Rinspeed Oasis:Eine Oase in der SUV-Wüste

Morgens transportiert der Rinspeed Oasis Pendler, mittags Pakete, abends Pizzen: Die Konzeptstudie ist klein, vielfältig einsetzbar und fährt autonom. Und der Fahrer sieht fern oder baut Radieschen an.

Von Felix Reek

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(Foto: Rinspeed)

In Zukunft lassen wir uns fahren, da ist sich die Autoindustrie sicher. Autonome Fahrzeuge rollen über unsere Straßen, das Lenkrad dient nur der Dekoration - und für den Notfall, wenn der Fahrer doch einmal eingreifen muss. Fast alle großen Hersteller forschen auf dem Gebiet, genau wie die Tech-Giganten Google, Apple und Uber. Nur eine Frage hat bisher keine dieser Firmen zufriedenstellend beantwortet: Was machen wir eigentlich mit der ganzen freien Zeit, die uns auf einmal im Auto zur Verfügung steht? Hier setzt die Studie der Schweizer Firma Rinspeed an, die im Januar 2017 auf der CES in Las Vegas debütiert. Der Innenraum des Oasis ist mehr Wohnzimmer als Cockpit. Es gibt Sessel, ein Sideboard und einen Fernseher neben der Windschutzscheibe, die als Display genutzt werden kann. Sei es für Fahrinformationen, um Videos abzuspielen oder im Internet zu surfen. Damit der Fahrer sich so richtig wie zu Hause fühlt, gibt es auf der vorderen Ablage eine kleine Grünfläche, auf der Blumen oder Radieschen angebaut werden können. Richtig gelesen: Radieschen.

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(Foto: Rinspeed)

Neben diesem skurrilen Einfall liefert der Rinspeed Oasis aber auch ernsthafte Überlegungen und Lösungsansätze, wie sich der Verkehr auf unseren Straßen verändern muss. Konzipiert ist der Van als Gegenentwurf zu den vielen SUVs, die derzeit die Städte überfluten. Er fährt rein elektrisch, zusätzliche Energie gewinnt er durch Solarzellen auf dem Dach. Ein Steuer gibt es zwar, doch das lässt sich zum Tablet umfunktionieren - mit Getränkehaltern. Die meiste Zeit soll sich die Studie von Rinspeed autonom durch den Verkehr bewegen. Gleichzeitig greifen die Schweizer mit dem Oasis den Trend zur Sharing Economy auf. Morgens soll der Van Pendler transportieren, mittags Pakete und abends die Pizza des Lieferdienstes. Dafür gibt es eine extra Schublade im Heck, die entweder gekühlt oder geheizt werden kann. Das Problem dieser schmackhaften Studie: Sie wird wohl ein Denkanstoß bleiben. Der Schweizer Frank M. Rinderknecht hat sich mit seinem Unternehmen Rinspeed darauf spezialisiert, besonders ausgefallene Concept Cars zu entwickeln. Traditionell stellt er sie seit 1992 auf dem Genfer Autosalon vor - und nun also auch bei der Digitalmesse CES in Las Vegas.

Rinspeed Squba (2008)

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(Foto: Rinspeed)

Eines seiner bekanntesten Fahrzeuge ist der Rinspeed Squba. Inspiriert vom Lotus Esprit aus dem James-Bond-Film "Der Spion, der mich liebte" (1977) fährt dieses Auto auch unter Wasser. Dort treiben es zwei Propeller und zwei Jetstreams an. Wie alle Studien Rinderknechts ist der Squba nie in Serie gegangen. Seine Autos sind explizit Einzelstücke und sollen auch gar nichts anderes sein. "Hätte ich eine große Produktion und viele Angestellte, würde ich zum 'Auslaster'", sagte er der Schweizer Handelszeitung. "Dies würde aber die Zeit für kreative Ideen einschränken."

Rinspeed Xchange (2014)

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(Foto: Rinspeed)

Ziel ist es, der Autoindustrie weit voraus zu sein. Die Studien kosten jeweils mehr als eine Million Euro und werden durch Sponsoren finanziert. Einen ähnlichen Ansatz wie beim Oasis entwarf Rinderknecht bereits zwei Jahre zuvor. 2014 stellte er in Genf den Xchange vor, der auf einem Tesla Model X basiert. Mit dem Unterschied, dass die Insassen in die entgegengesetzte Richtung schauen. Sein Tesla fährt autonom und bietet mit Fernseher und Internet diverse Möglichkeiten zur Ablenkung. Gesteuert werden diese durch Gesten.

Rinspeed Micromax (2013)

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(Foto: Rinspeed)

Als Lösung gegen überfüllte Innenstädte präsentierte Rinspeed 2013 den Micromax. Der verbindet die Vorteile des öffentlichen Nahverkehrs mit denen des Carsharings. Der nur 3,70 Meter lange Bus ist 2,20 Meter hoch und bietet so vier Menschen in einer halb sitzenden, halb stehenden Position Platz. Per App stehen sie in Verbindung mit dem Miniaturbus und können sich Schnittpunkte zum Einsteigen anzeigen lassen. So sollen unter anderem schlecht ausgelastete Buslinien ersetzt werden.

Rinspeed Smart Dock & Go (2012)

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(Foto: Rinspeed)

Die geringe Reichweite von Elektroautos ist noch immer ein Problem. Rinspeed hatte dafür schon vor vier Jahren eine Lösung: eine Art Rucksack, der an das Heck des Autos andockt. So wollten die Schweizer dafür sorgen, dass zum Beispiel mit einem Smart weitere Strecken absolviert werden können. Gleichzeitig dient der Anhänger als Stauraum für Gepäck.

Rinspeed X-Trem (1999)

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(Foto: Rinspeed)

Nicht ganz so bedeutungsschwer war Rinspeeds Beitrag zum Genfer Autosalon 1999: ein Pick-up mit eigenem Kran, der auch David Hasselhoff gefallen würde. Rinderknecht war zuvor aufgefallen, dass die Trucks mit der großen Ladefläche in den USA besonders beliebt sind, aber meistens nichts transportieren. Also spendierte er seinem X-Trem einen Kran zum Beladen. Und ein farblich passendes Luftkissenboot noch dazu.

Rinspeed Bamboo (2011)

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(Foto: Rinspeed)

Inspiriert von den Siebzigerjahren und Südfrankreich sei der Bamboo, erklärte Frank M. Rinderknecht 2011. Dem Namen entsprechend ist der Strand-Buggy zum Teil aus Bambus gefertigt und wird von einem Elektromotor angetrieben. Ist der Akku leer, kann der Fahrer auf das im Auto verstaute Faltrad umsteigen.

Rinspeed Splash (2004)

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(Foto: Rinspeed)

Am unterhaltsamsten sind die Studien von Rinspeed allerdings, wenn die Schweizer ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Wie beim Splash. Der verwandelt sich per Knopfdruck in ein Boot, das auf dem Wasser bis zu 80 km/h erreicht. Ab einer Wassertiefe von etwas mehr als einem Meter lassen sich zwei Flügel ausklappen, die das Showcar in 60 Zentimetern Höhe übers Wasser gleiten lassen.

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