Oldtimer-Auktionen:Ein Ferrari für 32 Millionen Euro

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Die Auktion, bei der dieser Ferrari für 32,1 Millionen Euro versteigert wurde. Hier steht er noch bei "nur" 28 Millionen. (Foto: Artcurial)

Je näher das Ende des Autos rückt, desto teurer sind die schönsten Exemplare. Zwar holen Porsche und Jaguar auf, aber das ganz große Geld verdienen Sportwagen aus Italien.

Von Alexander Hosch

Die neue Vorstellung, dass eine Software den eigenen Wagen steuert und nicht man selbst, ist ziemlich weit entfernt von jenen Autos, um die es hier geht: Ungefähr 35 bis 80 Jahre weit. Auch die Vision, dass der Mensch seinen fahrbaren Untersatz mit anderen teilen soll, schien damals absurd. Collection Cars aus dem 20. Jahrhundert werden heute, oft von Spezialisten wie RM oder Gooding, am Rand spektakulärer Autoschauen versteigert, zu astronomischen Preisen.

Es sind besonders seltene und besonders schöne Autos aus jener Zeit, kurz vor deren Ende der französische Philosoph Paul Virilio 1977 den Begriff "Dromologie" erfand, der ein komplett exaltiertes Verhältnis der Gesellschaft zur Geschwindigkeit bezeichnet. Aus den Jahren also, als sich noch keiner schämte, wenn er das Gaspedal im Stand ein paar Mal bis zum Anschlag durchhebelte. Auf dass der Motor zuerst in ein lautes Raunen, danach in ein ohrenbetäubendes Vroomen und am Ende in ein martialisches Heulen ausbrach, als gäbe es für Autos kein Morgen.

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Gibt es aber. Jedenfalls noch. So lange Leute aus China extra zu uns ins Autowunderland fliegen, um an für sie erfundenen Autobahnraser-Events in Schlitten made in Europe teilzuhaben, braucht man das Auto noch nicht auf der roten Liste der (von der Natur) bedrohten Technologien zu suchen. Andererseits blüht wohl gerade wegen des absehbaren Endes seit einigen Jahren ein Hype um den Markt für Vintage-Wagen. Es geht um Mustangs und um Silberpfeile, um Dinos, um Jaguare oder um den Testarossa Spider.

Auf den Liebhaber-Auktionen geht es deshalb heute so gut wie immer zurück in die großen Jahre des wirklich wunderschönen Automobils, grob: zwischen 1940 und 1980. Es gibt da so etwas wie die ewige klassische Autoschönheit, eine Art Goldenen Schnitt für die Karosserie, und der muss in etwa mit den Kurven eines Ferrari Dino zusammenfallen.

32,1 Millionen Euro für nur einen Ferrari

Auf dem vorletzten Salon Rétromobile im Februar 2016 in Paris erzielte ein nobel geschwungener, auf den Dino aufbauender Ferrari Scaglietti von 1957 den höchsten je erreichten Preis auf einer öffentlichen Auktion: 32,1 Millionen Euro. Naja, immerhin fuhr Stirling Moss das rote Gerät 1958 zu einem Formel-1-Sieg, und Wolfgang von Trips wurde darin im selben Jahr Zweiter bei der Mille Miglia.

Klar ist es immer gut, wenn die Provenienz stimmt und zum Beispiel der alte Agnelli so ein Auto mal besessen hat (wie den silbernen Testarossa Spider Cabrio von 1986 auf derselben Auktion). Und selbstverständlich müssen die Wagen technisch und optisch perfekt restauriert sein. Aber den Ausschlag geben bei Oldtimern von Klasse die maximale Seltenheit plus ein ganz bestimmtes Design. Würden Vintage-Autos nicht in ihrer eigenen Kategorie gehandelt, sondern im Design-Sektor, hätte der Scaglietti den Design-Preisrekordhalter des letzten Jahres, ein Kirchenfenster von Tiffany, das 2,7 Millionen Dollar brachte, um fast 30 Millionen Dollar abgehängt.

Was die Gestaltung betrifft, hatte Italien im Autosektor bereits in den Fünfzigern die unangefochtene Spitze erreicht. Karosseriebau- und Tuning-Studios wie Pininfarina, Giugiaro, Abarth, Ghia, Bertone begründeten zwischen Bologna und Turin einen Ruf, der ihnen nicht nur die Massenaufträge der großen Publikumsmarken Lancia, Fiat und Alfa Romeo eintrug. Sondern auch Kontrakte mit allen Sportwagenfirmen. Für diese fertigten sie Sehnsuchtsobjekte - heute die teuersten Oldtimer der Welt. Von Ferrari über Maserati bis Iso Grifo und Lamborghini.

Der schon erwähnte Ferrari 355 Scaglietti zum Beispiel, benannt nach einer 1951 von Sergio Scaglietti in unmittelbarer Nähe zu Ferrari gegründeten Karosserieschmiede, erreicht auf Auktionen jedes Jahr in irgendeiner Version ein paar Millionen. Farbe meistens: rot. Er hat in seiner Kurvatur ein paar Manierismen, die ihn von jenen Ferraris unterscheiden, die von der Mehrheit möglicherweise für noch eleganter erachtet werden: Seine Heckschürze ragt wie ein Buckel gegen den Strich - fast ein bisschen zu weit nach vorn. Ein Kühleraufbau wiederholt dieses Motiv, nur kleiner.

Es sind solche Extravaganzen, die den sonst mit dem typischen Ferrari-Antlitz versehenen Scaglietti - ellipsoides Haifischmaul-Gitter plus Kotflügel samt aerodynamisch integrierten Vorderlichtern - zum Einhorn unter den Ferraris machen. Verglichen mit ihm sind die teuersten neuen Pkw von heute - der Agera RS des schwedischen Herstellers Koenigsegg, der Bugatti Veyron oder der Lambo Veneno Roadster, die zwischen einer und vier Millionen Euro kosten, wahre Schnäppchen.

Motor nicht original - drei Millionen Euro Abzug

Etwa ebenso teuer wie der Scaglietti war zwei Jahre zuvor ein Ferrari 250 GTO von 1962. Dieses Modell ist klassischer, es wurde in den USA für 38 Millionen Dollar versteigert, was damals in Euro umgerechnet etwas günstiger war.

Sehr gesucht sind daneben fast immer besondere Zurichtungen von ehemaligen Ferrari-Ingenieuren, die im Streit mit dem alten Enzo aus dem Unternehmen in Maranello schieden. Giotto Bizzarrini etwa, der dann ein eigenes Werk in Livorno gründete. Es existierte nur von 1962 bis 1969, aber die übrigen Bizzarrinis können den Ferraris preislich zuweilen Konkurrenz machen - wie beim letzten Salon Rétromobile vor sechs Wochen ein Prototyp aus der Luxusoldtimer-Sammlung von Hervé Ogliastro, eines Abkömmlings der Louis-Vuitton-Dynastie.

Hersteller aus anderen Nationen können da selten folgen, nicht mal Rolls- Royce, Mercedes, Bugatti, Corvette oder Porsche. Eine Ausnahme hätte letzte Woche auf Amelia Island ein Jaguar XKSS darstellen können, der erste versteigerte Wagen dieser Bauart seit langer Zeit. Auch er - schon wieder ein 1957er Baujahr - hat stilistisch ausgeprägte Bizarrerien. Doch dann musste das von Gooding & Co angebotene Unikat, ursprünglich ein Rennwagen, kurzfristig von 16 auf 13 Mio Euro zurücktaxiert werden, weil der Motor wohl nicht original ist. Am Ende gab es gar keinen Abnehmer.

Neuer Weltrekord für einen Porsche 911

So triumphierten letztes Wochenende in den fünf Auktionen auf der kleinen Insel in Nord-Florida überraschenderweise Autos aus der Zwischenkriegszeit (ein 1937er Bugatti für 7,7 Millionen Dollar) und ein jugendlicher Porsche GT 1 von 1998, mit neuem Weltrekord für einen 911er (5,7 Millionen Dollar). Zusammen erlösten die diversen Versteigerer, darunter RM Auctions/Sotheby's und Bonham's, mit jeweils über hundert Losen in zwei Tagen satte 121,3 Millionen Dollar, was in diesen Kreisen allerdings keineswegs reine Begeisterung auslöste. Denn der erzielte Durchschnittspreis pro Wagen sank gegenüber 2016 von 420 000 auf "nur" rund 330 000 Dollar.

Ach wäre doch bloß der Porsche 917 K zu kaufen gewesen, den Steve McQueen 1970 in dem Rennsport-Filmklassiker "Le Mans" fuhr! Der rekordverdächtige hellblau-rote Flitzer aber war auf Amelia Island nur Schaustück im wegen Sturmgefahr vorverlegten Concours d'Elégance. Die nächsten Chancen, richtig viel Geld auf der Straße zu lassen, locken Automaniacs Ende Mai nach Villa Erba am Comer See, im Juli zu Artcurial nach Monaco und im August nach Pebble Beach in Kalifornien. Sie werden dort viel Geld brauchen.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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