Rückrufe wegen DSG:Doppelkupplungsgetriebe wird für VW zum Dauerproblem

Sonderschichten für Golf-Produktion

Modelle mit DSG-Getriebe, die 2011 oder früher produziert worden, sind von der aktuellen Rückrufwelle betroffen. Beispielwsweise ein Golf der sechsten Generation, wie er auf diesem Archivbild aus dem Jahr 2008 zusehen ist.

(Foto: dpa)

Volkswagen hat sein Doppelkupplungsgetriebe DSG nicht im Griff. Mehr als eine halbe Million Fahrzeuge hat der Konzern bereits in die Werkstätten gerufen. Peinlich: Bei dem Getriebe handelt es sich um eine Eigenkonstruktion.

Europas größter Autobauer Volkswagen kämpft mit Qualitätsproblemen bei seinen Doppelkupplungsgetrieben. Mit 26.000 neuen Rückrufen in Australien ist die Gesamtzahl der deswegen in die Werkstatt geholten Autos inzwischen auf mehr als eine halbe Million angewachsen. Die kurz DSG genannte Erfindung aus dem eigenen Hause wächst sich damit zu einem Sorgenkind aus, das dem Konzern gleich mehrfach zusetzt: Die Rückrufe verschlingen Millionen, verärgern die Kunden und nagen am Image der Marke.

Im Frühling mussten bereits in China 384.000 Wagen mit DSG für Reparaturen in die Werkstatt, Anfang Mai folgte dann Japan mit 91.000 Autos. Kern des Problems sind Temperaturprobleme. Gefahr für Fahrer bestehe keine, sagte ein Sprecher. In Australien teilte VW mit: "In Einzelfällen kann eine elektronische Fehlfunktion (...) den Antrieb unterbrechen. Andere wichtige Fahrzeugsysteme wie etwa Lenkung und Bremsen (...) werden voll funktionsfähig bleiben." Im Notfall könnte der Fahrer noch immer eine sichere Position ansteuern.

Das Klima sei Schuld

Auslöser der Probleme ist dem Sprecher zufolge die Kombination aus feucht-heißem Klima und häufiger Belastung im kriechenden Verkehr, etwa im Stop-and-Go verstopfter Innenstädte. In Europa bestehe kein Handlungsbedarf. Zudem seien weltweit die jüngeren Baujahre nach 2011 prinzipiell gar nicht mehr gefährdet. Dennoch gibt VW damit indirekt zu, in die alten Fahrzeuge keine allzeit funktionsfähigen Getriebe verbaut zu haben.

Die Werkstätten tauschen die Steuerung der DSG-Technik aus, das sogenannte Mechatronikmodul. "Das dauert circa drei Stunden", sagte der Sprecher. In Australien sind die VW-Modelle Golf, Jetta, Polo, Passat und Caddy betroffen. Außerdem riefen die Schwestermarken Audi 6200 und Skoda 1700 Autos zurück. Seat sei nicht im Markt vertreten. Von Juli an werde VW die Fahrzeugbesitzer direkt anschreiben. Bis zum Werkstattbesuch könnten die Wagen normal weiter benutzt werden.

Dreistelliger Millionenbetrag

Die Rückrufe sind für Europas Branchenprimus teuer. In der Bilanz Ende März wies der Konzern seine Rückstellungen für die DSG-Probleme in China mit einem "niedrigen dreistelligen Millionenbetrag" aus, wovon jedoch 140 Millionen Euro Vorsorge für ein problembehaftetes Projekt der Lkw-Tochter MAN abgezogen werden müssen.

VW produziert DSG in Kassel, dem Leitwerk für Getriebefertigung. Aber seit Mitte 2010 läuft die Erfindung auch im chinesischen Dalian vom Band. Zum Start hieß es damals, dass das Jahresproduktionsvolumen schrittweise auf bis zu 600.000 DSG-Einheiten hochgefahren werde. Der Sprecher betonte, dass die Probleme in Asien und Australien nicht an möglichen Qualitätsunterschieden aus der Fertigung hingen. Doch die unterschiedlichen Produktionsorte sind nicht das Problem, sondern vielmehr der Umstand, dass das Getriebe eine Eigenkonstruktion darstellt. Viele Automobilhersteller bauen im Gegensatz dazu inzwischen Getriebe von Zulieferern in ihre Fahrzeuge.

Problem der Gleichteilestrategie

Die halbe Million Rückrufe binnen weniger Monate verdeutlicht das Dilemma der sogenannten Gleichteilstrategie bei VW. Im Rennen zur Weltspitze will der Autobauer möglichst viele baugleiche Teile in möglichst viele unterschiedliche Modelle bringen. Das spart Kosten bei Entwicklung und Produktion und erhöht gleichzeitig die Flexibilität. Die Kehrseite: Rückrufe schlagen umso heftiger durch.

VW ist mit derartigen Problemen nicht alleine. Nach Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) gab es 2012 allein in Deutschland 162 Rückrufe, 93 davon überwachte die Behörde, weil der Mangel so schwerwiegend war. 824.000 Halter erhielten wegen der Aktionen Post.

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