Ökolabel für Autos:Umweltschützer kritisieren großen Einfluss der Autolobby

Wissmann und Merkel bei G-Kat-Nachrüstung

Der damalige Verkehrsminister Matthias Wissmann (inzwischen VDA-Präsident) und Ex-Bundesumweltministerin Angela Merkel (inzwischen Bundeskanzlerin) im Jahr 1997.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die Autoindustrie hat die Einführung des Ökolabels für Neuwagen offenbar entscheidend mitbestimmt und massiven Einfluss auf die Gesetzgebung ausgeübt. Das belegen Papiere von Umweltaktivisten. Die EU soll nun prüfen, ob das Verhalten der Auto-Lobby rechtens war.

Die deutsche Autoindustrie hat die Entwicklung der umstrittenen Umweltkennzeichnung für Pkw offenbar entscheidend mitbestimmt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte umfangreiche Dokumente, denen zufolge der Branchenverband VDA die Gesetzgebung von Anfang an beeinflusste. Die Unterlagen zeigen nach Ansicht der DUH, "dass die Autolobby nicht nur für das Bundeswirtschaftsministerium die Grundzüge der Rechtsverordnung verfasst hat, sondern auch noch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien selbst betrieb".

Das deutsche Recht sehe eigentlich vor, dass Verbände und Interessengruppen an Vorhaben der Bundesregierung erst dann beteiligt würden, wenn ein zwischen den Ministerien abgestimmter Entwurf vorliege, erklärte die DUH. In diesem Fall aber habe das Wirtschaftsministerium offenbar direkt einen Entwurf des Verbands der Automobilindustrie (VDA) übernommen. Anschließend habe der Verband geholfen, die Vorlage mit dem Verkehrs- und Umweltministerium abzusprechen.

Bereits am Sonntag hatte Zeit Online über einen Briefwechsel zwischen dem VDA und der Bundesregierung berichtet. Demzufolge soll VDA-Präsident Matthias Wissmann das gemeinsame Vorgehen in Hinblick auf das Öko-Label im Vorfeld mit dem Bundeswirtschaftsministerium geklärt haben. Die DUH fordert nun, dass der Gesetzgeber tätig werden müsse. Die Europäische Kommission müsse ein Verfahren gegen Deutschland wegen Vertragsverletzung prüfen. Die Regierung habe deutsche Autobauer bei der Einführung des Ökolabels bewusst bevorzugt, so die Umweltschützer.

Die umstrittene Verordnung war im Dezember 2011 in Kraft getreten. Das Label soll Verbraucher beim Kauf eines Neuwagens über Energieverbrauch und Ausstoß an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid informieren. Ähnlich wie bei Elektrogeräten gibt es Effizienzklassen. Umweltverbände kritisierten das System seit der Einführung als irreführend und wenig aussagekräftig, da schwere Autos mit hohem Spritverbrauch in zahlreichen Fällen besser abschneiden als Kleinwagen mit niedrigerem Verbrauch.

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