Porsche Macan S Diesel im Test:Der letzte Biss fehlt

Porsche Macan S Diesel

Der Porsche Macan S Diesel kostet mindestens 59 120 Euro.

(Foto: WGO)

Ein Porsche weckt Begeisterung. Aber auch als Mittelklasse-SUV mit Dieselmotor? Der Macan S Diesel zeigt: Ganz so einfach ist es dann doch nicht.

Von Thomas Harloff

Quizfrage: "Welche deutsche Sportwagenmarke hat 2014 weltweit fast 190 000 Autos verkauft?" Würde darauf mit "Porsche" antworten, wäre einem die nächste Gewinnstufe wohl sicher - aber so hundertprozentig richtig wäre das trotzdem nicht. Denn Porsche ist inzwischen eher eine Gelände- als eine Sportwagenmarke. In Deutschland verkauften die Schwaben im vergangenen Jahr 10 821 Cayenne und Macan. 911, Boxster und Cayman kommen zusammen nur auf 10 716 Exemplare. Global betrachtet ist der Abstand noch eklatanter: Gut 30 000 verkauften Elfern stehen 2014 etwa 45 000 Macan gegenüber. Dabei ging das SUV erst im April in den Verkauf.

Nun wird keiner die Marke Porsche mit Land Rover oder Jeep verwechseln. Während sich deren Modelle nur zu gern im Schlamm wälzen, fühlen sich die Erzeugnisse aus Stuttgart-Zuffenhausen am wohlsten, wenn sie festen Boden unter den Rädern haben. Selbst auf der Rennstrecke wirken ein Cayenne oder Macan nicht zwangsläufig deplatziert - eben weil sie aus dem Hause Porsche stammen. Nicht einmal von Dieselmotoren lassen sich Porsche-Kunden heutzutage abschrecken. Beim Panamera oder Cayenne ist der früher als Nutzfahrzeugmotor verschriene Antrieb längst salonfähig.

Gleicher Preis, weniger Leistung

Was spricht also dagegen, einen Macan S mit Dieselmotor zu kaufen? Vielleicht der Preis. Für 59 120 Euro bekommt der Kunde einen V6-Turbodiesel mit 258 PS, der das SUV in 6,1 Sekunden von null auf 100 km/h und auf maximal 230 km/h beschleunigt. Nur knapp 600 Euro mehr kostet der Macan S mit 340 PS starkem V6-Biturbo und deutlich besseren Fahrleistungen: null auf hundert in 5,2 Sekunden, 254 km/h Höchstgeschwindigkeit. Beim Autoquartett sticht der Benziner den Diesel also locker - sofern der Verbrauch nicht abgefragt wird. Da ist der Selbstzünder zumindest auf dem Papier klar im Vorteil, mit 6,1 zu 8,7 Liter.

Bei einem Porsche geht es auch um den Klang, der die Verwandlung von Kraftstoff in Vortrieb und Abgase untermalt. Das Boxersägen des Elfers ist im Macan keine Option. Wie den Cayenne und Panamera gibt es ihn nur mit V-Motoren. Aber auch die können sinnlich klingen, zumindest als Benziner. Beim Diesel hat selbst der beste Soundtüftler keine Chance, eine irgendwie geartete Emotion ins Klangbild zu integrieren. Zumindest außerhalb des Autos ist das typische Nageln immer präsent. Ganz anders ist es innen. Der Macan ist leise und schlägt, sobald der Motor gefordert wird, eine tiefe Stimmlage an. Das ist nicht aufregend, aber angenehm zurückhaltend.

Ein echter Porsche mit Platz für vier

500 Liter Gepäckvolumen, sogar das Dreifache bei umgeklappter Rücksitzlehne: Hier liegt der wahre Vorteil, wenn man beim Porsche-Händler nicht zum Coupé oder Cabrio, sondern zum SUV greift. Auch die Fondpassagiere können sich im 4,68 Meter langen Macan nicht über zu wenig Platz beklagen - für drei Personen wird es allerdings schon eng. Das gilt auch für Fahrer und Beifahrer, mit einer Einschränkung: Die für die Marke charakteristische, nach vorne ansteigende Mittelkonsole sorgt für ein beengtes Raumgefühl. Auch das links vom Lenkrad platzierte Zündschloss, die exzellenten, 1785 Euro teuren Sportsitze oder der mittig untergebrachte Drehzahlmesser verdeutlichen, dass der Macan ein echter Porsche ist.

Porsche Macan S Diesel

Nur ein Bruchteil der 120 Knöpfe, Schalter und Tasten, die sich über das Macan-Cockpit verteilen.

(Foto: WGO)

Gleiches gilt beim Bedienkonzept, doch das ist nicht als Lob zu verstehen. Porsche verweigert sich weiterhin dem Dreh-/Rückstellknopf auf der Mittelkonsole, mit dem sich bei der Konkurrenz so souverän durch das Bordsystem navigieren lässt. Stattdessen gibt es einen Touchscreen und handgezählte 120 Knöpfe, Tasten und Schalter. Die meisten anderen modernen Autos haben nicht einmal ein Drittel davon. Wer nicht gerade ein Porsche-Experte ist, muss praktisch immer den Blick von der Straße wenden, um auf der Mittelkonsole die richtige Taste für die gerade benötigte Funktion zu finden. Das nervt nicht nur, sondern ist auch ein Sicherheitsrisiko.

Reinsetzen, losfahren und schnell sein

Porsche Macan S Diesel

Heißer Rücken: Manche halten das Macan-Heck für das schönste aller Porsche-Modelle - 911 inklusive.

(Foto: WGO)

Im Gegensatz zum Bedienkonzept geht das Fahrverhalten des Macan sofort in Fleisch und Blut über. Reinsetzen, anlassen, losfahren und schnell sein, ohne dabei zum rücksichtslosen Kamikaze-Fahrer zu werden: Auch dieser SUV hat die typische Porsche-Genetik. Gerade beim Einlenken fragt man sich, wo das Lebendgewicht von 2,1 Tonnen plötzlich hin ist. Unangenehmes Schieben über die Vorderräder, eine Eigenheit vieler SUVs dieser Größen- und Gewichtsklasse, ist im Macan bei vertretbarer Fahrweise nicht spürbar. Er bietet zudem standfeste Bremsen, liegt straff und unerschütterlich auf der Straße und fährt so jederzeit sicher und souverän seines Weges. Beim Fahrkomfort fordert die dynamische Fahrwerksabstimmung allerdings Kompromissbereitschaft: Selbst im Komfortmodus finden Straßenunebenheiten den Weg in den Innenraum.

Und der Dieselmotor - für die Traditionalisten unter den Porschefans ein Sakrileg? Objektiv ist das Triebwerk so gut, wie ein 258 PS starker Dreiliter-Turbodiesel in einem Zweitonnen-SUV eben sein kann. Es ist ein Kompromiss, ein Motor für Vielfahrer, die mit 230 km/h auf der linken Spur Strecke machen wollen, ohne alle 200 Kilometer nachtanken zu müssen. Für Begeisterung sorgt er nicht, denn dafür fehlen der Klang, die Drehfreude, der Biss bei der Gasannahme, schließlich auch die Leistung. Wer das sucht, sollte lieber zum Macan S mit V6-Turbobenziner greifen.

Teurer als die Konkurrenz

Für wen lohnt es sich also, einen Macan S Diesel zu fahren? Natürlich für Menschen, die sich sonst einen Audi Q5 3.0 TDI, BMW X3 xDrive30d oder Mercedes GLK 350 CDI gekauft hätten, nur eben jetzt einen Porsche haben wollen. Die bereit sind, dafür etwa 7500 Euro zusätzlich auszugeben. Und noch deutlich mehr. Die meisten der elektronischen Helferlein, die dem Macan sein grandioses Fahrverhalten und den hohen Standard bei der aktiven Sicherheit bescheren, kosten viele tausend Euro extra. Den Testwagenpreis schrauben sie auf über 100 000 Euro.

Auch Vielfahrer, die sich das leisten können oder wollen und das agilste Mittelklasse-SUV suchen, finden im Macan S Diesel den richtigen Begleiter. Doch all jene, die sich von ihrem Porsche begeistern lassen und das Besondere dieser Marke genießen wollen, sollten eher zum Benziner greifen. Oder gleich zu einem der Sportwagen. Auch wenn sie damit zur Minderheit gehören.

Technische Daten Porsche Macan S Diesel:

V6-Dieselmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 190 kW (258 PS); max. Drehmoment: 580 Nm bei 1750/min - 4250/min; Leergewicht: 1955 kg; Kofferraum: 500 - 1500 l; 0 - 100 km/h: 6,3 s (6,1 s mit Sport-Chrono-Paket); Vmax: 230 km/h; Testverbrauch: 8,7 l / 100 km (lt. Werk: 6,1 - 6,3; CO2-Ausstoß: 159 - 164 g/km); Euro 6; Grundpreis: 59 120 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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