Neue Scrambler im Fahrbericht:Ducati macht auf gemütlich

Neue Scrambler im Fahrbericht: Entspanntes Gelb statt aggressivem Rot: Die Ducati Scrambler steht für die eher gelassene Freude am Motorradfahren. Und die Preise sind volkstümlich.

Entspanntes Gelb statt aggressivem Rot: Die Ducati Scrambler steht für die eher gelassene Freude am Motorradfahren. Und die Preise sind volkstümlich.

  • Mit der Scrambler bewegt sich Ducati weg vom Leistungswettrüsten hin zu den klassischen Motorrad-Tugenden der Siebzigerjahre.
  • Der aus der Monster 796 abgeleitete Motor überzeugt mit kultiviertem Lauf, zeitgemäßen Manieren und kräftigem Anfahrdrehmoment.
  • Ducati bietet vier Scrambler mit der gleichen Technikbasis an. Die Preise starten bei 8390 Euro.

Von Thilo Kozik

Die italienische Motorradmarke Ducati steht bekanntermaßen für Hochleistung und Hightech. Doch mit der neuen Scrambler, die Anfang Februar zu den Händlern kommt, schlagen die Bologneser einen völlig anderen Weg ein, der sie zurück in die Siebzigerjahre und weg vom Leistungswettrüsten führt. Hier herrschen andere Werte: Statt des aggressiven Rot dominiert die entspannte Farbe Gelb, statt hochgezüchteter Performance steht genussvolles Zweiradeln im Mittelpunkt - Motorradfahren wird als Erlebnis und nicht als Wettbewerb verstanden. Das passt nicht schlecht in die Zeit.

Dafür haben sich die Italiener der klassischen Stilmerkmale bedient, mit denen der gleichnamige Vorläufer von 1968 bis Mitte der Siebzigerjahre damalige Freigeister für die Marke einnahm: Klassischer Rundscheinwerfer, breiter Lenker und knubbelige Stollenreifen formen eine traditionelle Silhouette. Auch die Haltung, die der Scrambler-Pilot einnimmt, ist in bestem Sinne klassisch, nämlich aufrecht. Doch die Neue folgt nicht nur dem historischen Vorbild: Feine Detailzugaben wie das kreisrunde LED-Tagfahrlicht im hübsch gestalteten Frontlicht, die Metall-Tankklappe und der rechtsseitige Stummelauspuff liefern die moderne Interpretation. Und hübsch ist die zeitgemäße Leichtmetallgussschwinge samt linksseitig schräg platziertem Federbein.

Viel Vertrauen auch bei weniger versierten Fahrern

Auf dem neuesten Stand präsentiert sich natürlich die Antriebsquelle, obgleich sich auch sie an die Ducati-Tradition hält: Der 803 Kubikzentimeter große 90-Grad-Vau ist der letzte luft-/ölgekühlte Zweiventiler, der in Bologna verbaut wird. Der leicht modifiziert aus der Monster 796 abgeleitete Desmodromik-Vau überzeugt mit kultiviertem Lauf, zeitgemäßen Manieren und einem durchaus kräftigen Anfahrdrehmoment. Geänderte Nockenwellen und Drosselklappen lassen die maximal 75 Pferdchen sehr friedfertig marschieren. Dieser berechenbare Charakter sorgt für viel Vertrauen auch bei weniger versierten Motorradfahrern. Einzig das hin und wieder knochig wirkende Sechsganggetriebe stört den ansonsten tadellosen Eindruck des Desmo-Antriebs.

Hohe Geschwindigkeiten spielen beim unverkleideten Scrambler-Konzept naturgemäß keine Rolle, hier kommt es auf leichte Beherrschbarkeit an. Das schafft die Ducati nicht zuletzt durch das kommode Plätzchen in erdverbundenen 79 Zentimeter Höhe und dem breiten Lenker, die schon im Stand viel Kontrolle vermitteln. Maßvoll dimensionierte Pseudo-Grobstöller und nur 186 Kilo Lebendgewicht machen die Scrambler zu einem unkomplizierten und verlässlichen Kumpeltyp, der auch bei flotteren Gangarten die Freundschaft nicht gleich aufkündigt. Kritisch angemerkt sei, dass die Federelemente nicht allzu komfortabel ausgelegt sind, am Heck trampelt das Federbein gelegentlich ins Kreuz. Und für längere Touren sind die Fußrasten etwas zu hoch angebracht.

Ansonsten gibt sich die neue Ducati betont puristisch. Sie verzichtet auf elektronische Fahrhilfen, nichts braucht eingestellt zu werden: aufsteigen, anlassen, abfahren. Einziges sicherheitsrelevantes Merkmal ist das Bosch-ABS, das blockierende Räder verhindert; dabei sehen die Festsattelzangen der 330er-Einscheibenbremse im Vorderrad giftiger aus, als sie sind.

Wer den individuellen Auftritt sucht, kann unter vier Modellen wählen

Auf der gleichen Technikbasis legt Ducati übrigens gleich vier Scrambler auf und entspricht damit dem Wunsch der anvisierten Lifestyle-Klientel nach eigenständigem Auftritt: Als Scrambler-Einstiegsmodell fungiert die Icon mit Leichtmetall-Gussrädern und Kunststoff-Kotflügeln für mindestens 8390 Euro. Mit Speichenrädern, Metall-Kotflügeln und gesteppter Vintage-Sitzbank kommt die Classic für 1400 Euro mehr. Die Full Throttle mit Gussrädern erregt durch einen knackigen Termignoni-Sportauspuff Aufsehen, die Urban Enduro bietet hochgelegte Front-Kotflügel, Offroad-Lenkerstrebe und Lampengitter. Weiteres Zubehör erlaubt zudem den Aufbau eines nahezu einzigartigen Modells.

Mit ihrem Purismus, dem natürlichen Handling und dem volkstümlichen Preis trifft die Scrambler mitten ins Herz altgedienter Windgesichter wie nachwachsender Hipster-Biker. Und gibt den Dresscode vor: Etwas anderes als Lederjacke, Jeans und ein cooler Jethelm ist auf der Scrambler nicht denkbar.

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