Neue Superbikes:Schön auf dem Boden bleiben

Zahme Geschosse: Immer mehr Supersport-Motorräder erreichen 200 PS und mehr. Was nach gemeingefährlichen Raketen klingt, ist Experten zufolge aber so leicht beherrschbar wie ein Allerweltsmotorrad.

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Ducati 1299 Panigale

Ducati 1299 Panigale

Quelle: dpa-tmn

Mit einer Leistung von 205 PS ist die Ducati 1299 Panigale das stärkste unter den neuen Superbikes. Die Italienerin, deren Grundpreis bei 20 490 Euro liegt, schöpft diese Leistung aus einem 1285 Kubikzentimeter großen V2-Motor, der problemlos fünfstellige Drehzahlen schafft. Um die Leistung beherrschen zu können, gibt es unter anderem ein Kurven-ABS, eine Traktionskontrolle und die sogenannte Wheelie-Control, die ein ungewolltes Abheben des Vorderrades beim Beschleunigen verhindern soll.

Nur ein Bruchteil der in dieser Klasse angebotenen Motorräder verfügt über ähnliche Leistungsdaten wie die Ducati: "Nicht alle Supersportler haben 200 PS. So viel Leistung findet man nur bei wenigen Motorrädern in der Topliga", sagt Achim Kuschefski vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz). "Der Name Supersportler sagt wenig über die Leistung aus." Ein wesentlicher Vorteil sei eher das geringe Gewicht von meist weniger als 200 Kilogramm.

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Aprilia RSV4 RR

Aprilia RSV4 RR

Quelle: dpa-tmn

Platz zwei in der Leistungs-Hitliste der Supersport-Motorräder geht an die mindestens 18 490 Euro teure Aprilia RSV4 RR, deren Vierzylindermotor 201 PS leistet. Auch diese Italienerin, die im vergangenen Jahr den prestigeträchtigen Titel in der Superbike-WM gewann, verfügt mit einer Traktions-, Wheelie und Start-Kontrolle sowie mit Renn-ABS und einem Schaltassistenten über Technologien, die Fahrer entlasten.

Laut Kuschefski sind ab einer gewissen Leistung Unterschiede beim Beschleunigen kaum noch auszumachen. "Die Elektronik überwacht alle Fahreingriffe", sagt der Motorradexperte. In den unteren Gängen wird die Leistung stark abgeregelt, anders wären die Motorräder nicht zu beherrschen. "Das passiert sanft, so dass der Fahrer es kaum mitbekommt."

Wieso gibt es diese Maschinen überhaupt, wenn das Zähmen der motorischen Urgewalten kein Kaufgrund ist? Das Geheimnis liegt in den Kraftreserven. "Entscheidender als die reine PS-Zahl ein hohes Drehmoment", sagt Ruprecht Müller, Motorradexperte des ADAC. "Nur wer ständig auf der Rennstrecke im oberen Drehzahlbereich unterwegs ist, wird das Leistungsplus spüren. Bei niedrigen Drehzahlen fahren sich Superbikes so leicht wie 600er-Sportler." Diese Motorräder mit etwa 600 Kubikzentimeter großen Motoren leisten in der Regel zwischen 120 und 140 PS.

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Yamaha YZF-R1

Yamaha YZF-R1

Quelle: dpa-tmn

Mit ihren kleinen, weit nach unten gerückten Scheinwerfern lässt die Neuauflage der Yamaha YZF-R1 unter dem Windschild genug Platz für eine Startnummer. Tatsächlich ist das 18 495 Euro teure Supersport-Motorrad mit seinem Hightech-Fahrwerk, dem geringen Gewicht von vollgetankt nur 199 Kilogramm und den zahlreichen elektronischen Fahrhilfen wie gemacht für die Rennstrecke. Der Reihenvierzylindermotor der neuen R1 leistet 200 PS - in den Leistungs-Charts reicht das innerhalb ihrer Klasse zu Platz drei.

Wie die Konkurrenzmodelle ist auch die neue Yamaha ein Motorrad, mit dem der Hersteller zeigt, was derzeit technisch möglich ist. "Supersportmotorräder als Hightech-Aushängeschilder erreichen dank modernen Motorenbaus und höherer Effizienz die 200-PS-Marke", sagt Reiner Brendicke vom Industrie-Verband Motorrad (IVM). Trotzdem lasse sich mit ihnen täglich zur Arbeit fahren. Da die Maschinen bei 299 km/h abgeregelt seien, sei Topspeed laut Brendicke "heute kein Diskussionsthema mehr. Was zählt, ist das Fahrverhalten."

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Kawasaki Ninja H2

Kawasaki Ninja H2

Quelle: dpa-tmn

Kawasaki hat gleich zwei Superbikes mit 200 PS im Angebot: die 16 695 Euro teure Ninja ZX-10R und die Ninja H2 für 25 000 Euro. Der elementare Unterschied zwischen den Motorrädern ist die Bauart ihrer Triebwerke: Während der Einliter-Vierzylinder bei der ZX-10R als Saugmotor zum Einsatz kommt, wird er bei der H2 per Kompressor aufgeladen. Das sorgt nicht nur für ein höheres maximales Drehmoment (133,5 statt 112 Newtonmeter), sondern versetzt die Ingenieure in die Lage, noch viel mehr Leistung aus dem Motor herauszukitzeln.

Bei der sogar 310 PS starken Ninja H2R ist das schon gelungen. Diese Extremversion ist nicht nur doppelt so teuer wie dir normale H2, sondern lässt auch eine Straßenzulassung vermissen. Sie ist ausschließlich für den Einsatz auf Rennstrecken konzipiert.

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BMW S 1000 RR

BMW S 1000 RR

Quelle: dpa-tmn

Obwohl sie knapp unterhalb der 200-PS-Marke bleibt, ist die 17 200 Euro teure BMW S 1000 RR hierzulande das meistverkaufte Supersport-Motorrad. Auch hier sorgen allerlei Fahrhilfen und Elektronikassistenten dafür, dass sich die Kraft ähnlich gut beherrschen lässt wie bei einem Allerweltsmotorrad. "Das Thema Fahrerfreundlichkeit hat die S 1000 RR beeindruckend umgesetzt", heißt es im SZ-Fahrbericht.

Dennoch rät Autor Thilo Kozik den Fahrern eines solchen Geschosses zu körperlicher und geistiger Fitness. Egal ob mit 20 oder 200 PS - ein Motorrad sollte man immer mit Respekt bedienen und während der Fahrt besonnen bleiben. "Euphorie am Gas ist ungesund", sagt ADAC-Experte Müller.

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Honda CBR1000RR Fireblade

Die Honda CBR1000RR Fireblade

Quelle: Zep.Gori@gmail.com; Honda

Mit 15 485 Euro ist die Honda CBR1000RR Fireblade deutlich günstiger als die Konkurrenz-Bikes, aber auch etwas schwächer. Ihr Reihenvierzylinder leistet 181 PS, was immer noch deutlich mehr ist, als selbst vor Kurzem noch die stärksten Motorräder hatten. Bis Juni 1999, als in Deutschland die EU-Betriebserlaubnis in Kraft trat, galt eine freiwillige 100-PS-Beschränkung. Erst danach begann das Wettrüsten, das der Supersport-Kategorie nun die ersten Vertreter mit mehr als 200 PS beschert.

Ob die Hochleistungs-Motorräder noch in die Zeit passen, ist eine andere Frage. Es scheint, als hätten die Motorradfahrer das Interesse an den Boliden unter den Zweirädern verloren. Die Nachfrage schrumpfte 2014 um satte 23 Prozent, die Klasse macht mit etwa 4500 verkauften Motorrädern gerade einmal 6,8 Prozent des gesamten Motorradmarktes aus. Die BMW S 1000 RR belegt als bestverkauftes Bike dieses Segments gerade einmal Platz 28 in der Zulassungsstatistik.

Ein Grund für das ausgeprägte Nischendasein ist, dass die zusammengekauerte Körperhaltung nicht zum immer älter werdenden Durchschnitts-Motorradfahrer passt. Motorradfahren an sich wird nach der Finanzkrise aber wieder beliebter. Allerdings ist Cruisen deutlich angesagter als Rasen, denn während das Supersportler-Segment Kunden verlor, legten die deutlich schwächeren Klassik-Modelle zu - um satte 89 Prozent.

© SZ.de/dpa/harl/mike/rus
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