Richtig Feilschen beim Autokauf:"Fast niemand zahlt den Listenpreis"

Noch nie waren die Zeiten für Schnäppchenjäger beim Autokauf so günstig: Die alten Preise wackeln, alles ist Verhandlungssache. Der Profi-Einkäufer Jens Uwe Wendel über die wichtigsten Regeln beim Feilschen

Malte Conradi

SZ: Herr Wendel, was ist die wichtigste Regel auf dem Weg zum Rabatt?

Jens Uwe Wendel: Zunächst einmal müssen Kunden sich überhaupt trauen zu verhandeln. Da hört es bei vielen schon auf. Zugleich darf man aber auch nicht übertreiben und zu fordernd auftreten, sonst wird man vom Verkäufer nicht ernst genommen. Die richtige Mitte treffen Kunden nur, wenn sie sich genau informieren über Preise und Modelle. Dabei hilft es, mehrere Angebote einzuholen und den Händler mit der Konkurrenz zu konfrontieren.

Wie viel Spielraum hat der Verkäufer, um beim Preis nachzugeben?

Je nach Marke unterschiedlich: bei Mercedes oder BMW weniger, bei Fiat oder Opel mehr. Insgesamt haben die Händler weniger Spielraum, als noch vor einigen Jahren. Die Hersteller räumen ihnen eine immer kleinere Marge ein. Zugleich werden die Kunden immer fordernder, die Rabatte immer größer: Wer früher sechs Prozent gab, gibt heute neun, aus zwölf Prozent wurden 15 Prozent. Anders als noch in den Achtzigerjahren zahlt heute fast niemand mehr den Listenpreis. Das macht den Händlern das Leben schwer, viele müssen aufgeben.

Sie machen Rabattjägern gerade ein schlechtes Gewissen.

Ach was, das ist nicht nötig. Solange man offen und ehrlich auftritt, ist alles in Ordnung. Unfair finde ich es nur, wenn jemand sich beraten lässt, eine Probefahrt macht und dann doch im Internet kauft. Übrigens sollten Kunden sich nicht nur über Preise informieren, sondern auch genau wissen, was sie überhaupt wollen. Sonst lassen Sie sich vom psychologisch geschulten Verkäufer schnell irgendwelche Ausstattungspakete aufschwatzen. Rechnerisch ist das dann vielleicht ein großer Rabatt, aber was bringt der Ihnen, wenn Sie das Zubehör gar nicht wollten? Der Wunsch nach einer elektrischen Fahrersitzverstellung endet häufig mit dem Kauf eines Memory-Paketes für den vielfachen Preis.

Gilt die alte Regel noch, dass Barzahler die beste Verhandlungsposition haben?

Wenn der Händler einen Zinssatz unter Marktniveau anbietet, stimmt das. Dann ist ja bereits die günstige Finanzierung ein Rabatt. Ein Zins von fünf oder sechs Prozent ist hingegen für den Händler wie eine Barzahlung, da kann man schon gut verhandeln. Und bei allem darüber natürlich erst recht.

Gibt es den perfekten Zeitpunkt zum Feilschen?

Sie meinen den Cabrio-Kauf im Winter? Mehr bringt es wahrscheinlich, gegen Ende des Geschäftsjahres loszuziehen. Vielleicht muss der Händler noch ein paar Fahrzeuge verkaufen, um sein selbst gestecktes Ziel zu erreichen, um dann bessere Konditionen beim Hersteller zu bekommen. Dafür muss man nur wissen, wann das Geschäftsjahr endet, meistens ist es der 31. Dezember. Und dann gibt es natürlich noch die Regel, dass bei Modellen, die schon ein paar Jahre auf dem Markt sind, mehr zu holen ist, als bei ganz frischen. Die höchsten Rabatte gibt es natürlich auf Auslaufmodelle.

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