Rückrufaktionen:Pfusch ab Werk

Probleme bei Toyota und General Motors: Millionen Autos haben Mängel, weil die Hersteller sparen. Der Eindruck, dass es immer öfter Rückrufe gibt, trügt dennoch.

Marion Zellner

Stolze Konzernchefs und edle Karossen - zum Auftakt des 80. Internationalen Automobilsalons in Genf an diesem Donnerstag zeigt sich die Branche wieder von ihrer besten Seite. Manager ziehen seidene Tücher von polierten Wagen und beschreiben umweltfreundliche Technik in den schillerndsten Farben. Zwei große Konzerne allerdings haben wenig Grund zum Feiern beim Treffen am Lac Leman: Toyota und General Motors (GM), denn beide plagen Rückrufaktionen für Millionen Autos.

Bei den Japanern sind es diesmal undichte Ölschläuche an Toyota- und Lexus-Modellen, die für Aufregung sorgen. Zuletzt mussten wegen klemmender Gaspedale weltweit 4,2 Millionen Autos des Konzerns in die Werkstätten gerufen werden, allein in Deutschland mehr als 200.000 Fahrzeuge.

Nun handele es sich aber nicht um einen Rückruf, ist in Genf zu hören. Die Ölschläuche würden bei der regelmäßigen Wartung in den Werkstätten ausgetauscht, ein Sicherheitsproblem bestehe nicht. Aber man wolle natürlich Konsequenzen aus der Häufung technischer Defekte ziehen. So sagte Alain Uyttenhoven, Toyota-Chef in Deutschland, der SZ, der Konzern werde von Ende März an in allen Regionen der Welt sogenannte Quality Officer einsetzen, Fachkräfte also, die die "Qualitätskontrolle deutlich erhöhen" sollen.

Aufregung gibt es auch bei GM: 1,3 Millionen Fahrzeuge muss der Hersteller in den USA, Kanada und Mexiko in die Werkstätten rufen. Ein Elektromotor in der Servolenkung muss ersetzt werden. Fällt dieser Motor aus, bleibt das Auto zwar lenkbar, doch lässt es sich bei niedrigen Geschwindigkeiten schwerer steuern. Betroffen sind die Marken Chevrolet und Pontiac der Baujahre 2005 bis 2010. Bisher seien, so GM, 14 Unfälle mit dem Defekt in Zusammenhang zu bringen, ein Mensch sei verletzt worden.

Im Video: Der US-Autohersteller General Motors ruft in Kanada 250.000 Kleinwagen wegen Problemen mit der Servolenkung zurück.

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10.000 Einzelteile in einem Auto - viel Potenzial für Fehler

Ein Grund für technische Mängel sei das Bestreben, die Kosten zu senken, sagt Helmut Klein, Ingenieur im ADAC-Technikzentrum in Landsberg: "Kostenverantwortliche setzen in vielen Fällen lieber auf günstigere Lösungen als auf technisch perfekte."

Auch bei der Entwicklung neuer Modelle wird gerne gespart. Technische Details werden immer öfter am Simulator getestet und nicht bei praxisnahen Erprobungen. Die Verlockung kurzfristiger Kostenerfolge sei groß, weiß Ingenieur Klein. Doch er warnt: "Wenn große Stückzahlen zurückgerufen werden müssen, relativieren sich die Einsparungen. Vom Imageschaden ganz zu schweigen."

Aber auch zunächst sinnvoll erscheinende Kostenreduzierungen können zum Verhängnis werden. So sammeln immer mehr Konzerne mehrere Automarken unter einem Dach und kaufen einzelne Teile für deren Produktion bei nur einem Zulieferer ein. Beispiel Toyota: Das problemträchtige Gaspedal kam für weltweit alle Werke des Herstellers von nur einem Zulieferer und wurde in verschiedene Modellreihen eingebaut. Kommt es also zu einem Problem, multipliziert sich der Schaden. Etwa 80 Prozent aller Bauteile eines Fahrzeuges stammen von externen Zulieferern. Ein modernes Auto besteht aus bis zu 10.000 Einzelteilen - viel Potential für Fehler.

Derzeit gibt es bei den deutschen Autokonzernen keine mit Toyota und GM vergleichbaren Rückrufaktionen. In der Bundesrepublik sind die Zahl der Rückrufaufforderungen sogar. Die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes zeigt, dass sich die Zahl seit 2007 von seinerzeit 157 auf etwa 140 im vergangenen Jahr reduziert hat. Dass trotzdem der Eindruck vorherrscht, die Fälle seien deutlich gestiegen, liegt an der gestiegenen Aufmerksamkeit der Verbraucher, erklärt der ADAC. Das liege vor allem daran, dass über Probleme bei den Autoherstellern mehr berichtet werde.

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