Schutzfahrzeuge:Auf Nummer Sicher

Einst ließen sich nur Regierungschefs, Superreiche und Topmanager mit gepanzerten Autos durch die Welt chauffieren. Doch die Nachfrage nach Schutzfahrzeugen wächst von Tag zu Tag. Die Panzerlimousinen von heute sind beliebter als je zuvor - und von außen kaum als solche zu erkennen.

Stefan Grundhoff

Für deutsche Premiumhersteller wie Audi, BMW und Mercedes ist das ein wichtiges Geschäft. Mittlerweile geht es nicht nur um imageträchtige Regierungsaufträge, sondern auch immer mehr Privatpersonen wollen sich gegen Angriffe von außen schützen.

sicherheitsscheibe; pressinform

Sicherheitsverglasung in Luxuslimousine

(Foto: Foto: press-inform)

In Deutschland werden die meisten gepanzerten Fahrzeuge nach wie vor von BKA, Personenschutz und Polizei gefahren. Doch in Regionen wie Südeuropa, Russland und Südamerika hat die Gewaltbereitschaft in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Angriffe im Straßenverkehr sind in bestimmten Gegenden praktisch an der Tagesordnung.

Hier sorgen bereits die Fahrzeuge mit einer leichten Panzerung (B4-Klasse) für Sicherheit. Immerhin halten die leichten Panzer auch Car Jacker und Kidnapper ab. Daher entscheiden sich zunehmend auch Juweliere oder Rechtsanwälte für ein solches Plus an Sicherheit.

Getarnte Kleinpanzer

Erst jüngst präsentierten Audi mit dem A6 und BMW mit dem neuen 5er beliebte Limousinen mit gepanzertem Blechkleid. Die leichte Panzerung wiegt beim BMW 550i beispielsweise gerade einmal 250 Kilogramm. Knapp die Hälfte des Gewichts macht das zentimeterdicke Sicherheitsglas mit Polycarbonatschicht aus. Von außen kann man kaum erkennen, dass der Wagen mofifiziert ist. Das Fahrzeug ist komplett mit speziellen Matten aus Aramid und Polyethylen verkleidet. Besonders schwer ist es für die Hersteller grundsätzlich, die Spalten gegen Beschuss durch Pistolen und Gewehre zu sichern.

Wer einen Wagen mit einer B4-Panzerung angreift, wird jedoch überrascht sein: Fahrzeug und Glas halten einem Beschuss mit einer .44er Magnum problemlos stand. Der große Vorteil der vergleichsweise leichten Wagen besteht in der noch vorhandenen Wendigkeit. "Diese Fahrzeuge werden oft auch als Begleitfahrzeuge eingesetzt", so Michael Gallmann, bei BMW zuständig für Panzerfahrzeuge. "Das Wichtigste ist jedoch, dass das Fahrzeug schnell aus der Gefahrensituation kommt. Irgendwann versagt schließlich die beste Panzerung."

Nicht jeder darf rein

Viele bekannte Persönlichkeiten setzen seit Jahren auf Sicherheitslimousinen. Politiker wie Gerhard Schröder, Angela Merkel oder Horst Köhler werden durch Personenschützer und Schutzfahrzeuge ebenso abgesichert wie die Chefs von Großkonzernen oder potenziell gefährdete Promis. Nicht jeder bekommt übrigens eine gepanzerte Limousine. Die Hersteller lassen Kaufinteressenten vorher gründlich durchchecken. Wer irgendwie zwielichtig erscheint, geht leer aus.

Wenn Personen besonders intensiv geschützt werden müssen, hilft nur eine Panzerung B6/B7. In solchen Fahrzeugen sind zum Beispiel Präsidenten, Könige und viele Minister unterwegs. Es geht hierbei um einen Personenkreis, der ständig um Leib und Leben fürchten muss.

Diese Armierung hält sogar Gewehrprojektile aus dem militärischen Bereich auf. Zudem bieten die Modelle mit B6/B7 Schutz gegen Splitter von Handgranaten und anderen Sprengsätzen. Zusätzliche Sicherheits-Features sind beispielsweise Reifen mit Notlaufeigenschaften oder ein selbst dichtender Tank und ein Gefährdeten-Alarm-System. Gerade diese Fahrzeuge haben in den vergangenen 30 Jahren technisch gesehen wahre Quantensprünge vollbracht.

Auf Nummer Sicher

Scharf rangenommen

Das Alltagsgeschäft für Luxuslimousinen wie 7er-BMW, Audi A8 oder Mercedes S-Klasse ist hart. Die Fahrzeuge werden trotz eines Gewichts von zum Teil deutlich mehr als drei Tonnen Tag für Tag im Grenzbereich bewegt. Die Personenschutzkolonnen jagen die Fahrzeuge nicht selten mit Tempo 220 über die Autobahn. Schusssichere Reifen, Fahrwerke und Bremsen müssen die gleichen Höchstleistungen wie die besonders geschulten Fahrer erbringen.

Haben die gepanzerten Limousinen in Deutschland bereits eine jahrzehntelange Tradition, steigt die Nachfrage nach gepanzerten Geländewagen und SUVs besonders. BMW bietet zum Beispiel den X5 ebenfalls mit B4-Panzerung an. Auch er wiegt mit 2,5 Tonnen "nur" rund 400 Kilogramm mehr als sein Serienbruder von der Stange. Neue Modelle wie die Mercedes M-Klasse oder der Audi Q7 werden mit Schutzausstattungen folgen.

Die Produktion erfolgt meist eigenständig und abseits der normalen Prozesse. So wird zum Beispiel der neue BMW 530i in Dingolfing vorproduziert. Von hier geht es in ein Spezialwerk nach Toluca / Mexiko, wo der gepanzerte 5er endmontiert wird. Bereits der Entwicklung eines Modells legt man fest, ob es ihn als Panzermodell geben wird.

Viel Aufwand, viel Druck

"Der Entwicklungsaufwand ist enorm", so Friedbert Holz von BMW, "das Verhältnis liegt bei 50:50. Schließlich müssen Fahrwerk, Regelsysteme und alles weitere angepasst werden." Der Druck zur "Serienreifung" ist auch bei neuen Modellen groß, Mercedes präsentierte die gepanzerte S-Klasse nur wenige Wochen nach dem Serienmodell.

Ganz billig ist das Plus an Sicherheit jedoch nicht. Ein B4-gepanzerter BMW 530i kostet ab 105.000 Euro; für einen BMW 760iL mit B6/B7-Panzerung sind je nach Ausstattung mehr als 300.000 Euro fällig. Die immensen Kosten sind ein Grund dafür, weshalb viele Fahrzeuge üppigste Laufleistungen auf dem Tacho haben. Doch die 500.000 oder mehr Kilometer sind mesit kein Problem, weil diese Fahrzeuge erstklassig gewartet werden. Gibt es Schäden, lohnt es auch schon einmal, für 20.000 Euro einen Motor auszutauschen. An der Panzerung selbst gibt es schließlich keinen Vergang.

Der Gebrauchtmarkt für gepanzerte Fahrzeuge ist in Europa gut überschaubar. Am liebsten nehmen Hersteller die Fahrzeuge nach ein paar Jahren wieder zurück. "Dann wissen wir, in welche Hände diese speziellen Modelle kommen", erklärt Michael Gallmann, "einige Kunden sind zudem lieber mit einem unscheinbaren Gebrauchtwagen unterwegs, um weniger aufzufallen."

Was sehr lange währt...

Das gilt übrigens auch für die Familien. Wenn der Vater mit einem gepanzerten Audi A8 ins Büro unterwegs ist, dann fahren Frau oder Kinder mit einem gepanzerten 530i zum Einkaufen oder in die Schule. Auch in Deutschland wird das Sicherheitsbedürfnis immer höher.

Da jedes der Fahrzeuge eine Einzelanfertigung ist, ist mit Fließbandarbeit nichts zu machen. Wer sich für einen BMW 7er in Schwerpanzerung interessiert, muss nicht nur durch die Sicherheitskontrolle des Herstellers, sondern auch bis Sommer 2006 warten. Bei Mercedes oder Audi sieht es kaum anders aus.

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