Städteplanung:Vom Parkhausbetonklotz zum Konzertsaal

Parkhaus in München am Josephsplatz

Zuerst bekämpft, jetzt begehrt: Der unterirdische Parkplatz am Josephsplatz.

(Foto: Stephan Rumpf)

Früher waren Parkhäuser nur Zweckbauten. Grau, kalt und hässlich. Nun sollen sie auch ästhetische Ansprüche erfüllen.

Von Kelly Kelch

Das Auto verliert in den Städten zwar zunehmend an Bedeutung, wie Soziologen und Mobilitätsforscher feststellen. Den Verkehrsplanern in den deutschen Metropolen verschafft dieser Trend aber noch kaum Erleichterung. In München etwa steigt die Anzahl der zugelassenen Autos weiterhin kontinuierlich. Die bayerische Landeshauptstadt landete außerdem in einem aktuellen Standortranking auf dem ersten Platz und ist auch bei Touristen sehr beliebt - dies bedeutet noch mehr Verkehr durch Zuzügler und Besucher. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die zunehmende Verdichtung des Stadtzentrums Fläche fehlt und im Zuge von Neu- und Umbauten nicht genügend neue Stellplätze erstellt werden können. Wohin also mit den vielen Autos?

Parkhäuser sind nur bedingt eine Antwort auf die prekäre und komplexe Fragestellung. Überdies möchte München, besonders in der Altstadt, das Gesicht der Stadt erhalten. Die meisten Parkhäuser sind jedoch hässliche Betonklötze.

"Der Parkhausbau boomte vor allem in den Sechziger- und Siebzigerjahren", erklärt Jürgen Hasse. Er ist Professor für Geografie an der Goethe-Universität Frankfurt und hat bereits vor einigen Jahren ein Buch über die Kulturgeschichte von Parkhäusern geschrieben. "Ihr Baustil zu dieser Zeit war strikt funktional. Damals dienten Parkhäuser dem alleinigen Zweck, den ruhenden Verkehr zu schlucken - und somit die Idee der sogenannten autogerechten Stadt zu verwirklichen", führt Hasse weiter aus.

Harmonisch in das Städtebild einfügen

Seit geraumer Zeit erleben die Parkhäuser eine architektonische Renaissance - zumindest im Ausland. Architekten und Bauherren zeigen, dass die Gebäude sowohl funktional als auch ästhetisch sein können. Sie sollen sich möglichst harmonisch in das Städtebild einfügen. Oder in einigen Fällen sogar prägend sein, wie das von Frank O. Gehry entworfene, farbenfrohe Parkhaus in Miami, das an das Konzerthaus New World Symphony angrenzt. Die Fassade wird von LED-Strahlern in verschiedene Farben getaucht und dient auch als Projektionsfläche für Übertragungen von Orchesterauftritten. Beeindruckend ist auch das Parkhaus in der Lincoln Road der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron. Es besteht aus sieben offenen, unterschiedlich hohen Ebenen. In dem Gebäude sind außerdem Shops und Cafés untergebracht. Es bietet nicht nur Platz für mehr als 300 Autos, sondern dient auch als Veranstaltungsort.

Ein besonderes Beispiel moderner Architektur sind auch die Glasfronten und Fassadenleuchten des Parkhauses im Civic Center der kalifornischen Stadt Santa Monica. Als erstes LEED-zertifiziertes Gebäude der USA (die Abkürzung steht für Leadership in Energy and Environmental Design) hat es durch Photovoltaik-Zellen auf dem Dach einen sehr niedrigen Stromverbrauch. Mit der erzeugten Energie können in dem modernen Parkhaus außerdem Elektro-Autos aufgeladen werden.

Technisch aufwendig, platzsparend, vollautomatisch

In deutschen Städten gibt es noch nicht so viele gute Beispiele. Die BMW Group saniert aktuell in München ihr historisches und öffentlich genutztes Parkhaus, das voraussichtlich im Oktober in Betrieb genommen werden kann. Zwischen 1969 und 1971 vom Architekten Karl Schwanzer in Betonbauweise errichtet, ist es ein Zeugnis der Baukultur und steht unter Denkmalschutz.

Das siebengeschossige Parkhaus wird mit Stahlverbundtragwerk fast komplett neu erbaut. Ein Großteil der Fassade bleibt erhalten. Mit der Neugestaltung wird auch die Chance ergriffen, zeitgemäße Anforderungen an Stellplätze und die Verkehrsführung umzusetzen und gleichzeitig 1480 Plätze zu schaffen. Als Lösung dient das D'Humy-System, ein vom amerikanischen Ingenieur Fernand d'Humy patentiertes Modell, das mit vier Rampen den Verkehr innerhalb von sieben Geschossen erschließt. Hierbei wird jeweils eine halbe Geschosshöhe gegeneinander versetzt und so die Parkfläche über Halbrampen maximal ausgenutzt.

Neuere Entwicklungen gehen in Richtung technisch aufwendiger, dafür platzsparender Tiefgaragen: In sogenannten Übergabekabinen wird das Auto per Knopfdruck in wenigen Minuten in die jeweils freie Parkfläche transportiert und gelangt so wieder zurück zum Besitzer. Diese sogenannten "Slimparker" sind weitaus effizienter als konventionelle Parkhäuser. Weil sie größtenteils in die Tiefe gebaut sind, haben sie außerdem den Vorteil, dass sie das Stadtbild kaum verschandeln. In vielen Städten sind diese vollautomatischen Systeme bereits realisiert. So auch zum Beispiel im Palais Coburg in Wien, das im vergangenen Jahr von Architekt Peter Pühringer fertig gestellt wurde. Das neuartige automatisierte Parkraumsystem mit zwei unabhängigen siebengeschossigen Fördersystemen bietet insgesamt 79 Stellplätze.

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