Proton 400er-Serie:Große Auswahl, kleine Preise

Der malaysische Hersteller will 1996 sein Händlernetz ausbauen

(SZ vom 22.06.1996) Eine Sonne ist das Markenzeichen des malaysischen Automobilherstellers Proton, der sich seit gut einem Jahr bemüht, mit preiswerten Familienautos den hiesigen Markt zu erobern. Die Resonanz beim Publikum war anfangs freilich bescheiden. Ganze 1677 Fahrzeuge konnte das Unternehmen, das mit Mitsubishi-Know-how jährlich etwa 150 000 Fahrzeuge fertigt, bis zum 31. Dezember in der deutschen Zulassungsstatistik unterbringen. Seit einigen Wochen hat Marketingleiter Rolf-Ronny Westphal allerdings den Eindruck, daß 'der Knoten geplatzt ist'. Sein Optimismus nährt sich zum einen aus der Tatsache, daß Ende April bereits rund 1000 Fahrzeuge verkauft waren, zum anderen beruht er darauf, daß die Händler seit kurzem ein größeres Angebot auf Lager haben: In der Baureihe 400, der malaysischen Version des Mitsubishi Lancer, stehen jetzt insgesamt neun Varianten und fünf statt zwei Motoren zur Wahl, und außerdem wird Proton noch in diesem Sommer eine zweite Baureihe ins Rennen schicken, einen Dreitürer nach Art des Mitsubishi Colt.

Die neuen Varianten der viertürigen Baureihe 400, die mit Schräg- und Stufenheck angeboten wird, orientieren sich nach Aussage des hiesigen Importeurs, der in Friedberg ansässigen Firma 3A, stark an den Wünschen von Kunden und Händlern, die zum einen weniger Pferdestärken forderten, zum anderen ein zusätzliches Zugpferd begehrten. Deshalb wurden dem 413i mit einer Höchstleistung von 66 kW (90 PS) und dem 416i mit 83 kW (113 PS) ein 2,0-Liter-Diesel und zwei Benziner mit 1,3 bzw. 1,8 Liter Hubraum zur Seite gestellt.

Geräumig und familientauglich

Zwei der neu hinzugekommenen Aggregate erweitern die Modellpalette nach unten: 50 kW (68 PS) mobilisiert der Diesel, 55 kW (75 PS) der 413i. Am oberen Ende der Leistungsskala ist hingegen nicht viel hinzugekommen: Der 418i bringt es auf 85 kW (115 PS), bietet also nicht wesentlich mehr Leistung als das bisherige Topmodell. Deutlich spürbar sind hingegen die Unterschiede im Zugkraft-Angebot: Der Neuling stellt bei 5000 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute 160 Newtonmeter zur Verfügung, während beim 416i die Drehmomentkurve schon bei 137 Nm ihren Höhepunkt erreicht.

Interessant sind die Fahrzeuge vor allem für Leute, die ein geräumiges, familientaugliches Auto suchen, aber nicht zuviel Geld in einen fahrbaren Untersatz investieren wollen. Diesen Ansprüchen werden die Proton-Pkw durchaus gerecht, denn seit dem Start im vergangenen März hat der Hersteller in einigen Details nachgebessert und Ausstattungsmängel beseitigt. Technische Raffinessen darf freilich niemand erwarten; statt dessen bietet Proton die in der Branche noch immer einzigartige Sechs-Jahres-Garantie.

21 990 Mark kostet der neue 413i, der nur mit Schrägheck angeboten wird und sich flotter über die Straßen bewegt, als die Papierform erwarten läßt. Er ist damit exakt 2000 Mark teurer als der 415 GLi, das Einstiegsmodell mit Stufenheck, an dem nur Leute ihre Freude haben, die eine Servolenkung für ebenso überflüssig halten wie die geteilt umklappbare Rücksitzbank.

Mehr Komfort als Sicherheit

Immerhin: Der Fahrerairbag gehört in allen Varianten zur Serienausstattung - ganz im Gegensatz zur Wegfahrsperre, für die der Händler in jedem Fall 290 Mark extra in Rechnung stellen kann. Ein Antiblockier-Bremssystem findet sich derzeit nur im 418i zu 28 990 Mark, und das ist auch der Hauptgrund für den enormen Preisabstand von 2500 Mark zum nahezu gleichstarken 416i.

Die ABS-Lücke im Angebot will Proton als nächstes beseitigen, wenngleich Marketing-Chef Rolf-Ronny Westphal nicht mit einer großen Nachfrage rechnet. Komfort, so seine Erfahrung, verkauft sich noch immer besser als Sicherheit: Nur 30 Prozent der ersten Proton-Käufer, in deren Fahrzeug der Airbag fehlt, seien beispielsweise bereit gewesen, 195 Mark in die Nachrüstung zu investieren, obwohl sie dadurch, wie Westphal findet, quasi kostenlos 'ein schöneres Lenkrad bekommen'.

Einen Proton-Händler zu finden, fällt potentiellen Kunden in manchen Teilen der Bundesrepublik noch schwer, auch wenn das Vertriebsnetz erkennbar engmaschiger geworden ist. Weiße Flecken weist die Proton-Landkarte nach Aussage von Marketing-Mann Westphal unter anderem im 'extremen Süden' auf. Zur Zeit stehen bei Proton 230 Betriebe unter Vertrag und bis zum Ende des Jahres sollen noch einmal 70 hinzukommen, doch zur Flächendeckung braucht ein Unternehmen mindestens 400.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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