Opel Vectra Caravan DI 16V CD:Das sparsame Naglertier

Der Selbstzünder kann aber nicht mit der Laufkultur eines Audi TDI aufwarten

(SZ vom 19.02.1997) Mit den Ressourcen sparsamer umzugehen, diesen Auftrag hat die Automobilindustrie schon seit einigen Jahren erkannt. Doch erst jetzt rollen so langsam die Gefährte in größeren Stückzahlen auf unsere Straßen, mit denen sich Verbrauchswerte erzielen lassen, die vor zehn Jahren noch als unrealisierbar galten. Die Rede ist hier nicht vom vieldiskutierten, aber immer noch nicht fahrbereiten Dreiliter-Auto, das die Showrooms der internationalen Autoausstellungen bisher noch nicht verlassen hat. Zu den Vorreitern der Sparsamkeit haben sich jene Automobile gemausert, die kaum in den Hochglanz-Gazetten für Herzklopfen bei den Fans sorgen, sondern die sich im automobilen Alltag schon hunderttausendfach bewährt haben wie der VW Golf oder der Opel Vectra.

Dabei setzen die Hersteller auf die noch immer geltende Tatsache, daß der Dieselmotor der beste Futterverwerter ist und mit ihm die günstigsten Verbrauchswerte erzielt werden können. Opel hat seit gut einem halben Jahr einen Selbstzünder, der mit Vierventil-Technik, Direkteinspritzung und Turboaufladung arbeitet. Bei dieser Konzeption ging es aber nicht um Höchstleistung, sondern um Sparsamkeit und gutes Emissionsverhalten. Diese Triebwerkstechnologie ist auch im Vectra verfügbar, der in der Opel-Hierarchie zwischen dem kompakten Astra und der Mittelklassen-Limousine Omega rangiert. Wir haben uns etwas eingehender mit der Kombi-Variante befaßt, die bei den Rüsselsheimern bekanntlich Caravan heißt.

Als Antriebsquelle dient in diesem Fall ein 2,0-Liter-Aggregat mit dem Beinamen Ecotec, das 60 kW (82 PS) zur Verfügung stellt. Das klingt zunächst einmal nicht gerade üppig, zumal für einen Kombi, dessen Innenraum sich sehr variabel gestalten und ziemlich vollpacken läßt. Beim ersten Anlassen an einem kalten Wintertag schien der Diesel aber besonders auf sich aufmerksam machen zu wollen: Hört her, ich bin ein Ecotec! Er präsentierte sich als unüberhörbares Naglertier. Doch dieses Kaltlaufverhalten legte sich schon nach wenigen Kilometern. Dann klingt der Opel-Motor so, wie ein moderner Diesel sich meistens anhört: Man weiß, er ist da, aber er arbeitet akustisch angenehm im Hintergrund. Was an diesem Aggregat mehr überzeugt, ist die Art der Kraftentfaltung: Sie kommt aus dem Keller, also aus dem unteren Drehzahlbereich. So läßt es sich zügig im Verkehr mitschwimmen, nur oberhalb der auf deutschen Autobahnen gültigen Richtgeschwindigkeit sollten keine Wunder erwartet werden.

Für die Zahlenfreunde: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 178 km/h, der übliche Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 dauert mindestens 15 Sekunden. Die entscheidende Frage für den Käufer eines Diesel-Direkteinspritzers ist aber die nach dem Verbrauch: Opel gibt 6,1 Liter nach der neuen EU-Meßmethode auf 100 Kilometer an, nach dem alten DIN-Verfahren wären es gar nur 4,9 Liter gewesen. In der Praxis waren wir in der Tat mit Werten zwischen sechs und sieben Litern unterwegs, bei moderater Fahrweise, allerdings in bergigem Gelände. So lassen sich mit einer Tankfüllung Reichweiten bis zu 1000 Kilometer erzielen.

Das Fahrverhalten des Vectra Caravan wurde als ausgewogen empfunden, Federung und Dämpfung erschienen eine Spur zu weich - aber ein Auto mit 82 PS ist halt kein Sportwagen. Der Sitzkomfort ist auf allen Plätzen gut - und das Gepäckabteil kann auch ohne das Umklappen der Rücksitzlehnen als urlaubsfreundlich bezeichnet werden. Zur Serienausstattung gehören Airbags, ABS, Servolenkung und eine Höhenverstellung des Fahrersitzes. Auch die Dachreling ist - im Gegensatz zum neuen 5er touring - serienmäßig. Diese Basisvariante des Vectra Caravan mit der etwas langatmigen Typenbezeichnung DI 16V kostet 36 350 Mark.

Die beiden Buchstaben CD stehen für etwas mehr Luxus: Bei dieser Version gehören elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, Leseleuchten, Drehzahlmesser, Lederlenkrad und Nebelscheinwerfer serienmäßig dazu. Allerdings kostet der CD knapp 3000 Mark mehr, nämlich 39 220 Mark. Das ist zwar auch eine beträchtliche Summe, aber dennoch ein reeller Preis. Vor allem Vielfahrer werden aber - trotz Steuernachteil - den sehr günstigen Kraftstoffverbrauch zu schätzen wissen.

Von Otto Fritscher

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