Showcars von VW und Audi:Der Stuss vom Wörthersee

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Wenn die Reifen qualmen: VW und Audi stellten am Wörthersee in Kärnten zwei Showcars vor, die vor allem eines zeigten - eine Geisteshaltung im Rückwärtsgang.

Günther Fischer

Showcars haben in der Regel nur eine Funktion: Sie fungieren als Technologieträger und sollen zeigen, wie eine mögliche Zukunft eines Autos aussehen könnte. Im besten Fall wirken sie so faszinierend, dass etwas von ihrem Glanz auch auf die Alltagsmodelle eines Herstellers abstrahlt.

Ist es das, was die Welt braucht? Einen Golf GTI mit 12 Zylindern und 650 PS? (Foto: Foto: VW)

Was aber haben die Firmen Volkswagen und Audi gerade eben präsentiert? VW einen tiefergelegten Golf GTI mit der Bezeichnung W12-650 - was natürlich für 12 Zylinder und 650 PS steht. Ausgestattet mit überdimensionierten Lufteinlässen vorne und seitlich sowie 19-Zoll-Reifen, die von der schneidend-scharf aussehenden Felge namens "Detroit" verziert werden. Eine aggressiv aussehende PS-Schleuder also, ein Potenz-Ersatzmittel, ein Auto, das wie aus der Zeit gefallen wirkt. Nicht viel anders Audi: Das Ingolstädter Showcar TT clubsport quattro bietet ebenfalls alles, was ein Auto böse wirken lässt - gierige Luftschlitze, 20-Zoll-Räder, breitere Radhäuser, eine extrem niedrig gehaltene Windschutzscheibe und natürlich einen Motor mit 300 PS.

Es passt ins Bild, dass beide Showcars am Wörthersee im österreichischen Kärnten gezeigt wurden - beim Jahrestreffen der Hardcore-Fans, der eingefleischten Golf-GTI-Fahrer. Ein Treffen, das sich in der Vergangenheit in der Regel durch brüllende Motoren, Ampelstarts mit qualmenden Reifen, regelmäßige Verkehrsübertretungen, knapp geschürzte Groupies, achtlos herumfliegende Bierdosen und eine erboste Bevölkerung ausgezeichnet hat.

Was nicht ins Bild passt, ist die Tatsache, dass sich der größte deutsche Automobilkonzern in einem solchen Umfeld präsentiert. In einer Zeit, in der die meisten Menschen von diffusen Ängsten umgetrieben werden - Feinstaub, Klimaerwärmung, CO2-Diskussion - , wirken PS-getriebene Auftritte wie der am Wörthersee sehr überholt.

Visionen, und auch die sollten Showcars ein Stück weit repräsentieren, müssen anders aussehen. Es kann nicht reichen, nur das ingenieurtechnisch Machbare auf die Spitze zu treiben. Wir brauchen keinen 12-Zylinder-Golf, der in 3,7 Sekunden von Null auf Tempo 100 rennt.

Was wir brauchen, sind Ideen, wie unsere Mobilität von morgen aussehen könnte. Und wie es scheint, hat sich der VW-Konzern von solchen Gedanken weit entfernt - das 1-Liter-Auto und der 3-Liter-Lupo wirken plötzlich ganz weit weg. Vielleicht liegt es daran, dass Ferdinand Piech bereits 70 Jahre alt ist, sein Firmenchef Martin Winterkorn gerade seinen 60. Geburtstag gefeiert hat. Ist es die Autowelt von gestern, die sie repräsentieren?

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