Schiffsmesse "Boot 2013":Trockenzeit

Es ist wieder Bootsmesse in Düsseldorf. Doch mit Superlativen und noch mehr Luxus ist es erst mal vorbei. Seit Griechen und Italiener sparen müssen, gibt es Yachten im Sonderangebot. Harte Zeiten für die Hersteller.

Von Stefan Weber

Für die Begegnung mit "Big Willi" hat die Prinzessin abgespeckt: Mit leeren Tanks dockte die Princess 98, Luxusyacht der britischen Princess Werft, in der vergangenen Woche am Düsseldorfer Rheinufer an. Beim Start in Südengland hatte das edle Gefährt mit den beiden jeweils 2434 PS starken Dieselmotoren vollgetankt 97,5 Tonnen auf die Waage gebracht. Am Ziel waren es nur noch 95 Tonnen. Das erleichterte "Big Willi", dem riesigen Lastkran, der Boote zum Weitertransport auf dem Landweg aus dem Rhein hievt, die Arbeit.

Es ist wieder "Boot-Zeit" in Düsseldorf. Wer Rang und Namen hat in der Wassersportwirtschaft drängt von diesem Samstag an in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt, zur weltweit wichtigsten Messe der Branche. Dass die Princess 98 dabei ist, freut die Macher des Treffens besonders. Denn mit dem Luxusgefährt, dessen Beibootgarage einen Jetski aufnimmt, können sie endlich wieder ein Boot der 30-Meter-Klasse präsentieren. Zuletzt hatte es in Halle 6, wo die Superyachten üblicherweise ausgestellt werden, erhebliche Lücken gegeben. Hersteller wie die zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH gehörende Princess-Werft, Sunseeker aus England oder die inzwischen in chinesischer Hand befindliche Ferretti-Gruppe mit der Traditionsmarke Riva zeigten zwar weiterhin in Düsseldorf Flagge. Aber aus Kostengründen hatten sie ihre besonders dicken Pötte zu Hause gelassen. So kam das Top-Boot der letztjährigen Schau gerade einmal auf 23,83 Meter Länge. Jetzt ist die Princess 98 mit 30,12 Metern der Star. Überhaupt rückt man wieder enger zusammen in Halle 6: "Wir zeigen mehr als 40 Superyachten", freut sich Goetz-Ulf Jungmichel, Direktor der Boot.

Euro-Krise sorgt für Abstinenz

Nach Krise sieht das nicht aus. Aber der Eindruck täuscht. Die Bootsbauer sind nach zwei ordentlichen Jahren 2012 in schwieriges Fahrwasser geraten. Das liegt vor allem daran, dass die sonst kauffreudige Kundschaft in den Mittelmeerländern derzeit andere Probleme hat, als ein neues Wassergefährt zu erstehen. In Spanien, Portugal und Griechenland sorgt die Euro-Krise für Abstinenz. Und in Italien hat die Einführung einer Luxussteuer auf Boote und Yachten dazu geführt, dass die Umsätze der Branche im vergangenen Jahr um 70 Prozent einbrachen.

Zwar gibt es in Ländern wie China und Brasilien eine immer zahlreicher werdende Wassersport-Klientel. "Aber die Exporte dorthin reichten bei Weitem nicht aus, die Rückgänge in den angestammten Märkten auszugleichen", beklagt Jürgen Tracht, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft. Im ersten Halbjahr 2012 exportierten die deutschen Werften 21 Prozent weniger Segel- und Motorboote als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gemessen am Umsatz betrug das Minus nur 14,5 Prozent, weil die wenigen verkauften Boote oft größer und besser ausgestattet waren.

Nur geringe Rückgänge in Deutschland

Immerhin: Auf dem deutschen Markt hielten sich die Rückgänge nach Beobachtung von Tracht noch in Grenzen. Mit 1,75 Milliarden Euro setzte die gesamte Wassersportbranche, wozu neben Werften und Händlern auch Charter zählen, 2012 etwa genauso viel um wie im Jahr zuvor. Die Konsumstimmung in Deutschland sei besser als in vielen anderen Ländern, so Tracht. Auch gebe es Bootsliebhaber, die ihr Erspartes lieber zu einer Werft als zu einer Bank bringen würden, wo Geldanlagen nur noch spärlich verzinst werden.

Ein besonderes Problem der Bootsbauer: Es gibt mittlerweile ein großes Angebot an Gebrauchtschiffen - zu sehr günstigen Preisen. So verzichten viele Freizeitkapitäne auf die Anschaffung eines neuen Boots und bedienen sich stattdessen aus zweiter Hand. Inzwischen quillt der Markt für Gebrauchtboote über - was auch damit zu tun hat, dass der Branche neue, junge Kundschaft fehlt. Das Durchschnittsalter der Bootsfahrer beträgt 56 Jahre. Viele sind zu alt, um ihre Gefährte zu nutzen, und stellen sie zum Verkauf. Nachwuchs aber zieht die Branche kaum an.

Für Boote bis zu 15 PS ist kein Führerschein nötig

Mit den mitunter hohen Preisen der Boote habe das nur zum Teil zu tun, argumentieren die Konstrukteure und verweisen dabei gern auf die Führerscheinpflicht für Bootslenker. Hier zumindest gibt es jetzt Entwarnung: Seit Kurzem dürfen Boote mit Motoren von bis zu 15 PS auf allen Wasserstraßen - mit Ausnahme des Rheins - ohne Führerschein gefahren werden. Davon erhoffen sich die Werften und Händler starken Aufwind. "60 Prozent der Boote, die in Deutschland unterwegs sind, lassen sich mit 15 PS ausreichend motorisieren", meint Verbandsgeschäftsführer Tracht.

In Deutschland mag dies das Geschäft beflügeln. Aber mit Blick auf die Exporte bleiben die Werftbesitzer skeptisch: Solange die Schuldenkrise in Südeuropa nicht gelöst sei, bleibe das Geschäft schwierig, fürchten viele. Das könnte Folgen für manche Werften haben. "Die Bootsbauer rücken noch enger zusammen. Die Großen werden größer. Und es gibt einen Markt für kleine Spezialisten. Aber in der Mitte ist immer weniger Platz", meint Tracht.

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