Opel Vectra i500:Der Charme der schnellen Verwandlung

Für 62 800 Mark gibt es eine getunte Familienlimousine, die in weniger als acht Sekunden von Null auf 100 km/h sprinten kann

(SZ vom 19.05.1999) Was sollen sie nur machen, all die Manta-Fahrer, die an ihrer Marke mit dem Blitz das lässige, sportliche Image so geliebt haben? Der Calibra schaffte es nie, aus dem Schatten seines Vorgängers hervorzutreten, und als Coupé hat Opel nur noch den kleinen Tigra im Programm. Aber wahrscheinlich sind die Manta-Fahrer sowieso keine besonders zahlreiche Klientel mehr, weil auch Manni wird älter und gründet mal eine Familie. Deshalb braucht er ein praktisches Gefährt, mit dem er auch mal den Nachwuchs zum Kindergeburtstag bringen kann. Doch wer wird da gleich auf die gewohnte sportliche Note verzichten wollen?

Die Rüsselsheimer bieten von Mai an in ihrem Modellprogramm einen von Haustuner Irmscher auf sportlich getrimmten Vectra an, der auf den Beinamen i500 hört. Ein solches Modell gab es schon im vergangenen Jahr einmal, und eigentlich sollte die Stückzahl - der Exklusivität halber - auf 500 Exemplare beschränkt werden.

Rückgriff auf bewährte Zutaten

Doch wenn die Nachfrage größer ist, gibt man sich gerne ein bißchen weniger nobel, wenn sich dafür der Finanzchef - und die 2500 deutschen Opel-Händler - freuen. So wurden etwa 2000 Vectra i500 verkauft, und nachdem das Mittelklasseauto kürzlich ein Facelift verordnet bekommen hatte, besannen sich die Marketing-Experten auf die goldene Kaufmannsregel, daß das, was ein Mal gut verkauft werden kann, meistens auch ein zweites Mal erfolgreich an den Mann oder die Frau gebracht werden kann.

Bei der zweiten Auflage des i500 hat Opel auf bewährte Zutaten zurückgegriffen: Man lege das Auto tiefer - in diesem Fall um zwei Zentimeter -, baue vorne eine eine kräftige Frontschürze an, verkleide die Seiten mit Schwellern, montiere größere Räder auf 17-Zoll-Felgen und pflanze einen großen Heckspoiler auf den Kofferraumdeckel der Stufenhecklimousine - und bloß das doppelte Auspuffrohr nicht vergessen. Den Innenraum werte man mit Sportsitzen und ein bißchen Zierrat im Titan-Design auf - und fertig ist der neue Vectra i500.

Mehr Kraft unter der Motorhaube

Doch die Optik ist nicht alles. Nach dem Motto, wo Sportlichkeit draufsteht, muß auch Power darunter sein, wurden Steuergerät, Ansauganlage und Nockenwellen des 2,5-Liter-V6-Motors geändert. Diese Kraftkur führte zu einer von 125 kW (170 PS) auf 143 kW (195 PS) gesteigerten Maximalleistung. Die Tachonadel des i500 kann auf 236 km/h klettern, bis der Wind endgültig Sieger bleibt, und wer will, kann in weniger als acht Sekunden von Null auf 100 km/h beschleunigen. Diese Werte klingen ziemlich dramatisch - bei einer ersten, kurzen Begegnung zeigte sich aber, daß der i500 trotz Frischzellenkur irgendwie doch eine brave Limousine geblieben ist - das ist der spröde Charme der schnellen Verwandlung. Das Triebwerk läßt vor allem im unteren Drehzahlbereich jenen deutlich spürbaren Schub vermissen, den man an Sportwagen so liebt. Gute Arbeit haben die Akustik-Ingenieure geleistet: Beim Beschleunigen gibt das Aggregat einen sonoren, kernigen Sound von sich. Das Fahrwerk ist sportlich-straff, aber nicht unkommod, und die vergrößerten Bremsscheiben zeigen sich standfest.

Alles in allem ist der i500 eine sportliche Mittelklasse-Limousine, die ihre Muskeln herzeigt, ohne dabei die Alltagstauglichkeit zu verlieren. Wer diesen Stil mag, kann schon einmal 62 800 Mark ansparen. Wer weniger ausgeben will und einen Internet-Anschluß hat, kann sich ja dafür den Corsa Web auf den Bildschirm holen. Oder weitersparen bis zum Herbst, wenn die nächste Opel-Neuheit ansteht: die Überarbeitung des Omega, der dann mit einem neuen 2,2-Liter-Vierzylindermotor als Basismotorisierung antritt.

Von Otto Fritscher

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