Section Control:Niedersachsen testet neues Instrument gegen Raser

Section Control: Der Verkehr in Österreich wird nicht weniger - keine gute Entwicklung für den Klimaschutz.

Der Verkehr in Österreich wird nicht weniger - keine gute Entwicklung für den Klimaschutz.

(Foto: A2918 apa Helmut Fohringer/dpa)
  • Auf einer drei Kilometer langen Strecke der B 6 in Niedersachsen startet im Sommer 2016 der Test der ersten Section Control in Deutschland.
  • Dabei wird nicht wie bei herkömmlichen Blitzern die höchste Geschwindigkeit gemessen, sondern der Durchschnitt auf einer bestimmten Strecke.
  • Nach der 18-monatigen Testphase könnte das System auch in anderen Bundesländern zum Einsatz kommen.

Von Felix Reek

Seit Jahren suchen Polizei und Verkehrsministerium eine Möglichkeit, um Raser zu erwischen. Denn feststehende Blitzer haben einen Nachteil: Wer weiß, wo sie stehen, bremst vorher kurz ab und fährt danach genauso schnell weiter wie zuvor. Abhilfe soll die sogenannte Section Control schaffen. Hier wird die Geschwindigkeit auf dem kompletten Abschnitt einer Straße gemessen und der Durchschnitt errechnet. Liegt der über dem zulässigen Tempo, muss der Fahrer mit einem Bußgeld oder Punkten in Flensburg rechnen.

Während Österreich dieses System bereits seit einigen Jahren erfolgreich nutzt, wurde der Start in Deutschland immer wieder verschoben. Jetzt soll auf der Bundesstraße 6 zwischen dem niedersächsischen Gleidingen und Rethen (bei Hannover) im Sommer 2016 der erste Streckenabschnitt für 18 Monate testweise in Betrieb genommen werden. Hier war es 2014 zu sieben schweren Unfällen mit drei Toten gekommen. Die drei Kilometer lange Strecke ist bereits seit einem Jahr fertig, doch Bedenken von Datenschützern sorgten für Verzögerungen.

Verschlüsselt oder nicht?

Grund hierfür ist die Aufzeichnung aller Autofahrer, die den Abschnitt passieren. Schießt der normale Blitzer nur dann ein Foto, wenn ein Delikt vorliegt, erfassen die Kameras der Section Control den kompletten Verkehr. Dafür werden Verkehrsteilnehmer zweimal fotografiert: am Anfang und am Ende der betreffenden Strecke. Anhand der Zeit, die sie für den Weg benötigen, lässt sich ihre Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen. Danach sendet das System die Bilder an die Polizei. Diese greift nur im Falle eines Vergehens auf das Material zu, andernfalls wird es gelöscht.

Bisher fehlte die Genehmigung der niedersächsischen Landesbeauftragten für Datenschutz, Barbara Thiel. Diese bemängelte, dass nicht klar sei, ob die Fotos verschlüsselt werden, bevor sie an die Polizei geschickt werden. Dieses und andere Probleme scheinen jetzt gelöst zu sein. Es gebe noch ein paar technische Kleinigkeiten zu klären, erklärte Thiels Sprecher Mattias Fischer der Hannoverschen Allgemeinen, "aber dann kann es mit dem Probebetrieb losgehen". Bußgelder gibt es aber erst nach dem Test.

Weniger Unfälle

Zwar ist die Section Control mit 200 000 Euro etwa drei Mal so teuer wie eine herkömmliche Blitzanlage. Doch in Österreich, wo das System seit 2003 im Einsatz ist, habe sie zu einer "erfreulichen Tempodisziplin" geführt, so die Autobahngesellschaft Asfinag. Im Wiener Kaisermühlentunnel, in dem die erste Anlage installiert wurde, gab es seitdem keine tödlichen Unfälle mehr. Die Durchschnittsgeschwindigkeit sank um 15 km/h. In Italien, das auf 2500 Kilometern unter dem Namen "Tutor" die Section Control nutzt, ist die Zahl der Unfälle um 19 Prozent gesunken.

Dass das System in Deutschland einen ähnlichen Effekt haben könnte, zeigt die Teststrecke in Niedersachsen. Denn obwohl die Kamera bisher nicht eingeschaltet wurden, scheint die Überwachungsanlage eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Im vergangenen Jahr gab es laut Innenministerium auf diesem Abschnitt keine gravierenden Unfälle - und die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos hat abgenommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: