Neuer Mini Paceman:Zu groß und doch zu klein

Mini will größer werden. Deshalb baut die Spaßabteilung des BMW-Konzerns inzwischen das siebte Modell, den Paceman. Doch auch wenn ein Mini nicht vernünftig sein muss stellt sich die Frage, ob der Paceman eine Nische besetzt, die es womöglich gar nicht gibt.

Oskar Weber

Bei Mini dreht sich mit dem stetig wachsenden Markterfolg alles ums Maximum, egal, ob man über die Marke oder ihre Modelle redet. Eigentlich klar, es geht schließlich ums Geschäft, und doch . . . Der Modellableger mit der Nummer sieben, der Mini Paceman, ist jedenfalls ein plakatives Beispiel für diese Entwicklung.

Doch der Reihe nach. Die Kultmarke mit den kleinen Fahrzeugen und den großen Preisen verkauft mittlerweile 285.000 Autos pro Jahr. Das ist, zunächst einmal, unbestritten ein Verdienst findiger Fahrwerksingenieure, die den flinken Wägelchen aus Oxford Gokart-Talente antrainiert haben. Minifahren macht Spaß, und Spaß haben macht Freude, und freudige Erregung ist inzwischen das Lebensgefühl einer ganzen Generation. Allerdings: Spaßiges Fahrvergnügen gibt es heutzutage auf dem riesigen Hof des Automobilmarktes an allen Ecken und Enden. Noch besser als die Kollegen aus der Entwicklung haben in der BMW-Kommandosache Mini deshalb die Marketingleute gearbeitet. Geniale Schrulligkeit von gestern und vorgestern in kasseklingelnden Kult von heute und morgen zu transferieren, das ist schon eine ziemlich reife Leistung.

Ohne Alleinstellungsmerkmal kein Rezept für Erfolgsgeheimnisse

Doch der Erfolg ist ein scheues Reh, und Stillstand ist Rückschritt - gerade in einer knallharten Wettbewerbsbranche wie der Automobilindustrie. Die Mini-Macher können ein Liedchen davon pfeifen. Ihre Marke ist nämlich hauptsächlich deshalb so fein, weil ihre Autos scheinbar so klein sind - ohne Alleinstellungsmerkmal kein Rezept für Erfolgsgeheimnisse. Was aber, wenn für die großartigen Kleinigkeiten ganz langsam aber sicher der Platz ausgeht? Dann sind neue Ideen gefragt, die das Geschäft beleben müssen, den Markenkern aber nicht beschädigen dürfen. Bei Mini gleicht diese Zielsetzung der viel zitierten Quadratur des Kreises. Denn ein Mini, der de facto maxi ist, könnte als reiner Köder im trüben Wasser des Marktes rasch versauern.

Ein Riesenproblem, oder? Die Mini-Männer und -Frauen bemühen in diesem Zusammenhang immer häufiger die Formel vom Kleinsten seiner Klasse. Soll heißen: Das im Markennamen verborgene Attribut Mini ist kein absoluter Wert an sich, sondern ein relatives Angebot. Und für den Fall, dass ein Mini subjektiv als groß erscheint - die direkten Konkurrenzmodelle der Wettbewerber sind noch größer.

Was uns endlich doch zur Nummer sieben bringt, dem jüngsten Mini mit dem Namen Paceman. Großer Anlauf, bescheidener Erkenntnisgewinn? Nein, denn eine faire Annäherung an das neue Mini-Mobil kann tatsächlich nur nach einem kurzen Abstecher in den Marketingdschungel der Neuzeit gelingen. Um es klar zu sagen: Der neue Mini ist ein sympathisches Auto, wendig, agil und sehr verspielt wie jeder Mini. Wahr ist aber auch: Der Paceman ist eines jener Autos, die bei Licht betrachtet keinen Sinn haben, jedenfalls nicht aus dem Blickwinkel des Verbrauchers.

Ein Coupé, das größer ist als der Kombi

Die Details machen das deutlich. Der Paceman basiert auf dem viertürigen SUV Countryman, mit dem er den Radstand (2,60 Meter) sowie die Karosseriemaße Länge (4,11 Meter), Breite (1,79 Meter) und im Wesentlichen auch Höhe (1,52 Meter; minus vier Zentimeter) teilt. Aber: Der modellpolitisch als Coupé (!) platzierte zweitürige Paceman ist 15 Zentimeter länger, elf Zentimeter breiter und neun Zentimeter höher als der Kombi Clubman mit den stylischen Flügeltüren am pfeilgerade abfallenden Heck und der zusätzlichen dritten Fondtür.

Mehr Verkehrs- für weniger Nutzfläche? "Der Mini Paceman ist ein SAV, ein Sports Activity Vehicle", sagt Mini-Chef Harald Krüger und ergänzt tapfer: "Ein Auto für Leute, die den Komfort eines SUV gerne mit dem Stil eines Coupés kreuzen." SUV und Coupé? Klingt nach Wurstbrot mit Bananensplit. Mini-Macher Krüger, der im BMW-Vorstand neben den Marken Mini und Rolls-Royce auch das Motorradgeschäft verantwortet, bleibt geduldig: "Der SAV besetzt eine Nische in der Nische. Der Kunde will höher sitzen, er will ein ordentliches Platzangebot, er will ein schickes Auto mit einer coupéhaften Dachlinie - also geben wir ihm den Paceman." Und, ganz nebenbei, der Countryman-Plattform und -Produktion bei Magna Steyr in Graz zusätzliches Volumenpotenzial.

Womit wir bei der finalen Frage und ihrer Beantwortung sind: Brauchen Mini-Menschen dieses Geländecoupé, das im kommenden März mit optionalem Allradantrieb (ab 27 200 Euro mit dem 112-PS-Diesel) auf den Markt kommt? Definitiv nein. Wer zwei Türen mit einem kompakten Auftritt kombinieren will, fährt mit der Mini-Limousine perfekt. Wer einen Allradler braucht, findet im Countryman einen praktischen Begleiter. Und wer der Coupé-Idee frönt, soll Mut beweisen und sich die schräge Mütze des Mini Coupés über die Ohren stülpen. Der Paceman jedenfalls ist als Mini ein Stückchen zu groß und als Idee ein wenig zu klein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: