Plug-in-Hybrid im Fahrbericht:Schwer beladen

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Alles, was moderne Technik hergibt: Der Plug-in-Hybrid Q7 e-tron. (Foto: STG)

Geballte Intelligenz oder technischer Overkill? Der Audi Q7 e-tron soll mit moderner Antriebstechnik zum Klimaschutz beitragen. Doch die ist so schwer, dass die Ökobilanz kaum profitiert.

Von Michael Specht

Bei Greenpeace mag man keine Geländewagen. Die schweren Kisten gelten als Klimakiller. Das ist einer wachsenden Zahl von Kunden in den USA und in China herzlich egal. Auch die Käufer der großen SUV in Europa pfeifen auf die hohen CO₂-Werte und gönnen sich den üppigen Freiraum auf der Straße. Die Autohersteller strecken sich nach der Decke: Gebaut wird, was gefällt. Immerhin versuchen sie den Verbrauch ein wenig zu senken. Auch wenn der technische Aufwand dafür enorm ist.

In dieser Luxus-Liga spielt der Audi Q7. Sehr erfolgreich. Allein in den ersten vier Monaten nach seinem Debüt haben die Ingolstädter mehr verkauft als im ganzen Vorjahr. 350 kg Gewichtsersparnis gegenüber der ersten Generation und modernste Fahrerassistenz- und Infotainmentsysteme bürgen für eine neue Sorglosigkeit.

Vollends unbeschwert will der neue Q7 e-tron 3.0 TDI quattro sein. Ab dem kommenden Frühjahr soll die Öko-Variante kräftig Sprit sparen - mit Strom aus der Steckdose und einem kräftigen Dieselmotor. Der erste Plug-in-Hybrid-Antrieb in dieser Klasse ist das freilich nicht. Auf der Straße tummeln sich bereits der BMW X5 xDrive 40e, der Porsche Cayenne S E-Hybrid, der Mercedes GLE 500 e 4Matic und demnächst auch der Volvo XC90 T8 Twin Engine. Alle Hersteller preisen die Kombination von E-Maschine und großer Batterie als Wunderwaffe in Sachen Klimaschutz. Aber nach Meinung der Ingolstädter Ingenieure schlägt der Q7 e-tron sie alle.

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Normverbrauch und CO₂-Ausstoß sind realitätsfern

Punkten will der 2,5-Tonnen-Brocken mit seiner elektrischen Reichweite und seinem Verbrauch. Dank einer Batteriekapazität von 17,3 kWh soll er 56 Kilometer weit kommen. Der Strom-Vorrat würde selbst für ein reines Elektromobil genügen. Deshalb ist auch der Normverbrauch unschlagbar niedrig: 1,7 l/100 km. Diesem Papierwert entspricht ein ebenso realitätsferner CO₂-Ausstoß von 46 g/km.

Da lachen ja die Hühner, hätte man früher gesagt. Doch das Gesetz will es so. In dem Testzyklus wird der elektrisch gefahrene Anteil mit null Gramm CO₂ bewertet. Weil die Emissionen nicht am Rad, sondern im Kraftwerk entstehen, so die Logik. Im Bordcomputer wurde der Verbrauch mit fünf bis sechs Litern angegeben. Den Batterievorrat nicht eingerechnet. Denn die anfangs voll geladenen Akkus hatten wir am Ende unserer rund 100 Kilometer langen Testrunde weitgehend leer gefahren. Angetan waren wir von der Ruhe im Q7 e-tron.

Beim sanften Umgang mit dem Gaspedal ist nicht zu merken, wann sich welcher Antrieb ins Spiel bringt, so geschmeidig läuft alles ab. Der Komfort ist konkurrenzlos in dieser Klasse. Auch das Gefühl, mit so einem Riesen-SUV leise surrend und emissionslos unterwegs zu sein, vermittelt eine ganz neue Art des Autofahrens. Immerhin leistet die E-Maschine 128 PS. Und das Drehmoment von 350 Nm schaffen manche Zweiliter-Verbrennungsmotoren nicht. Beides reicht dicke, um im Verkehr entspannt mitzuschwimmen.

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Die Hybridtechnik wiegt 375 Kilogramm

Wer den Plug-in-Q7 elektrisch ins Büro fährt und dort nachladen kann, braucht den 258 PS starken V6-Diesel vornehmlich nur in der Freizeit. Fragt sich nur, ob die Kunden wirklich das Ladekabel nutzen. Für ein noch grüneres Umweltgewissen bietet Audi in Kooperation mit dem Energielieferanten Lichtblick regenerativen Strom in der heimischen Garage an.

Doch der Q7 e-tron kann auch anders. Wird mehr Leistung abgerufen, zum Beispiel beim Überholen, ziehen beide Motoren, E-Maschine und Sechszylinder, an einem Strang, treiben das SUV in 6,0 Sekunden von null auf 100 km/h und auf eine Spitze von 225 km/h. Das ist beachtlich bei dieser Masse. Denn die Hybridtechnik macht mit 375 zusätzlichen Kilos alle Gewichtseinsparungen gegenüber der ersten Modellgeneration wieder zunichte. Allein 202 kg gehen auf das Konto der Batterie im Wagenheck. Hier ist sie zwar strategisch gut untergebracht, mindert aber das Volumen im Kofferraum. Es sinkt im Vergleich zu den konventionellen Q7-Brüdern von 890 auf 650 Liter, bei umgeklappten Rücksitzlehnen von 2075 auf 1835 Liter - immer noch genug für den großen Familienurlaub.

Der Preis reißt allerdings ein dickes Loch in die Haushaltskasse. Mit 80 500 Euro kostet der Q7 e-tron fast 20 000 Euro mehr als der Einstiegs-Diesel. Da hilft die deutlich bessere Serienausstattung des Hybridmodells auch nicht so viel weiter. Mit dem Taschenrechner nachzurechnen, ab wann sich die Öko-Anschaffung lohnt, kann man sich getrost sparen. Man muss den Q7 e-tron einfach wollen und Spaß an der neuen Technik haben. So wie bei allen anderen Plug-in-Hybriden auch.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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