Schadstoffemissionen:Cooles Motor-Tuning

Wassereinspritzung bei BMW

BMW will die Wassereinspritzung bereits im kommenden Jahr in seinen leistungsstarken M-Modellen in Serie bringen.

(Foto: BMW Group)
  • Im September 2017 wird ein strengeres Prüfverfahren eingeführt, um den realen Schadstoffausstoß von Autos zu messen.
  • Nach heutigem Stand hätten viele Motoren, vor allem kleine Downsizing-Aggregate, Probleme, die dann geltenden Grenzwerte zu erreichen.
  • Die Autohersteller forschen deshalb intensiv nach neuen Methoden, um ihre Autos sauberer zu machen. BMW setzt dabei auf die Wassereinspritzung - und will die Technologie schon im kommenden Jahr in Serie bringen.

Von Joachim Becker

Aufregung im Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA): Von September 2017 an soll in Europa ein neuer Abgastest eingeführt werden. Dann werden nur noch Personenwagen zugelassen, die auch in der Praxis wenig Schadstoffe ausstoßen.

Unter Laborbedingungen sind schon heute alle neu eingeführten Automodelle abgasarm. Im Alltag sind die Anforderungen der geltenden Euro-6-Norm aber viel schwieriger zu erfüllen als auf dem Prüfstand. So stoßen Benziner mehr Partikel, Kohlenmonoxid und Stickoxide aus, wenn sie unter realistischen Fahrbedingungen (Real-Driving Emissions, RDE) betrieben werden.

Kopfzerbrechen bereitet den Motorenentwicklern auch, dass die RDE-Testvorschriften noch nicht genau festgelegt sind. "Wir müssen schnellere Fortschritte machen", mahnt Erik Jonnaert, "diese Salami-Taktik bei den Vorbereitungen des neuen Testverfahrens ist keine smarte Form von Regulierung", kritisiert der ACEA-Generalsekretär.

Die Probleme der Downsizing-Aggregate

Trotz der grünen Plakette für die Einfahrt in Umweltzonen sind viele Autos nicht so umweltfreundlich, wie es scheint. Beim kräftigen Beschleunigen werden moderne Motoren, die auf geringen Verbrauch getrimmt sind, schnell zu Luftverschmutzern. Besonders gefährdet sind Aggregate mit geringem Hubraum und hoher Leistung. Die Kraftzwerge müssen sich wesentlich mehr anstrengen, um große Autos zu bewegen.

Das fällt im bisherigen NEFZ-Prüfzyklus kaum auf, weil er zu 40 Prozent aus Konstantfahrten besteht. Doch der neue WLTC-Prüfzyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycle), der ebenfalls 2017 in Kraft treten soll, verschärft die Prüfungsbedingungen deutlich. Er hat ein wesentlich dynamischeres Fahrprofil, steigert das Durchschnittstempo von 33,6 auf 46,5 km/h und verdoppelt die gefahrene Strecke auf 23 Kilometer.

Neuer Prüfzyklus, neuer Abgastest und die verschärfte Abgasnorm Euro 6c ab 2017 - können die Automobilhersteller die CO₂-Ziele in Europa bis 2021 unter diesen Bedingungen überhaupt noch erreichen? Diese Frage stellten sich viele Teilnehmer auf dem Internationalen Wiener Motorensymposium, das im Mai stattfand. Allein sechs Vorträge waren dem Thema RDE gewidmet.

Unterschiedliche Lösungsansätze

Die deutschen Marken wollen sich bei ihren Lösungsstrategien aber noch nicht in die Karten schauen lassen. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung arbeitet Mercedes weiter an der Magerverbrennung und will 2018 die variable Verdichtung einführen. Im neuen Audi A4 2.0 TFSI wird ein optimiertes Miller-Brennverfahren mit variabler Einlasssteuerung Premiere feiern, das schon bald mit einem elektrischen Turbolader kombiniert werden soll (SZ berichtete). Und BMW hat mit der Wassereinspritzung ebenfalls einen eigenen Weg in die Zukunft eingeschlagen.

Wassereinspritzung? Das ist für Kenner der Materie ein alter Hut. Schon der Saab 99 Turbo versuchte bis 1984 seine thermischen Probleme auf diese Weise in den Griff zu bekommen. Auch im Motorsport ist das kühle Nass ein probates Mittel, um die Verbrennungstemperaturen bei Volllast zu senken: Wasserdampf im Ansaugrohr kann eine interne Kühlung durch zusätzlichen Kraftstoff vermeiden. Das senkt den Verbrauch und schützt die Bauteile auf der heißen Seite des Motors.

Bosch-Geschäftsführer Rolf Bulander stellte die Wassereinspritzung auf dem Wiener Motorensymposium als Entwicklungsprojekt vor: Gerade bei hohen Drehzahlen soll sie den Verbrauch um bis zu 13 Prozent senken. Im Normzyklus könnten vor allem dank eines höheren Verdichtungsverhältnisses unterm Strich vier Prozent Effizienzgewinn übrig bleiben.

Erster Einsatz ins BMWs M-Modellen

Bei BMW M wird der kühlende Wassernebel schon im nächsten Jahr zum Einsatz kommen. "Mit der Wassereinspritzung können wir die Leistung steigern, ohne den Verbrauch zu erhöhen", sagt Jürgen Poggel, Leiter der BMW M Motorenentwicklung, "wer bei ungefähr jedem fünften Tankvorgang destilliertes Wasser nachfüllt, hat mehr PS zur Verfügung. Ansonsten gehen wir wieder zurück auf die normale Leistung von 317 kW, die wir heute in Serie haben."

Wichtiger als die Sechszylinder-Hochleistungsmotoren mit Wassereinspritzung ist jedoch die entsprechende Weiterentwicklung des Dreizylinder-Benziners: "Je kleiner die Motoren, desto wirkungsvoller ist die Wassereinspritzung, weil man öfter in die besonders emissionsrelevanten hohen Lastbereiche kommt. Das ist ein klassisches Grundmotorthema, deshalb treiben wir das als Motorenhersteller", erklärt Jürgen Poggel.

Wassergewinnung durch die Klimaanlage

Motor-Tuning mit Wasser ist das eine, aber die Einhaltung von Emissionsrichtlinien ist etwas völlig anderes. Deshalb arbeitet BMW an einer ständigen Wassergewinnung durch die Klimaanlage: "Auf Testfahrten durch die Alpen sind im Sommer zwischen zwei und drei Liter Wasser pro Stunde zusammen gekommen. Die Wassermengen, die wir durch Kondenswasser gewinnen, sind in Europa also ausreichend für die Wassereinspritzung. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt benötigt der M3 keine Wassereinspritzung, weil dann die normale Ladeluftkühlung ausreicht", so Poggel.

Noch steht eine Freigabe durch die Zulassungsbehörden aus. Wie bei Abgasnachbehandlungssystemen müsste der Bordcomputer den Antrieb abschalten, wenn der zulassungsrelevante Betriebsstoff nicht nachgefüllt wird. Trotzdem will BMW demnächst einen Prototyp des Einser mit Wassereinspritzung vorstellen.

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