Viele Unfälle mit Fahrrädern:Verkehrspolitik aus dem Ölzeitalter

Radfahrer sind häufiger in Unfälle verwickelt als andere Verkehrsteilnehmer. Einige tragen dazu selbst durch rücksichtsloses Verhalten im Verkehr bei. Doch das wirkliche Problem ist eine Verkehrspolitik, die nicht mehr zeitgemäß ist.

Ein Kommentar von Jan Heidtmann

Die kalten, nassen Tage haben auch ihr Gutes: Es ist vergleichsweise ruhig auf Deutschlands Straßen. Doch mit den ersten Frühlingstagen wird sich besonders die Stadt wieder zur Kampfzone ausweiten. Autofahrer pöbeln dann gegen Fahrradfahrer, Fahrradfahrer gegen Autofahrer und die Fußgänger verteidigen ihr Habitat.

Der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, hat nun den Schuldigen für diesen Ur-Zustand ausgemacht: den Rüpel auf zwei Rädern. Und tatsächlich kann man sich von manchem Radfahrer bedroht fühlen. Als wäre es ein Hindernis-parcours, rast der durch die Stadt, Verluste werden offenbar ohne Rücksicht einkalkuliert. Radfahrer, das sagt auch die Statistik, sind im Vergleich zu ihrer Anzahl wesentlich häufiger in Unfälle verwickelt als andere Verkehrsteilnehmer.

Wie zahlreiche Politiker vor ihm, verlangt Nehm, die Strafen für Verstöße von Radfahrern zu verschärfen. Das klingt erst einmal einleuchtend, ist aber ungefähr so, als solle Internetkriminalität mit dem Tastentelefon bekämpft werden. Die Zahl der Fahrräder ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, rund 70 Millionen besitzen die Deutschen jetzt. Gleichzeitig wird hierzulande - mit ein paar Ausnahmen - eine Verkehrspolitik gemacht, die aus dem Ölzeitalter stammt: Vorfahrt hat im Zweifel das Auto. Das mag dem Juristen Nehm egal sein, besonders klug sind seine Anregungen jedoch nicht.

© SZ vom 25.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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