Selbstfahrende Autos:Schneller als das Recht

Mercedes-Benz S500 Inteligent Drive TecDay Autonomous Mobility Sunnyvale 2014

Es dauert nicht mehr lange, dann fahren Autos wie diese Mercedes S-Klasse von selbst. Doch viele Probleme sind noch ungelöst.

(Foto: Daimler AG)

Autos werden intelligenter und zunehmend miteinander vernetzt. Doch wie mit den dabei erhobenen Daten umgegangen werden soll, überfordert die Gesetze. Rechtsexperten fürchten schon eine Totalüberwachung.

Von Thomas Fromm

Die Werbeslogans großer Konzerne sind schon deswegen interessant, weil sie eine Menge über die Selbstwahrnehmung dieser Unternehmen sagen. Daimler wirbt mit "Das Beste oder nix", bei BMW geht es um "Freude am Fahren" und Audi - ja, Audi beschwört seinen "Vorsprung durch Technik". Das mit dem Vorsprung durch Technik ging ja lange gut, weil es ja nur um Motoren ging, um Antriebe, um alles das, was sich unter der Motorhaube abspielte. Seit einiger Zeit aber reicht das nicht mehr. Technik, das ist vor allem: IT. Je ausgefeilter, desto besser. Das Auto als rollender Computer, als Datenträger, als vernetztes Gerät. Bei all dem fallen viele Daten ab, und Daten, sagt man bei Audi, seien das "Öl der Zukunft".

Nur: Sitzt man am Ende noch selbst auf diesem Öl, oder sitzen da andere drauf? Leute wie Philipp Justus, Deutschlandchef von Google. Der Datensammler hat schon vor einigen Monaten seine ersten, selbstfahrenden Autos vorgestellt. Seitdem wissen die Automanager: Die können es! Noch längst nicht so schön wie wir, aber wer weiß, was da noch kommt. Also: Gilt das mit dem Vorsprung durch Technik eigentlich noch?

Google + Autohersteller = Zukunft?

"Wir werden mehr Komfort und mehr Sicherheit erzeugen", sagt Audi-Chef Rupert Stadler. "Das Geschäft mit der Vernetzung wird wachsen", sagt Ford-Deutschlandchef Bernhard Mattes. Und Philipp Justus, Manager bei Google, sagt: "Die Leute wollen die gleichen Dienste auch im Auto nutzen." Also - alles gut? Sieht die Formel der Zukunft so aus: Google + Autohersteller = Zukunft?

So einfach ist es dann doch nicht. Denn es geht bei all dem nicht darum, Autos mit 200 PS mehr zu bauen. Bis zu 80 Steuerungsgeräte gibt es schon heute im Fahrzeug, rechnet die Verkehrsanwältin Daniela Mielchen vor. Allein das Steuerungsgerät des Airbags weiß alles über die Sitzplatzbelegung, das Gewicht der Passagiere, das Tempo. Alles wird gespeichert.

Google und die Autobauer sind schnell. Schneller als die Rechtsprechung. "Im Moment hecheln wir da dramatisch hinterher", sagt Mielchen. Ungeklärt zum Beispiel die Frage: Wer darf eigentlich ran an diese Daten, zum Beispiel nach einem Unfall? Die Polizei? Die Staatsanwaltschaft? Die Versicherung, die den Schaden reguliert? Und darf jemand vor Ort die Daten auslesen oder muss er erst einen Richter fragen?

Spieler und Spielregeln verändern sich

Key Speakers At Suddeutsche Zeitung 2014 Economic Summit

Audi-Chef Rupert Stadler beim Wirtschaftskongress der Süddeutschen Zeitung.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Der Mensch und sein Auto, da wird es nach Meinung von Daniela Mielchen künftig auch um grundsätzliche Fragen gehen, zum Beispiel die hier: "Wird mein Auto Zeuge der Anklage gegen mich?"

Die Konzerne gehen voraus und hoffen, dass die Rechtsprechung hinterherzieht. Audi-Chef Stadler, dessen Konzern längst in einer Allianz mit Google zusammenarbeitet, geht es um die Akzeptanz der neuen Technologien, und die gibt es nur dann, wenn der rechtliche Rahmen steht. "Woanders werden diese Technologien eine Chance bekommen", sagt er. Woanders, das sind vor allem die USA. "Unsere Zulieferer kommen aus dem Silicon Valley, aus der Spielekonsolenindustrie", so der Automanager.

Die Spieler verändern sich, und damit die Spielregeln. "Es ist nicht mehr so, dass man sich vor einen Klotz setzt und etwas daraus macht", sagt der Ford-Manager Mattes. Es geht um mehr, mit einem einfachen Auto ist es nicht mehr getan. Schon deshalb nicht, weil man nicht so genau weiß, wie es bei Google weitergehen wird. Will Google früher oder später ins Autogeschäft einsteigen und die alten Platzhirsche verdrängen? Wollen die Amerikaner langfristig unter dem Dach eines traditionellen Autokonzerns ihre Google-Fahrzeuge bauen? Oder wollen sie einfach nur die Daten? Die Frage ist also: Muss man Angst vor Google haben?

Droht die Totalüberwachung?

"Nein, wir haben keine Angst vor Google, wir arbeiten eng mit Google zusammen", sagt Mattes. Und wer hat das Sagen, oder, in der Sprache der Manager: Wer lenkt? "Wir sitzen im Fahrersitz", sagt Mattes. Nichts anderes hatte man erwartet.

Justus, Mattes, Mielchen, Stadler: Wenn man so will, ist dies das komplette Spektrum. Oder, wie Wirtschaftsleute gerne sagen: Alle "Stakeholder" sind da. Der Angreifer (Google), die alteingesessenen Verteidiger (Mattes, Stadler) und die Juristin als Kritikerin. Daniela Mielchen sagt, dass sie die Zukunft nicht aufhalten will. Aber: "Da zeichnet sich möglicherweise eine Totalüberwachung ab."

Stadler bleibt entspannt: "Ich gehe heute Abend nach Hause und sage: again what learned." Immerhin ist die Debatte im Gang.

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