Rußpartikelfilter:Ruß ohne Filter

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Vielerorts werden die Regeln für Dieselautos im kommenden Jahr schärfer - für manches Auto werden sie zu scharf.

Michael Bauchmüller

Reinhold Barth hat schon vieles versucht, vergeblich. Er war in Werkstätten, hat bei Mercedes angerufen, bei den Herstellern von Rußpartikelfiltern - doch es gibt ihn nicht, den Filter für seine Mercedes E-Klasse, Typ E 290, Baujahr 1996. Für so ein altes Auto, hat man Barth beschieden, lohne sich die Entwicklung eines Rußpartikelfilters nicht. Und so geht es Tausenden: Rußfilter sind zwar auf dem Markt, aber nicht für jeden Fahrzeugtyp. Und für Dieselautos ohne Filter wird es zunehmend eng.

Weniger Schadstoffe in der Luft: Der nachträglich eingebaute Rußpartikelfilter reduziert je nach Typ etwa die Hälfte des Feinstaubs aus den Abgasen eines Personenwagens. (Foto: Foto: ddp)

Quer durch die Republik werden derzeit Umweltzonen eingerichtet oder ausgedehnt. Die Städte versprechen sich davon weniger Belastung mit dem gesundheitsschädlichen Feinstaub. Wo es Umweltzonen schon gibt, entscheiden Plaketten darüber, wer sie befahren darf oder nicht. In roter (für Autos der Schadstoffnorm Euro 2), gelber (Euro 3) oder grüner Farbe (Euro 4 und höher) geben sie Aufschluss über den Schadstoffausstoß der Autos. Schrittweise können die Städte so die größten Rußschleudern aussperren.

Nach Berlin und Hannover etwa kommen schon von Januar an nur noch Autos mit grüner Plakette herein, München will vom Herbst 2010 an nicht mehr alle Plaketten, sondern nur noch gelbe und grüne zulassen. Auch das Auto des Münchners Barth dürfte dann die Innenstadt nicht mehr befahren - theoretisch. Dabei würde es mit Nachrüstfilter eine gelbe Plakette bekommen, wenn es einen gäbe. Denn mit amtlich zugelassenem Filter kommt jedes Auto mindestens in die nächsthöhere Klasse: von rot auf gelb, von gelb auf grün. Zwischen 600 und 1000 Euro kostet das.

Ursprünglich sollten die Fahrverbote zum massenhaften Einbau von Filtern führen, die den Ruß abfangen und verbrennen. Doch weder haben deutsche Autofahrer ihre Wagen bisher massenhaft nachrüsten lassen, noch gibt es für jeden einen Filter. "Technisch ist es ein ziemlich anspruchsvolles Produkt", heißt es etwa beim Mendener Hersteller HJS. Und für alte Fahrzeuge, vor allem für solche mit großem Motor, sei der Filter häufig technisch nicht machbar. In anderen Fällen seien einfach zu wenige Fahrzeuge auf dem Markt, um nur für sie einen speziellen Filter zu entwickeln.

Für Betroffene ist das bitter: 330 Euro Zuschuss zahlt der Bund für die Nachrüstung, seit voriger Woche sogar in bar. Wer allerdings nicht nachrüstet oder es nicht kann, muss bei der Kfz-Steuer draufzahlen: 1,20 Euro je 100 Kubikzentimeter. Das macht jährlich 24 Euro etwa für ein Auto mit Zweilitermaschine.

Wie viele Fahrzeuge dauerhaft ohne Filter bleiben müssen, weiß keiner. Deutschlandweit sind gut zehn Millionen Dieselautos unterwegs, nur jedes zweite mit grüner Plakette. Schätzungen einer Arbeitsgruppe von TÜV und Dekra zufolge gibt es nur für 60 Prozent der Fahrzeuge einen Filter, die Deutsche Umwelthilfe geht von 80 Prozent aus.

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Genaue Zahlen gibt es nicht. Immerhin haben viele Städte inzwischen reagiert: Sie erteilen Sondergenehmigungen, wenn sich ein Auto partout nicht nachrüsten lässt, auch Berlin und München. In Hannover gibt es Sondergenehmigungen sogar für einkommensschwache Haushalte. Die Entscheidung über solche Ausnahmen allerdings ist Sache der Kommunen. "Notfalls muss man den Diesel verkaufen und sich einen Benziner anschaffen", sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Das könne zwar im Einzelfall hart sein: "Aber wenn man die Umweltzone ernstnimmt, muss man auch hinnehmen, dass sie steuert." Nur gibt es beim Verkaufen ein Problem: Im Schnitt 600 Euro weniger bringen gebrauchte Diesel derzeit ein, wenn sie keinen Filter haben.

Immerhin gibt es hier und da noch Hoffnung auf neue Filtermodelle, so wie neuerdings für den Fiat Ducato. Der wird gerne als Wohnmobil benutzt, die Camper-Lobby war schon ganz beunruhigt. Doch nun gibt es einen Nachrüstsatz für das Auto - samt grüner statt der roten Plakette, und freier Fahrt.

Mehr noch als die Barprämie dürften aber bald die Verschärfungen der Umweltzonen die Menschen in die Werkstätten treiben. Allein in Berlin sind Schätzungen zufolge noch 160.000 Dieselautos mit gelber Plakette unterwegs. Sie müssen noch in diesem Jahr nachrüsten, um weiter in die City zu dürfen. Schon bangen die ersten Hersteller, sie könnten an Kapazitätsgrenzen geraten. "Wenn jetzt alle in die Werkstatt stürmen", sagt Markus Lorth, Finanzchef des Königswinterer Herstellers Twintec, "dann haben wir ein Riesenproblem."

© SZ vom 08.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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