Neu: ICE 3:Hoffnung auf besseres Klima

Mit dem ICE 3 Baureihe 407 soll von 2012 an die Pannenserie des Hochgeschwindigkeitszugs ein Ende haben - weswegen in Asien und Südeuropa lange erprobt wird.

Klaus C. Koch

Mit fast 11.000 PS bis zu 320 Kilometer pro Stunde schnell, 200 Meter lang und Platz für 444 Passagiere - die Deutsche Bahn ist überzeugt von den Qualitäten des neuen Velaro D, der von 2012 an unter der Bezeichnung "ICE 3 Baureihe 407" fahrplanmäßig eingesetzt werden wird.

Zum Ende des Jahres 2013 dann, so ist der Plan, soll der neue Hochgeschwindigkeitszug wie der Eurostar unter dem Ärmelkanal hindurch sogar bis zum Londoner Bahnhof St. Pancras verkehren.

Damit könnte eine lange Leidensgeschichte ein Ende haben, die Bahnkunden immer wieder ärgerte und der Deutschen Bahn böse Publicity verschaffte. In der Sommerhitze versagende Klimaanlagen, brechende Achsen und zahlreiche Kinderkrankheiten, die an den Vorgängermodellen auftraten, erschütterten das Vertrauen in die deutsche Zugtechnik.

Was nicht nur einen immensen Imageschaden für die Bahn bedeutete, sondern im Einzelfall sogar Leib und Leben der Reisenden gefährdete, soll mit dem neuen Velaro nicht mehr passieren, dazu wurden zunächst Erfahrungen im Ausland gesammelt. So sind Velaro-Einheiten seit 2008 regelmäßig in China, Russland und Spanien unterwegs, wobei in dieser Zeit Unmengen von Betriebsdaten analysiert wurden.

Chefingenieur Martin Steuger, bei Siemens maßgeblich für die neue Fahrzeuggeneration verantwortlich, verweist gerne auf die "evolutionäre Entwicklung", die der Intercityexpress als ICE1 und ICE 2 in den achtziger und neunziger Jahren, dann über den ICE 3 bis hin zum jetzigen Velaro durchgemacht habe.

Als der spanische Bahnbetreiber Red Nacional de Ferrocarriles Españoles (Renfe) 2001 nach Fahrzeugen für die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Madrid und Barcelona suchte, scherte Siemens aus dem ICE-3-Konsortium mit Bombardier und Alstom aus.

Die Erlanger boten auf der Iberischen Halbinsel eine Weiterentwicklung des ICE 3 an, der den Namen Velaro E bekam. Er verkehrt dort inzwischen mit hoher Zuverlässigkeit und 75 Prozent Auslastung. Laut Renfe kommt auf 60.0000 Kilometer gerade mal eine einzige Verspätung, die mehr als zehn Minuten ausmacht.

Es folgten Aufträge aus der Volksrepublik China, dafür wurden der Wagenkasten um 30 Zentimeter verbreitert, um Platz für bis zu 600 Passagiere zu schaffen. Und weil es im asiatischen Raum größere Vögel gibt, die beim Zusammenstoß im Tiefflug für reichlich Scherben sorgen, wurden die Frontscheinwerfer mit dickerem Glas ausgestattet.

Windschnittiger, mehr Sitzplätze

Für Russland wiederum war neben der Umstellung auf die mit 1520 Millimeter breitere Spur eine verbesserte Wärmeisolation nötig, um den Zug auch bei tiefsten Temperaturen nicht zum Kühlschrank werden zu lassen. Zudem wurde die Luftzufuhr der Klimaanlage umgebaut, um im Winter nicht zu viel Schnee anzusaugen.

Der Velaro D, von dem die Deutsche Bahn 15 Stück für rund 500 Millionen Euro geordert hat, wird nicht mehr über eine luftgekühlte Klimaanlage verfügen, sondern flüssigkeitsgekühlt arbeiten - "selbstverständlich FCKW-frei", wie Siemens betont. Die Anlage soll bis zu plus 40 Grad Celsius Außentemperatur bewältigen können, ohne in die Knie zu gehen.

Notwendig sind die Anpassungen nicht nur wegen der absehbaren größeren Temperaturschwankungen. Sie sind auch gefragt, weil der Velaro mit seinem für mehrere Länder geeigneten Stromsystem zunehmend quer durch Europa fahren wird - auch ins sonnige Südfrankreich.

Wer trotz 30 Plätzen mehr im Velaro D keinen Sitzplatz mehr erwischt, muss künftig auch nicht mehr direkt neben Schaltschränken auf Nasenlänge vor verwirrenden Displayanzeigen stehen. Signalsteuerung und Zugüberwachungssysteme wurden in der Baureihe 407 wieder direkt hinter den Lokführer verbannt.

Die Antriebstechnik bleibt trotzdem über den gesamten Zug verteilt, und soll ihn auch dann noch sicher in den nächsten Bahnhof bringen, wenn - Redundanz der Systeme - eine oder zwei von insgesamt vier Antriebsgruppen ausfallen.

Windschnittiger wird der Velaro, weil das bekannte Sammelsurium an Stromabnehmern, Hochspannungs- und Bremswiderstandskomponenten auf dem Wagendach jetzt stromlinienförmig verkleidet ist. Die verbesserte Aerodynamik des Dachaufbaus soll nicht nur den Energieverbrauch um fünf bis acht Prozent, sondern auch den Geräuschpegel senken.

Monitore werden den Fahrgast künftig in Echtzeit über Verspätungen und Anschlusszüge informieren, das Bistro wird wieder durch ein vollwertiges Bordrestaurant ersetzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: