Prototyp BMW Siebener:Sänfte mit Autopilot

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Im Verborgenen: Unter der Tarnung des neuen BMW Siebeners hat sich keine Design-Revolution versteckt. Die Weiterentwicklung liegt in der Technik. (Foto: dpa-tmn)

Er fährt auf der Autobahn fast von allein, wird mit Gesten bedient und findet die Garage auch ohne Fahrer: BMW verspricht für den neuen Siebener Autotechnik auf höchstem Niveau. Wir haben ihn ausprobiert.

Von Jörg Reichle

Große Ereignisse, sagt man, werfen ihre Schatten voraus. Und für BMW ist die Präsentation des neuen Siebeners ein sehr großes Ereignis. Entsprechend ist der publizistische Aufwand und angestrengt der Versuch, sich im Kopf-an-Kopf-Rennen der deutschen Luxuslimousinen keine Blöße zu geben. Leicht ist das nicht. Die neue S-Klasse aus Stuttgart rollt prestigeträchtig und erfolgsgewohnt längst auf der Straße und über die nächste Generation des Audi A8 sickern bereits aufsehenerregende Details in die Öffentlichkeit.

Da heißt es für die Münchner gegenzuhalten. Obwohl die nunmehr siebte Generation der Luxuslimousine erst im September auf der IAA in Frankfurt/Main ihre Weltpremiere feiert, durften ausgewählte Medienvertreter jetzt schon ans Steuer - in getarnten Karossen und streng abgeschirmt vor den Augen der Öffentlichkeit auf dem werkseigenen Testgelände im südfranzösischen Miramas bei Marseille. Zwar wurden offiziell noch keine technischen Daten genannt und erst recht keine Preise. Demonstriert wurde dafür, worauf man bei den Weißblauen besonders stolz ist: die Fortschritte in Sachen Leichtbau, den verbesserten Fahrkomfort und nicht zuletzt die Weiterentwicklung von Fahrerassistenz und vereinfachter Bedienung.

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Dass weniger Gewicht den Verbrauch reduziert und die Fahreigenschaften verbessert, liegt auf der Hand. Um bis zu 130 Kilogramm weniger - je nach Modell - bringt der im Außenmaß nahezu unveränderte neue Siebener gegenüber dem Vorgänger auf die Waage. Das war offenbar nur zu schaffen über einen bislang einmaligen Materialmix aus Carbon, Aluminium und Stahl. Nach dem Motto "das richtige Material in der richtigen Stärke an der richtigen Stelle" wurden bei verbesserter Steifigkeit allein im Karosserie-Rohbau 40 kg eingespart - unter anderem mit neuen Verbundtechniken, die zum Beispiel beim Dachbogen, dem Mitteltunnel (Carbon/Stahl) und bei der B-Säule (Carbon/ultrahochfester Stahl) zum Einsatz kommen. Besonderes Augenmerk galt auch den ungefederten Massen. Neu konstruierte Längslenker und Radlager aus Aluminium und die Vierkolben-Festsattelbremse helfen auch hier, das Gewicht zu senken. Allein die neuen Verzögerer bringen 2,3 kg Einsparung - pro Sattel, wohlgemerkt.

Der Fahrer hat es zunehmend leichter

Die Erleichterung kommt dem neuen Siebener vor allem dort zugute, wo die Kernwerte der Marke ihren Ursprung haben - im Fahrverhalten. Höchste Ansprüche werden in dieser Klasse an den Komfort gestellt, natürlich ohne dass der Fahrspaß leidet. Der neue Siebener erreicht das durch erfahrbare Spreizung: Die jetzt serienmäßige Luftfederung ringsum samt automatischer Niveauregulierung und dynamischer Dämpferkontrolle hat, wie erste Testfahrten mit der künftigen Langversion eindrucksvoll belegten, die Straßenoberfläche sicher im Griff und wer in puncto Wendigkeit, Stabilität und Präzision noch etwas drauflegen will, kann die optionale Vierradlenkung und die neu konstruierte Wankstabilisierung ordern - was künftig auch auf Wunsch zusammen mit dem Allradantrieb möglich sein wird.

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Alles in allem beeindruckt der neue Siebener auf dem Handling-Kurs nicht so sehr durch die absolut erreichbare, sehr hohe Geschwindigkeit, die in dieser Fahrzeugklasse wohl ohnehin eher selten eine Rolle spielt. "Für mich bedeutet Fahrdynamik vor allem Präzision", sagt Peter Langen, Leiter Fahrdynamik, "dass das Auto also exakt das tut, was der Fahrer will."

Und der soll vor allem selbst die richtige Abstimmung finden. Dafür erhält er nun eine verfeinerte Hilfestellung. So wurde dem schon bekannten Fahrerlebnisschalter, der zwischen betont komfortabel bis tiefergelegt sportlich unterscheiden kann, eine weitere Funktion spendiert - den sogenannten Adaptive Modus. Dabei passt sich die Abstimmung dem jeweils gewünschten Fahrstil an. Und sollte man die Topversion des Navi gewählt haben, werden auch noch die Kartendaten berücksichtigt. Egal ob Wechsel vom Stadtverkehr auf die Autobahn, ob kurvenreiche Landstraße oder Annäherung an eine Kreuzung: Stets hat das System frühzeitig die passende Abstimmung von Lenkung, Gaspedal und Getriebe parat.

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Der Stauassistent funktioniert bis 210 km/h

Dem Fahrer das Leben leichter zu machen - daran lässt sich gegenwärtig (und künftig) die Entwicklung der Autotechnik messen. Stichwort Fahrerassistenz. Der neue Siebener bietet hier eine Art erweiterten Stauassistenten. Das heißt, dass nach Aktivierung des Systems Driving Assistant Plus nicht nur der Abstand zum Vordermann vorgewählt und konstant gehalten wird, sondern die Lenkung auch selbständig die Fahrbahnmitte findet und das Auto mittels sanfter, aber entschlossener Eingriffe in der Spur hält. Bis 210 km/h funktioniert das. Wird die aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop-&-go-Funktion genutzt, genügt künftig ein Knopfdruck, um Tempolimits zu erkennen, und die Geschwindigkeit entsprechend anzupassen - leichte Abweichungen nach oben und unten sind dabei wählbar. Außerdem gibt es jetzt auch Querverkehrswarnung und Heckkollisionsschutz.

Während also das gesammelte Assistenzprogramm bereits Vorstufen der irgendwann serienreifen autonomen Fortbewegung darstellt, ist auch das weiterentwickelte Bediensystem ein Reflex zunehmender Vereinfachung. Wichtigste Neuerung: Das Bediensystem iDrive wurde um ein Touch-Display ergänzt, auf dem sich zahlreiche Funktionen durch bloßes Fingerauflegen steuern lassen. Auf zwei weiteren kleinen Displays kann man so auch die Klimatisierung einstellen. Und weil der Mensch, also auch der Kunde, nun mal ein Gewohnheitstier ist, darf alles auch über den bekannten Drehdrücksteller passieren. Oder über schlichte Gesten. Wer das Radio lauter oder leiser will, einen Anruf annehmen oder ablehnen oder sich vom Navi nach Hause bringen lassen möchte: einfach schnipsen, deuten oder wischen. Und am Ende des Tages fährt der neue Siebener ganz allein in seine Garage - per Schlüssel ferngesteuert. Schöne neue Welt.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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