatti Veyron und diverse Audi, ehe er in Mlada Boleslav anheuerte, wo ein MPV, eine kompakte Stufenhecklimousine und ein neuer Kleinwagen bereits darauf warteten, eingekleidet zu werden.

Die Front wirkt markant und erwachsen, doch die Seitenansicht trägt koreanisch-anonyme Züge, und das Heck erinnert an die Renault Mégane Limousine der ersten Serie. Den Proportionen fehlt es an Ausgewogenheit, denn der Wagen ist lang (4,84 Meter), relativ hoch (1,46 Meter) und fast eine Handbreit zu schmal (1,8 Meter). Das Königsmaß ist auch diesmal der Radstand (2,76Meter), der dafür sorgt, dass hier vier Personen grundsätzlich erster Klasse unterwegs sind.

Das Ring-Taxi

Anfang 2009 startet der Superb II als Combi - gefälliger, noch geräumiger, größenmäßig zwischen Passat Variant und Mercedes R-Klasse angesiedelt. Gemeinsam sollen Limousine und Combi den Absatz von 20.000 auf 40.000 Stück verdoppeln. In der Spitze will Škoda sogar 50.000 Superb-Modelle pro Jahr verkaufen.

Simply Clever - ein Slogan ist Programm

Als wichtigste Innovation preist man in Prag das Twindoor-Konzept, das aus dem Viertürer auf Knopfdruck einen Fünftürer macht. Im Normalfall reicht aber der Griff zum Kofferraumdeckel, um sich Zugang zum 565 Liter großen Gepäckabteil zu verschaffen. Doch wenn es um den Transport von größeren Gegenständen geht, kann man die große Klappe samt Heckscheibe öffnen. Bei gleichzeitig umgelegten Rücksitzen schluckt der Kleinlieferwagen 1670 Liter. Twindoor klingt gut, und auch an der Funktionalität gibt es nicht viel auszusetzen. Aber ob der Nutzwert das höhere Gewicht und das Kosten-Handikap aufwiegt, steht auf einem anderen Blatt.

Die Ausstattungsvarianten heißen Comfort, Ambition und Elegance. Im 22.990 Euro günstigen Basismodell hält sich zwar das Verwöhnaroma in Grenzen, doch der Platz reicht für ausgedehnte Gruppengymnastik, die Bedienung ist intuitiv geblieben, und die Qualität hat bis in die hinterste Ecke VW-Niveau.

Wer glaubt, dass Škoda Innovationen verspätet einführt, wird angenehm enttäuscht. Im Superb II gibt es auf Wunsch 4Motion und das aktuellste DSG-Getriebe mit sieben Stufen, eine besonders sparsame und abgasarme Greenline-Ausführung, das Festplatten-Navi mit großem Farbmonitor, eine liebevoll inszenierte Innen- und Außenbeleuchtung sowie das intelligente Lichtsystem mit Bi-Xenon-Scheinwerfern. Wie intelligent? Genug, um zum Beispiel in Dover beim Wechsel vom Rechts- zum Linksverkehr automatisch das asymmetrische Abblendlicht auf den anderen Fahrbahnrand umzupolen. Simply clever - hier wird ein Slogan zum Programm.

Das Ring-Taxi

Der Kunde kann zwischen sechs verschiedenen Motorisierungen wählen. Im Angebot sind drei Benziner (1.4 TFSI, 92 kW/ 125PS; 1.8TFSI, 118 kW/ 160 PS; 3.6VR6 4Motion, 191 kW/260 PS) und drei Diesel (1.9 TDI, 77 kW/ 105PS; 2.0 TDI, 103 kW/ 140 PS; 2.0 TDI, 125 kW/ 170 PS).

Wir fuhren den stärksten TDI, der dank Umstellung auf Common-Rail-Einspritzung leiser und sanfter läuft. Außerdem tischt er mit 350 Nm schon zwischen 1750 und 2500 U/min exakt so viel Drehmoment auf wie der vergleichsweise durstige VR6. Als handgeschalteter Fronttriebler beschleunigt der 170 PS starke Superb in 8,8 Sekunden von null auf 100km/h, ist 222 km/h schnell und verbraucht im Schnitt 6,7 l/100km. DSG und Allrad sind gegen Aufpreis verfügbar.

Die Federung enttäuscht

Gut gefallen haben uns die sämige Kraftentfaltung des bulligen TDI- Motors, die präzise und sauber gewichtete Lenkung, die ordentlichen Bremsen und die - speziell in Verbindung mit den optionalen 18-Zöllern - unerschütterliche Straßenlage. Weniger begeisternd: die deutlichen Antriebseinflüsse, der Poltergeist im Fahrwerk sowie die zu lauten Wind- und Abrollgeräusche (vor allem im Fond).

Nicht akzeptabel: der mal steife, mal spröde und dann wieder brettharte Federungskomfort. Schon auf mäßig schlechten Straßen enttäuscht der Superb durch hölzernes Ansprechverhalten, fehlende Geschmeidigkeit selbst auf längeren Wellen, die unvermittelt zittrige Vorderachse und eine ausgeprägte Aversion gegen Querfugen und Kanaldeckel. Schade, aber leider kein Einzelfall, denn der grassierende Dynamikwahn hat inzwischen selbst so eingefleischte Komfort-Verfechter wie Renault und Peugeot erfasst. Auch der Superb II hätte besseres verdient als diesen falsch verstandenen Nürburgring-Ehrgeiz, der die Lust am souveränen Gleiten schon im Keim erstickt.

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