Range Rover Evoque:Hecht im Karpfenteich

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Mit dem bemerkenswerten und sehr individuellen Evoque gibt Range Rover ein starkes Lebenszeichen. Er hebt sich erfreulich vom Allerlei der deutschen Premium-SUV ab. Die erste Ausfahrt.

Jörg Reichle

Die Auguren hatten schwarz gesehen, rabenschwarz. Als im Juni 2008 der indische Großkonzern Tata die beiden britischen Traditionsmarken Jaguar und Land Rover aus dem Bauchladen des allmächtigen Ford-Konzerns herauskaufte, schien für viele das Ende des Abendlands gekommen. Von verschleudertem Erbe war die Rede, vom Ausverkauf europäischer Autobaukunst, vom Bankrott britischer Auto-Tradition gar, was immer man darunter verstehen mochte.

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Mit dem bemerkenswerten Evoque gibt Range Rover ein starkes Lebenszeichen.

Vergessen wurde dabei gerne, dass das Siechtum von Jaguar Land Rover (JLR) gerade unter Ford-Regie einen Höhepunkt erreicht hatte - eine Erblast, unter der man noch immer stöhnt. "Wir können nicht erwarten", sagt Jaguar-Markenchef Adrian Hallmark nüchtern, "dass wir 20 Jahre Stop-and-Go-Strategie jetzt in einem Jahr aufholen können."

Wie sich der neue Hausherr die Zukunft vorstellt, erläutert Karl-Peter Forster, Chef von Tata Motors und zuletzt oberster General-Motors-Mann in Europa, so: "Tata hat nicht den Ehrgeiz, eine globale Marke mit möglichst vielen Synergien zu schaffen. Wir investieren stattdessen in Möglichkeiten."

Das klingt nach langer Leine und kreativem Potential. Ein Hoffnungsschimmer also und vielleicht mehr als das. Von Möglichkeiten ("opportunities") ist jedenfalls derzeit viel die Rede bei JLR in Gaydon, Warwickshire, England.

Eine davon heißt Evoque. Der neueste Land Rover, so viel darf man vorweg nehmen, ist eine der bemerkenswerten Neuerscheinungen dieses Jahres, oder: "das aufregendste Auto, das wir je gebaut haben," wie John Edwards urteilt. Der Markenchef von Land Rover sieht im Evoque außerdem den "ersten Schritt in unsere Wachstumsstrategie."

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Dass der neue Land Rover tatsächlich auf Anhieb einen bleibenden Eindruck hinterlässt, liegt vor allem am Design: dramatisch ansteigende Flanke, niederer, nach hinten abfallender Aufbau mit kleinen Fenstern, große Räder (bis 20 Zoll), knappe Überhänge.

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Außerdem stimmt das Package, vor allem, weil der Evoque klein und leicht genug ist um in die Zeit zu passen: 43 Zentimeter kürzer und 35 Prozent leichter als ein Range Rover Sport.

Drinnen wiederum hat er, vergleichbar dem BMW X1, genügend Platz (auch hinten), um zu viert ordentlich zu reisen, inklusive maximal 1445 Liter Gepäck. Geboten wird außerdem eine tadellose, intuitive Bedienung in aufgeräumtem Layout samt Achtzoll-Touchscreen. Audio und Bluetooth und alle weiteren digitalen Spielereien sind ja ohnehin Pflicht, wenn ein neues Auto heute auf jüngere Käufer zielt.

Das Kult-Potential des im doppelten Sinn jüngsten Range Rover wird noch angeheizt durch ein reichhaltiges Angebot schicker Farben, ein wahlweise weißes Dach à la Mini und allerlei Alu-Schmuck ringsum.

Auch sonst ist Individualisierung das Gebot: Es gibt den Evoque mit vier und als Coupé mit nur zwei Türen, mit permanentem Allradantrieb (Serie) oder auch nur mit angetriebenen Vorderrädern für ein Leben jenseits von Schlamm.

Dass der Evoque sein Markenerbe dennoch ernst nimmt, erkennt man nicht zuletzt an der Inbrunst, mit der die Land-Rover-Leute dessen Geländekompetenz hervorheben. Sie schwärmen von Wattiefe und Böschungswinkel, loben ihn als Kletttermaxe mit dem elektronischem Terrain-Response-System.

Leider blieb das beim ersten Kennenlernen reine Theorie, fahren konnten wir den Evoque lediglich auf dem Straßenlabyrinth der Teststrecke in Gaydon. Das aber mit wachsendem Vergnügen.

Spontaner Eindruck: der Evoque fährt sich wie eine kompakte Limousine, lenkt sich präzise, feinfühlig und nicht zu leichtgängig. die Abstimmung der Federung trifft den schmalen Grat zwischen Dynamik und Komfort präzise, besonders, wenn man sich für die adaptiven Dämpfer (Option) entscheidet. Nice to drive, wie der Engländer zu sagen pflegt, schön zu fahren. und ziemlich sportlich obendrein.

Was die Motoren angeht, werden drei Vierzylinder-Direkteinspritzer angeboten - ein Turbo-Benziner mit 240 PS (ab 39.900 Euro) und zwei Diesel mit 2,0 Liter Hubraum und 150 PS (ab 33.100 Euro) sowie 2,2 Liter und 190 PS (ab 37.900 Euro, die Zweitürer kosten jeweils 1000 Euro mehr).

Benziner und großer Diesel hinterließen spontan einen vorzüglichen Eindruck: Leistung satt, hohe Laufkultur, wenig Lärm. Als Verbrauch gibt Land Rover für die Diesel 4,9 und 6,4 Liter an, für den Benziner immerhin noch 8,4 Liter/100 km.

In drei Ausstattungen wird der Range Rover Evoque angeboten (Pure, Prestige, Dynamic). Damit ist er individuell genug, um von diesem September an im Allerlei der deutschen Premium-SUV mehr als nur den Hecht im Karpfenteich zu geben.

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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