Nostalgie:Unter Dampf

"Wir sind ein Unikat im Konzern" - in Thüringen unterhält die Deutsche Bahn eine eigene Werkstatt für alte Dampfloks.

Von Marco Völklein

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Es dampft und rußt: Besucher fühlen sich im Dampflokwerk in Meiningen zum Teil wie in eine andere Zeit versetzt.

(Foto: Alexander Krell/Deutsche Bahn)

Kurz vor dem Mittagessen nimmt Werkleiter Jürgen Eichhorn den Besucher mit in die große Abstellhalle. Ein, sagen wir, herzkranker Fan alter Lokomotiven stünde jetzt wohl, wenn es schlecht läuft, kurz vor dem Kollaps: In der Halle reiht sich eine historische Lok neben die andere. Große Schnellzugloks der Baureihen 01 finden sich dort, daneben kleinere Loks diverser Schmalspurbahnen. Bei manchen Maschinen wurden nur einzelne Teile abgebaut und in die benachbarten Hallen verfrachtet, andere fast komplett zerlegt. An der Decke bewegen sich schwere Kräne, mit denen Arbeiter die Teile umherjonglieren.

1914 wurde das Werk in Meiningen gegründet, gleich neben dem Bahnhof der südthüringischen Kleinstadt. Damals gab es überall im Reich solche oder ähnliche Werke. Der Eisenbahnbetrieb lief weitgehend unter Dampf, die Loks mussten regelmäßig gewartet und repariert, die Tender und Tanks befüllt werden. All das geschah in unzähligen Dampflokwerken. Mit dem Siegeszug der Elektro- und Dieselloks machten im Westen die Bundes- und im Osten die Reichsbahn viele Werke dicht, nach 1990 beschleunigte sich das Werkesterben. In Meiningen aber hält sich bis heute ein Reparaturbetrieb mit 100 Mitarbeitern fast ausschließlich für Dampfloks.

Viele Teile müssen extra angefertigt werden, Zulieferer gibt es ja kaum noch

Ja, sagt Werkleiter Eichhorn, man sei "ein Unikat im Konzern". Jeder Bahnchef der vergangenen Jahre ließ sich schon durch die Hallen führen. Vor allem Dampflokvereine und Betreiber historischer Strecken, etwa im Harz oder auf Rügen, zählen zu Eichhorns Kunden. Auch aus dem Ausland, aus Italien oder Frankreich, kommen immer wieder Dampfloks nach Meiningen. Für 2017 "sind wir komplett ausgebucht", sagt Eichhorn. Vor Jahren habe der Bahnvorstand entschieden, dass der Standort erhalten bleibe. Man bewahre dort auch ein Stück weit die Tradition der Deutschen Bahn, sagt Eichhorn.

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Im Dampflokwerk Meiningen lässt die Deutsche Bahn alte Lokomotiven und Waggons restaurieren.

(Foto: Deutsche Bahn)

Alte Dampfloks in Schuss zu halten, ist mitunter ziemlich knifflig. Viele Teile müssen extra angefertigt werden, Zulieferer gibt es ja kaum noch. Sogenannte Umkehrelemente für Überhitzer, die den Dampf in der Maschine über die Verdampfungstemperatur hinaus weiter erhitzen, "können Sie nur bei uns kaufen", sagt Eichhorn. Im ersten Stock direkt über den Hallen residieren zudem zwei Konstrukteure; direkt daneben ist ein Archiv mit einer Unzahl an Unterlagen zu allen möglichen Baureihen. Muss beispielsweise ein neuer Kessel geschmiedet werden, fertigen die Konstrukteure oben zunächst die Pläne an - und geben sie dann an die Fachleute in den Werkshallen unten weiter. Dort lernen erfahrene Mitarbeiter mittlerweile auch wieder junge Leute an, damit das Wissen zu den alten Techniken nicht verloren geht.

Einmal im Jahr, am ersten Septemberwochenende, wird Meiningen zum Mekka der Dampflokfans. Zu den Dampfloktagen mit Werksführungen und Modellbahnbörse reisen viele Vereine mit Sonderzügen an. 2016 kamen an den zwei Tagen etwa 12 000 Besucher.

Infos: www.dampflokwerk.de/dampfloktage

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