Rekordversuch: Erdumrundung per Boot:"Wir müssten ein Loch in den Rumpf schlagen"

In seinem futuristischen Biodiesel-Rennboot will Pete Bethune die Welt umrunden - schneller als je ein Mensch zuvor. Der Neuseeländer ist sich seines Erfolges sicher - wenn das Boot nicht sinkt und der Zoll keine Probleme macht.

Stephan Bernhard

Pete Bethune, 41, arbeitete viele Jahre als Ingenieur für Ölfirmen in der Nordsee und in Nordafrika; jetzt will er auf Alternativen zu fossilen Brennstoffen aufmerksam machen.

Seinen Trimaran beschleunigen zwei je 540 PS starke Dieselaggregate auf bis zu 90 km/h. Damit die Cockpitscheibe dem Wasserdruck beim Unterschneiden der Wellen standhält, ist sie aus 17 Millimeter dickem Spezialglas gefertigt.

SZ: Am 6. März wollen Sie in Barbados starten. Ist alles klar zum Auslaufen?

Bethune: Fast - uns fehlen im Moment noch etwa 200.000 Dollar, aber das kriegen wir schon noch hin. Seit 2002 arbeite ich an diesem Projekt, habe 1,4 Millionen Dollar an Privatvermögen und Krediten investiert; weitere 1,5 Millionen Dollar kamen von etlichen kleinen Sponsoren, wobei die meisten Firmen Bauteile für das Boot spendeten. Trotzdem war ich zweimal bankrott und musste den Bootsbau unterbrechen. Aber jedes Mal habe ich eine Lösung gefunden - und das wird auch jetzt so sein.

SZ: Eigentlich müssten sich internationale Sponsoren doch darum reißen, ihr Firmenlogo auf dem Rumpf eines Bootes zu sehen, das in Rekordzeit rund um die Welt fährt?

Bethune: Leider haben potentielle Geldgeber eher die Sorge, dass ihr Name auf einem Boot steht, das mitten im Ozean versinkt.

SZ: Haben Sie denn Angst, in Seenot zu geraten?

Bethune: Die Route entlang des Äquators ist etwa 44500 Kilometer lang und führt durch einige der meistbefahrenen Schifffahrtsstrecken, auch durch Panama- und Suezkanal - da kann einiges passieren. Gefährlich sind auch Container, die groß wie Lastwagen sind und zu Tausenden in den Ozeanen treiben. Tückisch ist, dass nur wenige Zentimeter eines solchen Containers über die Wasseroberfläche ragen und sie daher kaum rechtzeitig zu erkennen sind. Einem Zusammenstoß würde der Bootsrumpf nur mit sehr viel Glück standhalten.

Auf der nächsten Seite sehen Sie die Route und lesen, warum eine Axt im Cockpit hängt und ob die Bootsform nicht auch ein bisschen Show ist.

"Wir müssten ein Loch in den Rumpf schlagen"

SZ: Gibt es eine bestimmte Situation, die Sie besonders fürchten?

Bethune: Sollte das Boot kentern und kopfüber im Ozean treiben, sind meine Crew und ich unter Wasser gefangen. Um zu entkommen, müssten wir ein Loch in den Rumpf schlagen; für diesen Fall hängt eine Feueraxt im Cockpit.

SZ: Das Boot sieht recht ungewöhnlich aus - alles Show?

Bethune: Nein! Das Design wird Wave Piercing genannt. Bei stürmischer See fahren wir nicht über die Wellen, sondern mitten hindurch.

SZ: Sie tauchen mit dem Boot wie ein Torpedo durch die Wellen?

Bethune: Genau. Vor Neuseeland sind wir bei zwölf Meter hoher Dünung rausgefahren. Zuerst rast man auf eine Wasserwand zu, dann taucht die Bugspitze ein und im nächsten Moment ist das Cockpit von schwarzem Wasser umgeben, bevor man wieder durch die Rückseite der Welle schießt. Teilweise waren wir bis zu fünf Meter unter Wasser.

SZ: Seit 1998 hält das britische Motorboot Cable & Wireless mit 75 Tagen den Rekord für die schnellste Weltumrundung. Sie wollen mindestens zehn Tage schneller sein...

Bethune: Unser Boot ist schneller. Wir scheitern nur, wenn der Rumpf zerbricht, der Motor schlapp macht oder ein anderes Problem auftritt.

SZ: Was könnte so ein Problem sein?

Nonstop mit Tempo 45

Bethune: Während der Weltumrundung müssen wir zwölfmal auftanken. Für jeden Stop sind zwei Stunden eingeplant, allerdings müssen wir uns in jedem der Häfen beim Zoll anmelden - wenn irgendwo ein Beamter beschließt, uns ein paar Tage festzuhalten, kann das den Rekord kosten.

SZ: Wie werden die Seetage aussehen?

Bethune: Mit mir sind noch drei Crewmitglieder an Bord. Wir fahren nonstop mit einem Tempo von 45 km/h und wechseln uns alle zwei Stunden am Steuer ab; täglich sollte jeder sechs Stunden schlafen. Um Gewicht zu sparen, sind die Innenräume nicht gestrichen; da der Rumpf aus Karbon gebaut ist, ist im Boot alles tiefschwarz. Ich hoffe, das wird nicht allzu deprimierend.

SZ: Der französische Skipper Bruno Peyron hält seit 2005 den Rekord für die schnellste Weltumsegelung - er schaffte die Strecke in 50 Tagen. Warum ist ein Motorboot langsamer?

Bethune: Unter Seglern ist dieser Rekord hart umkämpft. Es gibt viel Konkurrenz und Firmen, die Unsummen investieren - also müssen die Skipper ans Limit gehen, um immer neue Rekorde aufzustellen. Bei Motorbooten ist das Interesse geringer, daher sind wir noch weit von den Grenzen des Möglichen entfernt.

SZ: Was treibt Sie an, all ihr Geld und ihre Zeit in dieses Projekt zu stecken?

Bethune: Bei der Weltumrundung verwende ich Biodiesel und will zeigen, dass es eine tatsächliche Alternative zu fossilen Brennstoffen gibt. Wenn man mit Biodiesel in Rekordzeit um die Welt fahren kann, kann man damit auch täglich zur Arbeit fahren.

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